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# taz.de -- Opernneubau in Hamburg: Wo gesungen wird…
> Milliardär Klaus-Michael Kühne macht seiner Heimatstadt Hamburg ein
> Geschenk, das diese kaum ablehnen kann. Ein Haus „von Weltrang“ soll
> entstehen.
Bild: Heute Flachdachbau morgen Hochkultur, der Baakenhöft in der Hamburger Ha…
Hamburg taz | Weihnachten war schon ein paar Wochen her, aber es fühlte
sich genauso an, als Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und sein
Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD) die frohe Botschaft verkündeten.
Hamburg [1][bekommt ein Geschenk, ein riesengroßes sogar]: ein „Opernhaus
von Weltrang“, so der Bürgermeister bei einer extra einberufenen
Pressekonferenz im historischen Rathaus.
Seliges Hamburg! Während woanders Pläne am Geld scheitern, München um eine
neue Konzerthalle ringt, Stuttgart die Sanierung seiner schönen alten Oper
im Schlosspark vor sich herschiebt, wird in der Hansestadt hinter den
Kulissen verhandelt, und plötzlich steht ein Deal, der fast zu schön ist,
um wahr zu sein.
Nicht mehr als 147,5 Millionen Euro muss die Stadt Hamburg selbst
aufbringen für die Erschließung des Grundstücks in der Hafencity, auf dem
die Oper stehen soll – nicht ganz einfach, wegen des an dieser Stelle
nötigen Hochwasserschutzes, aber machbar.
Den großen Rest, die Kosten für Planung und Bau der neuen Oper inklusive
der Kostensteigerung, übernimmt die Stiftung des Milliardärs Klaus-Michael
Kühne, so steht es im Vertrag. 300 Millionen Euro geisterten als Zahl durch
die Presse, dann 330 Millionen oder auch 500 Millionen. Irgendwann hieß es,
die Kosten sollten unter einer Milliarde bleiben.
Im Vertrag steht gar keine Zahl, Kühne muss vor Baubeginn alles absegnen,
dann sieht man. Absegnen muss er auch den architektonischen Entwurf – gegen
ihn läuft da nichts. Angeblich hat sich der Mäzen zusammen mit dem
Kultursenator schon mal die Oper in Oslo angeschaut, die einem schwimmenden
Eisberg nachempfunden ist.
## Mäzen mit Vergangenheit
Klaus-Michael Kühne, Alleinerbe der Speditionsfirma Kühne+Nagel, die er zu
einem weltweit operierenden Logistikkonzern ausgebaut hat, ist seit vielen
Jahren in der Schweiz gemeldet, auch die Firmenzentrale befindet sich dort.
Geboren jedoch ist er 1937 in Hamburg, das er als seine Heimatstadt
betrachtet.
In Hamburg baute er ein Luxushotel an der Alster, finanziert eine private
Uni, trat als Mäzen des Fußballclubs HSV in Erscheinung und rettete 2008
durch seinen Einstieg die Reederei Hapag-Lloyd vor einer chinesischen
Übernahme. Der Lohn dafür waren allein im Jahr 2023 mehr als 3 Milliarden
Euro Dividende.
Schon seit zwei, drei Jahren gibt es Gerüchte, dass Kühne in Hamburg eine
neue Oper bauen will. Zunächst war als Mitmäzen oder Mitinvestor der
inzwischen Pleite gegangene Immobilienspekulant René Benko dabei, an dessen
Wirken in Hamburg der halbfertige Elbtower erinnert. Der Elbtower steht an
dem einen, unfertigen Ende der Hafencity. Am anderen Ende steht die
Elbphilharmonie, als Wahrzeichen dafür, dass ein gewagtes Projekt auch gut
werden kann, wenn man sich traut, mehr Geld in die Hand zu nehmen, als man
eigentlich vorhatte.
Die Kühne-Oper stünde genau dazwischen. Allerdings gab es, anders als bei
der Elbphilharmonie, [2][nie eine öffentliche Diskussion], ob die Stadt
überhaupt eine neue Oper braucht. Die bisherige Oper, ein
denkmalgeschützter Bau aus den 50er Jahren, ist stark sanierungsbedürftig,
die Bühnenmaschinerie macht es nicht mehr lange, aber sie steht mitten in
der Innenstadt, an einem historischen Ort, dem Gänsemarkt.
Andererseits: [3][Ausziehen müsste die Oper sowieso, wenn sie saniert
würde], warum also nicht gleich ein neues Opernhaus bauen? Wenn man es
schon geschenkt bekommt. Bei der Oper selbst jedenfalls ist man von dieser
Aussicht begeistert, und unter Opernkritikern wird die Hoffnung geäußert,
dass mit dem neuen Haus auch neuer Schwung in den Opernbetrieb kommt.
Bleibt als Problem: Klaus-Michael Kühne selbst. Seit Jahren verweigert sich
der Unternehmer, der auf der Forbes-Reichenliste mit einem Vermögen von
39,2 Milliarden Euro geführt wird, einer Auseinandersetzung mit der
Geschichte seiner Firma. [4][In der Nazizeit wurde die Spedition
Kühne+Nagel groß], indem sie das Eigentum deportierter Juden aus
Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ins Deutsche Reich
transportierte.
Die Veröffentlichung einer von ihm selbst in Auftrag gegebenen Studie, für
die er Einblicke ins Firmenarchiv gewährte, soll er 2015 [5][mit den Worten
abgelehnt haben]: „Mein Vater war kein Nazi.“ Die Studie ist seither unter
Verschluss.
28 Feb 2025
## LINKS
[1] /Maezen-baut-Hamburg-eine-Oper/!6064984
[2] /Milliardaer-will-Maezen-spielen/!6067564
[3] /Baudenkmal-in-der-Hafencity/!6058318
[4] /Kuehne--Nagel-im-Nationalsozialismus/!5893971
[5] /
## AUTOREN
Daniel Wiese
## TAGS
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Staatsoper Hamburg
Klaus-Michael Kühne
Hamburg
"Arisierung"
Bremer Mahnmal zur „Arisierung“
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