Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahlkampf in Berlin: Der Linksruck der SPD
> Berlins Regierung steht vor der Herausforderung, Wahlkampf ohne Kampf zu
> machen. Die SPD weiß schon, wie das gehen soll: Alles Gute kommt von ihr.
Bild: SPD pur ist jetzt mal links: Franziska Giffey auf dem Parteitag am Samstag
Mit dem Slogan „SPD pur“ hatte Franziska Giffey die Grünen, die Linke und
einen guten Teil der eigenen Basis im Wahlkampf 2021 gequält. Denn was sie
unter dem Kern des Parteiprogramms verstand, war im wesentlichen die
Ablehnung der Arbeit der damaligen rot-rot-grünen Koalition: bei der
Verkehrspolitik etwa, bei der Enteignung, bei der Baupolitik. Giffey
blinkte rechts, um von der CDU Stimmen zu holen. Sie konnte sich diese
deutliche Kritik leisten, weil die Bundesfamilienministerin als
Spitzenkandidatin zuvor nicht in die Berliner Regierungsarbeit eingebunden
war.
Wenn es nun nach gut einem Jahr Rot-Grün-Rot wieder zu Wahlen kommt, ist
der Regierenden Bürgermeisterin diese Taktik verwehrt. Sie kann nicht die
eigene Politik verleugnen. Ihre Schlussfolgerung daraus: Sie lobt sie, und
zwar bis ins Detail, und stellt sie als Erfolg ihrer Arbeit heraus. Einige
Kostproben hat sie [1][auf dem Parteitag am Samstag] gegeben.
Man brauche eine Verkehrswende, sagte sie da, aber eine, die die Menschen
wirklich zum Umstieg vom Auto weg motiviere. Das ursprünglich von der SPD
vorgeschlagene 29-Euro-Ticket für Berlin sei dafür das beste Beispiel: Es
sei erschwinglich, auch für Ärmere, und ermögliche so soziale Teilhabe. Und
natürlich hätten die Grünen die Verkehrswende nicht für sich gepachtet.
Auch kündigte Giffey ein konkretes Angebot für die Übernahme der
Fernwärmeversorgung durch das Land an, auch um Berlin bereits vor 2045
klimaneutral zu machen.
Auch im Kernbereich des anderen Koalitionspartners reklamierte die
Regierende Erfolge für sich, etwa bei der Versorgung der Geflüchteten aus
der Ukraine und den schnell beschlossenen, milliardenschweren Hilfspaketen
des Landes für Berliner*innen, die durch die Energiekrise in Not geraten.
„In der Krise zeigt sich, auf wen sich die Menschen verlassen können“,
sagte Giffey, und meinte natürlich sich und ihre Partei.
Die Regierende besetzt so zentrale rot-grün-rote Themen und Erfolge für
sich. Was bleibt da für die Mitregierenden? Sie können in den Jubelchor der
Sozialdemokraten einstimmen und hoffen, damit durchzudringen. Sie können
versuchen, die Urheberschaft dieser Erfolge für sich zu reklamieren. Oder
sie können die Fehler der Regierenden und der SPD aufgreifen, etwa das
Wohnungsbaubündnis auch mit privaten Firmen.
Die ersten beiden Optionen sind wenig erfolgversprechend, wenn Menschen
über die eigene Kernklientel hinaus überzeugt werden sollen. Letzteres
würde dem unisono von Senator*innen aller drei Parteien verkündeten
Credo widersprechen, angesichts der akuten Krisen und Existenzängste vieler
Berliner*innen in einen harten Wahlkampf mit scharfen Angriffen
aufeinander zu verfallen.
Und so könnte es sein, dass sich ein Muster des Wahlkampfs von 2021
wiederholt, als Grüne und Linke viel zu spät die Taktik der SPD erkannt und
ihr etwas entgegen gesetzt hatten. Damals hatte sich Giffey von den beiden
abgrenzt; diesmal umarmt sie sie. Sich aus dieser Umarmung zu befreien ist
zentral für einen Erfolg auch der anderen beiden Regierungsparteien.
13 Nov 2022
## LINKS
[1] /Parteitag-der-SPD-in-Berlin/!5894621
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Wahlkampf
Berlin
Landesparteitag
Franziska Giffey
SPD Berlin
SPD Berlin
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Schulbau
## ARTIKEL ZUM THEMA
Parteitag der SPD in Berlin: Einmal Giffey für alle
Noch ist nicht entschieden, ob es in Berlin zur Wahl kommt. Der Parteitag
der SPD war dennoch Wahlkampf pur – und eine Genugtuung für die Regierende.
Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus: Machen wa dit Janze jetz von vorn?
Wird die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wegen zahlreicher Pannen
wiederholt? In Teilen der Stadt könnte auch der Bundestag erneut gewählt
werden.
40 Millionen für Pankower Gymnasium: Giffey macht Schule
Das Gymnasium am Europasportpark wird nun doch saniert, obwohl eigentlich
kein Geld da sein sollte. Die Ausnahme dürfte für Aufmerksamkeit sorgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.