Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Parteitag der SPD in Berlin: Einmal Giffey für alle
> Noch ist nicht entschieden, ob es in Berlin zur Wahl kommt. Der Parteitag
> der SPD war dennoch Wahlkampf pur – und eine Genugtuung für die
> Regierende.
Bild: Die Kritik weglächeln: Giffey am Freitag beim Protest von Schüler*innen
Berlin taz | Standing Ovations von der eigenen Partei – davon [1][hat
Franziska Giffey] lange geträumt. „Wir können das noch mal holen“, ruft d…
Regierende Bürgermeisterin Berlins am Ende ihrer halbstündigen Rede auf dem
SPD-Landesparteitag am Samstag den 270 Delegierten zu. Und die reagieren,
wie von der Parteiführung erhofft.
Der Parteitag in einem großen Hotel in Berlin-Neukölln ist auch –
notgedrungen – eine erneute Kür von Giffey als Spitzenkandidatin, ohne dass
das offen ausgesprochen wird. Am kommenden Mittwoch entscheidet das
Berliner Verfassungsgericht, ob die Wahl zum Abgeordnetenhaus vom September
2021 [2][wegen zahlreicher Pannen komplett wiederholt werden muss.] Alle
Parteien in Berlin gehen davon aus, zu eindeutig war Positionierung der
neun Richter*innen bei einer Anhörung im September. Mit „noch mal holen“
meint Giffey also den erneuten Sieg bei der Wahl.
Doch der ist längst nicht sicher. Der SPD, die in Berlin zusammen mit
Grünen und Linken regiert, droht damit der Verlust des Roten Rathauses nach
mehr als 20 Jahren. Sozialdemokraten, Grüne und Union stehen in Umfragen
eng zusammen bei je rund 20 Prozent. Und es ist kein halbes Jahr her, dass
Giffey – ebenfalls in diesem großen Hotel in Berlin-Neukölln – [3][von der
Basis eine herbe Klatsche erhielt:] Keine 60 Prozent stimmten für sie bei
ihrer Wiederwahl als Parteichefin, ganz, ohne dass es zuvor heftige Dispute
gegeben hätte. Die Partei und Giffey, zuvor Bundesfamilienministerin und
Neuköllner Bezirksbürgermeisterin, sie fremdeln noch miteinander.
Dass es an diesem Samstag zumindest offiziell anders laufen würde, ja
laufen müsse, war allen klar. Zwar sei auch die SPD-Basis alles andere als
erpicht darauf, erneut in den Wahlkampf zu ziehen, noch dazu im Winter,
heißt es unisono aus der Partei; zwar sei die Berliner SPD „in ganz
Deutschland für ihre Diskussionsfreudigkeit berühmt“, wie
Bundesarbeitsminister und Gastredner Hubertus Heil zum Auftakt des
Parteitags attestiert. Doch wenn es um Machterhalt geht und die Vergabe von
Posten, will die SPD dann doch solidarisch sein, auch untereinander. Und so
applaudieren die Delegierten Giffey zu, als hätte es den letzten Parteitag
nie gegeben.
## Giffey, die Macherin
Giffey, die für ihre Rede von einem Pult mitten im Saal frei spricht, hält
sich zurück mit Angriffen auf die politischen Konkurrent*innen
innerhalb und jenseits der Koalition. Stattdessen präsentiert sie sich und
die Partei als Macherinnen. Giffey wie SPD hätten seit Beginn der Regierung
im Dezember 2021 „die Führung“ in allen wichtigen Fragen übernommen: Sei …
bei der Versorgung der Geflüchteten aus der Ukraine, von denen Berlin mehr
als 300.000 erstversorgt hat; sei es bei der Unterstützung der
pandemiegeplagten Wirtschaft; sei es bei der Verkehrswende, schließlich
habe die SPD ein 29-Euro-Ticket für Berlin durchgesetzt.
Und sollte ein Thema, durchaus auch in der Zuständigkeit von
SPD-Senator*innen, völlig aus dem Ruder laufen, wie zuletzt der Protest von
Schüler*innen und Lehrer*innen des völlig maroden Gymnasiums am
Europasportpark zeigte, dann [4][macht Giffey das Thema demonstrativ zur
Chefsache]. „Wenn eine Schule irgendwie von der Sanierungsliste gerutscht
ist und es ist nicht in Ordnung, was da läuft, dann kümmere ich mich
persönlich darum.“ Am Freitag setzte sie 40 Millionen Euro für die
Sanierung des Gymnasiums durch.
Nur ganz dezent verteilt die Regierende Nadelstiche an die Konkurrenz. An
die Grünen gerichtet erklärt Giffey, man mache „keine Waschlappenpolitik“,
ein Bezug auf einen Ausspruch von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann. „Es gibt Menschen, die sparen schon die ganze Zeit.
Es ist zynisch, wenn man denen Tipps gibt, wie sie sparen sollen.“ Gleiches
gelte für die „Neiddebatten von AfD und Co.“ in Sachen Geflüchtete und
Bürgergeld.
Giffeys Schlussfolgerung: „In der Krise zeigt sich, auf wen sich die
Menschen verlassen können.“ Der Slogan der Partei für die nächsten Monate
bis zum voraussichtlichen Wahltermin am 12. Februar 2023:
„#ZusammenBerlin“.
Doch diese demonstrativ zur Schau gestellte Einigkeit kam nicht aus dem
Nichts, Grund dafür ist auch nicht allein der Wahlkampf. Seit Sommer haben
Giffey und Raed Saleh, der Co-Landeschef und Fraktionsvorsitzende im
Abgeordnetenhaus, die Kommunikation in die Partei hinein deutlich
verstärkt. Der Leitantrag für diesen Parteitag – Titel: „Wir bringen Berl…
gut und solidarisch durch die Krise“ – ist durch lange und breite
Einbindung der Basis entstanden. Prompt loben in der Debatte darüber am
Samstag zahlreiche Delegierte diesen „wunderbaren Parteitag“. Kritik gibt
es nur im Detail, so wird mehrfach mangelndes Engagement gegen die
Klimakrise kritisiert. Entsprechend sozialistisch fällt die Zustimmung
einstimmig aus.
## „Rührt die Trommel“
Der Leitantrag legt einen Schwerpunkt auf die vom Senats teils bereits
beschlossenen Krisenhilfen in Höhe von insgesamt 3 Milliarden Euro.
Zugleich ist er eine Art Ersatz-Wahlprogramm ganz im Sinne von Hubertus
Heils Devise: „Falls ihr noch mal in den Wahlkampf müsst, gilt der Satz:
Rührt die Trommel und fürchtet euch nicht.“
Inhaltlich hat die SPD mit dem Parteitag ihre Positionen gestärkt: Sie
reklamiert fast alle Erfolge des vergangenen Jahres für sich. Doch die
Konkurrenz wird bald nachziehen. Bereits am kommenden Samstag treffen sich
Berlins Grüne. Auf dem Programm steht – „im Fall einer möglichen
Wiederholungswahl“ – ganz offiziell die Kür der Spitzenkandidatin. Das wird
wieder [5][Bettina Jarasch, Berlins Mobilitätssenatorin und im Wahlkampf
2021 Giffeys stärkste Konkurrentin.] Nicht nur die SPD wird aufmerksam
beobachten, wie sie mit Giffeys Umarmungsstrategie umgeht.
12 Nov 2022
## LINKS
[1] /Wahlkampf-in-Berlin/!5888595
[2] /Wahl-zum-Berliner-Abgeordnetenhaus/!5891787
[3] /Landesparteitag-in-Berlin/!5859313
[4] /40-Millionen-fuer-Pankower-Gymnasium/!5894600
[5] /Vize-Regierungschefin-will-kaempfen/!5889817
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
SPD Berlin
Landesparteitag
Franziska Giffey
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Raed Saleh
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Wochenvorschau
Wahlkampf
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Wochenvorschau
Berlin
Grüne Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wahlkampf in Berlin: Die Küchenhelfer von der SPD
Parteichef Klingbeil und Berlins Fraktionschef Saleh besuchen die Tafel in
Spandau. Zumindest bei den Mitarbeitenden kommt das gut an.
Parteitag der Berliner Grünen: Alles für die Show
Die Grünen nominieren nochmals Bettina Jarasch als Nr. 1. Die lobt nun das
Klima-Volksbegehren und will Abstimmung parallel zur Wahl am 12. Februar.
Parteitreffen der Berliner Grünen: Werbung für Bettina Jarasch
Am Samstag wollen die Grünen erneut ihre Spitzenkandidatin küren. Das
Treffen könnte zur Kampfansage an die SPD werden.
Die Wochenvorschau für Berlin: Eine äußerst entschiedene Woche
Das Verfassungsgericht entscheidet über eine Wiederholung der
Abgeordnetenhauswahl. Die Berliner entscheiden über den Erfolg des
Klima-Volksbegehrens.
Wahlkampf in Berlin: Der Linksruck der SPD
Berlins Regierung steht vor der Herausforderung, Wahlkampf ohne Kampf zu
machen. Die SPD weiß schon, wie das gehen soll: Alles Gute kommt von ihr.
Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus: Machen wa dit Janze jetz von vorn?
Wird die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wegen zahlreicher Pannen
wiederholt? In Teilen der Stadt könnte auch der Bundestag erneut gewählt
werden.
Die Wochenvorschau für Berlin: Der Countdown für die Wahl läuft
Kommende Woche entscheidet das Berliner Verfassungsgericht final über eine
Wahlwiederholung. Die Vorbereitungen dafür laufen längst.
Wahlkampf in Berlin: SPD setzt auf Oldtimer
Franziska Giffey ist im Wahlkampfmodus. Sollte es am 12. Fabruar zur
Wahlwiederholung kommen, ist auch Rot-Schwarz-Gelb nicht ausgeschlossen.
Vize-Regierungschefin will kämpfen: „Ich werde die zweite Chance nutzen“
Bettina Jarasch (Grüne) über ihr Dilemma, mit Franziska Giffey (SPD) Berlin
durch die Krise bringen und zugleich Wahlkampf gegen sie machen zu müssen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.