# taz.de -- Kühne + Nagel im Nationalsozialismus: Logistiker der ‚Arisierung… | |
> Henning Bleyl, Initiator des Bremer ‚Arisierungs‘-Mahnmals, spricht über | |
> die Verstrickung der Firma Kühne + Nagel in Nazi-Verbrechen. | |
Bild: Gut verdient: Kühne + Nagel transportierte Möbel deportierter Juden | |
HAMBURG taz | Im Laufe des 20. Jahrhunderts wird die Firma Kühne + Nagel, | |
in Bremen und Hamburg ansässig, zu einem [1][der weltweit größten | |
Logistikunternehmen.] Schließlich wird das Unternehmen mit seinen | |
Verstrickungen in die Verbrechen des Nationalsozialismus konfrontiert. | |
Kühne + Nagel unter dem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus-Michael Kühne | |
reagiert abwehrend und [2][hält eine Untersuchung der Betriebsgeschichte | |
für nicht notwendig.] Einer, der sich seitdem umfassend mit der | |
NS-Verbindung des Unternehmens beschäftigt, ist Henning Bleyl, | |
Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung in Bremen und ehemaliger | |
taz-Redakteur. | |
2015 habe Kühne + Nagel anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläum die | |
Firmengeschichte selbst groß auf dem Bremer Marktplatz präsentiert, erzählt | |
Bleyl. „Riesengroße Lücken“ und falsche Behauptungen in Bezug auf die | |
NS-Zeit seien dem Journalisten damals aufgefallen. | |
Die Antwort von Kühne + Nagel auf Bleyls Nachfrage, was denn sonst noch so | |
in den 1930er-Jahren passiert ist, sah so aus: „Es hat keine Relevanz für | |
die Firmengeschichte.“ Als „doppelt wichtig“, über genau dieses Unterneh… | |
aufzuklären, habe es Bleyl empfunden, weil „diese Geschichtsverdrehung so | |
widerspruchsfrei im öffentlichen Raum gefeiert wurde“. | |
## Als NS-Musterbetrieb ausgezeichnet | |
[3][Mit dem Abtransport „arisierten“, also geraubten, jüdischen Eigentums] | |
und dessen „Verwertung“ expandierte das Unternehmen international und wurde | |
mehrfach als NS-Musterbetrieb ausgezeichnet. „Überall wo die Wehrmacht war, | |
kam Kühne und Nagel hinterher, baute logistische Zentren auf, die dann die | |
Knotenpunkte für die Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung waren“, das | |
gilt für Westeuropa und zum Teil für Italien. In Bezug auf Osteuropa muss | |
noch weiter geforscht werden“, so Bleyl. | |
Eine [4][„relative Nähe zum Massenmord“] attestierte Frank Bajohr, Leiter | |
des Münchner Zentrums für Holocaust-Studien, den Geschäften der Spedition | |
während des Nationalsozialismus. Der jüdische Teilhaber Adolf Maass wurde | |
1933 von Werner und Alfred Kühne, Onkel und Vater Klaus-Michael Kühnes, aus | |
dem Unternehmen gedrängt und später in Auschwitz ermordet. | |
Dass eben jener Klaus-Michael „nicht zwischen Firmen- und | |
Familiengeschichte unterscheidet“ und gleichzeitig als „Firmenpatriarch | |
direkten Einfluss auf das Unternehmen nimmt“, empfindet Bleyl als | |
problematisch und anachronistisch für ein Unternehmen dieser Größenordnung. | |
Es sei naheliegend, dass der 85-jährige Milliardär sich mit Kritik an | |
seinem Vater und Onkel schwertue und Loyalität den beiden NSDAP-Mitgliedern | |
gegenüber empfindet. | |
Mittlerweile habe Kühne + Nagel Stück für Stück ein paar Aspekte | |
eingeräumt, aber [5][eine klare Haltung zur eigenen Unterstützung] des | |
nationalsozialistischen Systems fehle bis heute. Das werde sich auch so | |
schnell nicht ändern, prognostiziert Bleyl: „Solange Herr Kühne als | |
Aktionär durchregiert, erwarte ich auch keine größere Klarheit.“ | |
## Externe Historiker*innen wären hilfreich | |
Standard im verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Firmengeschichte | |
sei, so Bleyl, zumindest externen Historiker*innen Zugang zum | |
Firmenarchiv zu gewähren. Firmen seien aber gut beraten, Forschung aktiv | |
anzustoßen. | |
Ein [6][‚Arisierungs‘-Mahnmal vor der Firmenzentrale] von Kühne + Nagel in | |
Bremen, für das Henning Bleyl seit 2015 kämpfte, soll ab kommender Woche | |
gebaut werden. Ein wichtiger Schritt, um das Thema „Das Dritte Reich als | |
Beutegemeinschaft“ über die Tätigkeiten von Kühne + Nagel hinaus der | |
Öffentlichkeit zu präsentieren. | |
26 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jasper von Römer | |
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