# taz.de -- Landwirtschaft mit guter Bilanz: Höhere Kosten, aber mehr Gewinn | |
> Viele Bauern profitieren etwa von teurerem Getreide. Deshalb könnten sie | |
> sich stärker gegen Naturschutz auf ihren nun sehr rentablen Feldern | |
> wehren. | |
Bild: Höhere Kosten, aber auch höhere Gewinne: Bauern, wie hier im niedersäc… | |
Berlin taz | Agrarunternehmen haben im vergangenen Wirtschaftsjahr trotz | |
höherer Kosten im Schnitt so viel verdient wie lange nicht mehr. „Im | |
Durchschnitt wurden in Niedersachsen sogar 103.000 Euro Gewinn erzielt“, | |
teilte der [1][Verband der Landwirtschaftskammern] auf Basis der ersten | |
Buchführungsergebnisse von Haupterwerbsbetrieben mit. | |
Das entspreche einer Nettorentabilität der Höfe von 127 Prozent. „Über alle | |
Betriebsformen und über alle Länder hinweg gesehen legten die Gewinne zu.“ | |
Im Großen und Ganzen könnten die Landwirte zufrieden sein. | |
UmweltschützerInnen befürchten nun, dass die Bauern wegen der hohen Preise | |
noch weniger bereit sein werden, Ackerflächen für den Naturschutz zur | |
Verfügung zu stellen. | |
Zwar mussten die Landwirte für Energie, Dünge- und Futtermittel im Jahr bis | |
30. Juni 2022 viel mehr ausgeben. Die Kosten der Pestizide etwa stiegen den | |
Kammern zufolge pro Hektar um 25 Prozent. | |
Doch das wurde durch die höheren Preise für Produkte der | |
[2][Landwirtschaft] mehr als ausgeglichen. Getreide etwa der untersuchten | |
Betriebe verteuerte sich laut Bericht: von 23 Prozent in Niedersachsen, | |
Nordrhein-Westfalen und dem Saarland bis hin zu 26 Prozent in | |
Rheinland-Pfalz. Für Rohmilch bekamen die Bauern demnach 21 bis 33 Prozent | |
mehr. „Die Milchpreise zogen stärker als die Produktionskosten an“, | |
berichteten die Kammern. | |
Selbst die gebeutelten Schweinemäster hätten 7 bis 10 Prozent mehr für ihre | |
Tiere bekommen, was aber immer noch als zu wenig gilt. Schweinehalter | |
beispielsweise in NRW hätten einen „immer noch existenzbedrohenden Gewinn | |
von 47.000 Euro“ erzielt. Das reichte den Zahlen zufolge nur für eine | |
Nettorentabilität von 55 Prozent, sie konnten also nur gut die Hälfte ihrer | |
rechnerischen Kosten für Arbeit, Boden und Kapital begleichen. | |
Ökobetriebe litten unter dem Wetter, was zu niedrigen Naturalerträgen | |
führte. Ihre Gewinne sanken laut Bericht um 21 Prozent auf 53.000 Euro. Das | |
habe für eine Nettorentabilität von 81 Prozent gereicht. | |
„Die Gefahr ist, dass wegen der enorm hohen Erlöse für Agrarprodukte die | |
Bereitschaft sinkt, Ackerflächen für Naturschutzmaßnahmen wie Brachen zur | |
Verfügung zu stellen“, sagte Johann Rathke, Agrarexperte der | |
Umweltorganisation WWF, der taz. Er rechne damit, dass Bauernverbände | |
fordern werden, einen seiner Meinung nach wichtigen Teil der Bedingungen | |
für den Erhalt von EU-Agrarsubventionen auch 2024 auszusetzen: Demnach | |
müssen Bauern 4 Prozent ihrer Ackerflächen brach liegen oder für | |
Landschaftselemente wie Bäume, Hecken oder Tümpel zur Verfügung stellen. | |
Der Forderung nach Aussetzung dieser Regel hat Bundesagrarminister Cem | |
Özdemir (Grüne) für 2023 bereits nachgegeben, damit mehr Getreide | |
produziert werden kann angesichts der aufgrund des Ukrainekriegs | |
gestiegenen Weltmarktpreise. „Dieses Mal darf Minister Özdemir nicht | |
nachgeben, denn der Verzicht auf wichtige Umweltstandards führt kaum zu | |
mehr Lebensmittelproduktion, schwächt aber die ökologische Stabilität der | |
Agrarökosysteme umso mehr“, sagte Rathke. | |
23 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] http://www.landwirtschaftskammern.de/pm/pm20221115.pdf | |
[2] /Landwirtschaft/!t5007831 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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