| # taz.de -- Proteste im Iran: Die große Kluft | |
| > In Iran kämpft eine alte, fundamentalistische Herrscherklasse gegen eine | |
| > junge, progressive Bevölkerung. Eindrücke aus Teheran und Isfahan. | |
| Eben wurde noch auf sie geschossen, schon lachen sie wieder. Omid hebt | |
| theatralisch seinen Arm, tut so, als würde er auf seinen Freund | |
| eindreschen. „So hat er den Schlagprügel gegen mich erhoben, ich schwör | |
| dir, ich dachte, jetzt ist es aus!“, erzählt er, noch ganz im | |
| Adrenalinrausch. Aber es war nur eine Drohgebärde, dann habe der Polizist | |
| in schwarzer Sturmmontur „Hau ab“ gezischt. Omid hat keine Sekunde | |
| gezögert, sich aus dem Staub zu machen. | |
| Die Espressobar mit den bunten Drehstühlen ist so etwas wie ihr | |
| Schützengraben. Hier können sie sich kurz ausruhen, ihre Strategie | |
| besprechen, neue Kräfte sammeln. Die Bar befindet sich in der Nähe der | |
| Tschahar-Bagh-Straße in Isfahan, einer historischen Großstadt in | |
| Zentraliran. Die Straße ist mit ihren breiten Trottoirs und den | |
| schattenspendenden Platanen normalerweise eine beliebte Bummelmeile, jetzt | |
| ist sie einer der wichtigsten Schauplätze der Proteste in der Stadt. | |
| Sollten die Nun-dar-chun kommen, ist die Bar für Omid, ein 25-jähriger | |
| Informatiker, und für seine Freunde eine sichere Zuflucht. Die Barista, | |
| eine Architekturstudentin Anfang 20, die ihr glattes, pechschwarzes Haar | |
| ohne Hidschab trägt, ist jederzeit bereit, die Rollläden herunterzulassen. | |
| Erfahrungsgemäß perforieren die Kugeln nur die erste Metallschicht. | |
| Nun-dar-chun, zu Deutsch „Brot-im-Blut“, nennen die Demonstrierenden jene, | |
| die ihren Unterhalt mit Blutvergießen verdienen. Sogenannte | |
| Sicherheitskräfte, deren vornehmliche Aufgabe es ist, Proteste mit allen | |
| Mitteln zu unterdrücken: mit Schlagstöcken, Gewehren und Tränengas. Am | |
| schlimmsten aber seien die Agenten in Zivil, erzählt Omid, der wie alle | |
| anderen Personen in dieser Reportage aus Sicherheitsgründen nicht seinen | |
| wirklichen Namen in der Zeitung stehen haben will. | |
| Die Agenten sehen gar nicht radikal aus, sie sind jung, ihre Haare gestylt, | |
| ihre gefälschten Marken-T-Shirts kurzärmlig, modisch. Aber in Wirklichkeit | |
| sind es Basidschi, eine loyale Freiwilligenmiliz der Revolutionsgarden. Sie | |
| mischen sich unbemerkt unter die Demonstrierenden, es gibt zahlreiche | |
| Berichte von Messerangriffen auf die Protestierenden. | |
| An diesem Samstag Mitte Oktober war ihr Einsatz gar nicht nötig. Die | |
| Übermacht der Hundertschaften aus Polizisten, Soldaten und | |
| Revolutionsgarden war so groß, dass die Demonstrierenden von Anfang an | |
| keine Chance hatten. Die Regimesöldner patrouillierten auf Motorrädern | |
| durch die Straßen, und sobald eine größere Menschengruppe zusammenkam, | |
| zögerten sie nicht, auf die Menschen zu schießen. Mindestens 326 Menschen | |
| wurden laut Menschenrechtsorganisationen seit Beginn der Proteste Mitte | |
| September getötet, darunter auch 43 Kinder. | |
| Durch diesen rücksichtslosen Einsatz von Gewalt gelingt es dem iranischen | |
| Sicherheitsapparat zurzeit, Massendemos und wirkungsvolle Bilder davon zu | |
| verhindern. Ausländischen Journalisten mit Pressevisum ist es verboten, | |
| regimekritische Proteste zu fotografieren oder mit Demonstrierenden zu | |
| sprechen. Das Ziel der Regierung scheint klar: Der Anschein, dass alles | |
| normal und unter Kontrolle ist, muss unbedingt gewahrt werden – für die | |
| eigene Anhängerschaft, der das Regime gebetsmühlenartig erzählt, die | |
| Proteste seien nur das Werk ausländischer Agenten. Und für die | |
| internationale Gemeinschaft, die nicht merken soll, wie stark das Regime im | |
| Inneren ins Wanken geraten ist. | |
| In Wirklichkeit ist nichts mehr „normal“ in Iran. Die Normalität, wenn es | |
| die je gegeben hat, ist spätestens seit dem Tod von [1][Mahsa Amini] | |
| vorbei. Mahsa Amini, eine junge Frau vom Land, aus einer Familie der | |
| unteren Mittelschicht, gewaltsam zu Tode gekommen in Gewahrsam der | |
| Gascht-e-Erschad, der gefürchteten Sittenpolizei. Amini war in Begleitung | |
| ihres Bruders in Teheran zu Besuch, sie trug ihren Hidschab, wie | |
| vorgeschrieben, nur eben nicht ganz so streng, wie es die Sittenpolizei | |
| gerne gehabt hätte. | |
| Für die iranische Gesellschaft war Mahsa Aminis Tod wie ein Weckruf. | |
| Diejenigen, die sich vor dem islamistischen Unterdrückungsstaat in | |
| Sicherheit wähnten, solange sie nur keinen Aktivismus betrieben und sich | |
| brav an die Gesetze hielten, wurden in ihrer vermeintlichen Sicherheit | |
| erschüttert. Und diejenigen, die schon lange gegen das System rebellierten, | |
| merkten nun, auf welch überwältigenden Rückhalt in der Gesellschaft sie | |
| zählen können. | |
| Laut einer [2][inoffiziellen Umfrage des islamischen Regimes sollen 83 | |
| Prozent der Bevölkerung mit den Protestierenden sympathisieren]. 55 Prozent | |
| würden sie sogar auf die eine oder andere Weise aktiv unterstützen. Diese | |
| Zahlen nannte Mostafa Rostami, der Repräsentant des Obersten Führers Ali | |
| Chamenei, in einer Universität bei einem Treffen mit Studierendenvereinen. | |
| Wie die Erhebung zustande kam, ist unklar. Es ist aber bekannt, dass der | |
| iranische Geheimdienst regelmäßig solche Umfragen durchführt, ohne die | |
| Ergebnisse zu veröffentlichen. | |
| Der breite Rückhalt für die Proteste ist bemerkenswert. Nicht nur, weil er | |
| rein zahlenmäßig groß ist und sich jederzeit in regimegefährdenden | |
| Massendemonstrationen entladen könnte – wie schon während der Grünen | |
| Bewegung 2009, als Millionen auf die Straßen gingen, um gegen mutmaßliche | |
| Wahlfälschung zu protestieren. Gefährlich für die Regierung ist die | |
| Sympathie für die Protestierenden vor allem deswegen, weil diese | |
| Protestbewegung mit der Mäßigung der Vergangenheit abgeschlossen hat. Sie | |
| will nichts weniger als den Sturz des Regimes, sie will die Revolution. | |
| Die Demonstrierenden lassen in dieser Hinsicht keinen Spielraum für | |
| Interpretationen übrig. Sie rufen „Tod dem Diktator“, „Wir wollen keine | |
| Islamische Republik mehr“ oder „Dieses Jahr ist das Jahr des Blutes, Ali | |
| Chamenei wird stürzen“. Sie verbrennen Propagandaplakate des Regimes, | |
| greifen militärische Einrichtungen und Polizeistationen mit | |
| Molotowcocktails an, wehren sich barhändig und mit Steinen gegen die schwer | |
| bewaffneten Sicherheitskräfte. | |
| Die Radikalität der Proteste offenbart die enorme Kluft, die zwischen einer | |
| alten, fundamentalistischen Herrscherklasse und einer mehrheitlich jungen, | |
| progressiv eingestellten Bevölkerung herrscht. Iran ist in dieser Hinsicht | |
| ein Paradox. Spätestens seit den 90er Jahren findet im Land ein Prozess der | |
| Säkularisierung statt, der so rasant verläuft, wie nirgends sonst im Nahen | |
| Osten, und der durch persischsprachige Auslandssender und die sozialen | |
| Medien zusätzlich befeuert wird. Zugleich terrorisiert ein rückständiges | |
| Fundamentalistenregime die Bevölkerung mit islamistischen Vorschriften, die | |
| das Leben der nicht praktizierenden Iranerinnen und Iraner (laut Umfragen | |
| immerhin [3][65 Prozent der Gesamtbevölkerung]) kriminalisieren. | |
| Azadeh erinnert sich, wie der TV-Sender GEM zum ersten Mal unzensierte | |
| Filme und Serien auf Persisch ausstrahlte. Es war das Jahr 2006. Azadeh war | |
| damals 13, ein Teenager. „Meine Eltern waren schockiert, als sie zum ersten | |
| Mal im Fernsehen eine Liebesszene sahen. Ich und meine Schwester wurden | |
| sofort ins Kinderzimmer geschickt.“ Die Eltern aber hätten, halb empört, | |
| halb fasziniert, weitergeschaut. „Die Revolution in den Köpfen hat damals | |
| angefangen“, ist Azadeh überzeugt. Bald seien die Küsse im Fernsehen normal | |
| geworden, immer absurder erschien dagegen, dass in Iran sogar das | |
| Beisammensein unverheirateter Frauen und Männer unter Strafe steht. | |
| Azadeh ist Grafikerin, sie stammt aus einer typischen Mittelschichtsfamilie | |
| aus Teheran, ihr Vater war vor seiner Pensionierung Ingenieur, die Mutter | |
| Hausfrau. Die gesellschaftliche Öffnung kam zuallererst bei Menschen wie | |
| ihnen an, die sich Satellitenschüsseln leisten konnten. Lange hofften sie | |
| auf Reformen, auf eine friedliche „Ent-Mullah-isierung“, ähnlich der | |
| Entstalinisierung in der Sowjetunion. | |
| Azadeh setzte sich auch aktivistisch dafür ein, 2013 verteilte sie im | |
| Wahlkampf Flyer für den Reformkandidaten Hassan Rohani, der eine Lockerung | |
| der Sittenregeln und eine Öffnung gegenüber dem Westen versprach. | |
| Tatsächlich gewann Rohani die Wahl, doch jeder Gesetzesvorschlag, der auf | |
| eine gesellschaftliche Öffnung des Landes zielte, wurde vom | |
| ultrakonservativen Wächterrat blockiert, jenem Gremium der Islamischen | |
| Republik, in dem 12 greise Männer neue Gesetze auf ihre Islamkonformität | |
| überprüft. | |
| „Die Versprechen der Reformer sind eine Farce dieses Systems, ein lausiger | |
| Trick, um Druck aus dem gesellschaftlichen Dampfkessel zu lassen“, sagt | |
| Azadeh. Als bei den Protesten gegen eine Benzinpreiserhöhung im November | |
| 2019 bis zu 1.500 Demonstrierende in nur zwei Wochen getötet wurden – das | |
| Massaker geschah noch unter Hassan Rohani –, hatten Azadeh und Millionen | |
| andere Iranerinnen und Iraner schon jede Hoffnung auf Reformen aufgegeben. | |
| „Wir haben wieder Hoffnung“, sagt Azadeh heute, „aber nicht auf Reformen, | |
| sondern auf eine neue Revolution.“ | |
| Viel Verkehr, eintönige Häuserfassaden. Es ist ein milder Tag Anfang | |
| November, als Azadeh mit gelassenem Schritt durch eine der Straßen im | |
| Zentrum Teherans spaziert. Sie hat Einkäufe zu erledigen, muss später noch | |
| bei einem Kunden vorbeischauen. Alles scheint einem normalen Alltagsablauf | |
| zu folgen, und doch hat sich Azadeh selten so frei gefühlt. Sie genießt die | |
| Sonnenstrahlen auf ihrem Kopf, die Brise, die durch ihre Haare geht. In den | |
| ersten Wochen nach dem Tod Mahsa Aminis verzichtete Azadeh nur auf ihr | |
| Kopftuch, mittlerweile lässt sie auch ihren Manto zu Hause, das | |
| weitgeschnittene Oberteil, mit dem Frauen in Iran die Rundungen ihrer | |
| Hüften unkenntlich machen müssen. „Jeden Tag verschieben wir die Grenze des | |
| Möglichen ein bisschen weiter“, sagt sie. | |
| Verwunderte oder gar feindselige Blicke erntet sie dafür kaum noch. So | |
| viele sind die Frauen, die diesem Akt des zivilen Ungehorsams folgen. | |
| Einmal bleiben zwei Männer vor ihr stehen, aber nicht, um sie zu ermahnen. | |
| Einer von ihnen hält ihr ein Bonbon entgegen und lächelt. Azadeh nimmt es | |
| an, sieht dem Mann komplizenhaft in die Augen und geht weiter. Auf dem | |
| Bonbon hängt ein kleiner Zettel dran, darauf steht der Slogan Frauen, Leben | |
| Freiheit. „Das passiert mir immer öfter, wenn ich kein Kopftuch trage. Ein | |
| anderes Mal stand auf dem Zettel ‚Du bist großartig. Toll, dass es dich | |
| gibt‘“, erzählt Azadeh. | |
| Durch solche simplen Gesten bringen die Iranerinnen und Iraner das Regime | |
| in existenzielle Bedrängnis. Der Kopftuchzwang ist der ideologische | |
| Grundpfeiler des islamistischen Systems, sagt die Iran-Expertin Katajun | |
| Amirpour: Wenn das Kopftuch fällt, falle auch die Islamische Republik – | |
| ähnlich wie die DDR ohne Berliner Mauer. Deshalb werde die Regierung | |
| versuchen, die Kopftuchpflicht bald wieder [4][mit aller Härte | |
| durchzusetzen], befürchten Beobachter. | |
| Azadeh spürt im Augenblick noch nichts davon. Verstöße werden in diesen | |
| Tagen nur sehr selten geahndet, wohl aus Angst, dadurch noch massivere | |
| Proteste auszulösen. Das zeigt die Zwickmühle, in der das Regime gerade | |
| steckt. | |
| Der Wille zum Widerstand, der sich in der iranischen Gesellschaft formiert | |
| hat, durchdringt inzwischen jeden Bereich des Lebens. „Ich habe seit zwei | |
| Monaten keinen Insta-Post mehr gesehen, der irgendetwas Privates behandelt. | |
| Alles ist politisch, alles handelt von der Revolution“, berichtet Sepideh, | |
| eine 24-jährige BWL-Studentin. Sie umgeht mit einem VPN-Programm die Sperre | |
| für Whatsapp und Instagram. Statt Selfies und Food-Fotos kursieren dort nur | |
| noch Informationen über die Verbrechen des Regimes und Aufrufe zu | |
| Protesten, Streiks und Boykottaktionen. | |
| Als Hossein Ronaghi, ein bekannter regimekritischer Aktivist, am Abend des | |
| 13. November vorübergehend aus der Haft entlassen wurde, um in einem | |
| Krankenhaus notuntersucht zu werden, ging die Nachricht wie ein Lauffeuer | |
| durch die sozialen Medien. Hunderte bis Tausende Menschen stiegen ins Auto | |
| und begaben sich umgehend in Richtung Krankenhaus. In der Vergangenheit | |
| waren politische Gefangene kurz nach ihrem Transfer in ein Krankenhaus | |
| verstorben, das sollte sich nun nicht wiederholen, jedenfalls nicht | |
| unbeobachtet. Hossein Ronaghi ist noch am Leben und das Zeichen, das die | |
| Menschen für ihn gesetzt haben, war stark: Der Verkehr in Richtung | |
| Krankenhaus war zeitweise komplett lahmgelegt. | |
| Einen solchen Zusammenhalt habe sie in ihrer Gesellschaft noch nie gesehen, | |
| sagt Sepideh. Auch Maryam, ihre Mutter, eine einst apolitische Hausfrau, | |
| beteiligt sich. Der Verkäufer stöhnte, als Maryam in ihrem Stammladen | |
| insistierte, keine Milch der Marke Mihan mehr zu kaufen. „Ich kann nicht | |
| einfach so mein ganzes Sortiment umstellen“, klagte der Verkäufer. Doch | |
| Maryam blieb standhaft. „Lieber trinke ich gar keine Milch mehr, als noch | |
| einmal etwas von Mihan zu kaufen.“ | |
| Der Lebensmittelhersteller wurde zur Zielscheibe des Boykotts, als in den | |
| sozialen Medien Bilder kursierten, die zeigten, wie festgenommene | |
| Protestierende in Mihan-Lastwagen abtransportiert wurden. Offenbar hatte | |
| das Unternehmen den Unterdrückungskräften des Regimes einen Teil seiner | |
| Lastwagenflotte zur Verfügung gestellt. Auch Kranken- und Feuerwehrwagen | |
| wurden nachweislich genutzt, um festgenommene Menschen abzuführen. | |
| Die Verkaufszahlen von Mihan brachen rasch ein, das Unternehmen | |
| veröffentlichte ein Video, in dem verzweifelt wirkende Angestellte an die | |
| Bevölkerung appellierten, den Boykott zu beenden, weil sonst ihre | |
| Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. In den sozialen Medien feierten die | |
| Iranerinnen und Iraner dieses Video als Beweis für den Erfolg ihres | |
| Boykotts. | |
| Inzwischen richten sich Boykottaufrufe auch gegen zahlreiche andere | |
| Anbieter, etwa gegen die Taxi-App Snapp oder den Lieferdienst Digikala, die | |
| beide den mächtigen Revolutionsgarden gehören, jener Streitkraft, die das | |
| System vor „äußeren und inneren Feinden“ schützen soll und für die | |
| gewaltsame Niederschlagung von Protesten verantwortlich ist. | |
| Angesichts dieses Zusammenhalts scheint Irans Führung verunsichert. Es gibt | |
| Berichte von Uneinigkeit, wie mit den Protesten umzugehen sei. Hardliner | |
| warnen vor Appeasement und rufen nach noch mehr Härte, so forderten 227 von | |
| 290 Parlamentariern für die rund 15.000 inhaftierten Demonstrierenden die | |
| Todesstrafe. Andere befürchten wiederum, dass Gewalt die Menschen nicht | |
| mehr einschüchtern kann, sondern ihre Wut nur vergrößern wird. | |
| Einheitlich ist nur das Angstnarrativ, mit dem die iranische Regierung nun | |
| versucht, die eigenen Anhängerinnen und Anhänger bei der Stange zu halten. | |
| Als am 26. Oktober Terroristen die Schah-Tscheragh-Moschee in der Stadt | |
| Schiras angriffen und mindestens 13 Menschen töteten, beschuldigte das | |
| Regime die Protestierenden, „Wegbereiter“ des Anschlags zu sein. Seitdem | |
| werden im ganzen Land Propagandabanner aufgehängt, die die Bilder der | |
| Anschlagsopfer mit dem Slogan der Protestierenden „Frauen, Leben, Freiheit“ | |
| in Verbindung bringen. | |
| In einem anderen Propagandavideo, das ein Lied der Proteste persiflieren | |
| soll, singen afghanische Frauen mit streng gebundenen Hidschabs von ihrem | |
| kriegsversehrten Land und warnen die Iranerinnen und Iraner, dasselbe nicht | |
| auch mit ihrem Land geschehen zu lassen. Die Botschaft ist klar: Sollten | |
| die Protestierenden die Überhand gewinnen, wird Iran in Chaos und Terror | |
| versinken. | |
| Omid, der junge Informatiker, der in diesen Tagen auf die Straße geht, muss | |
| lächeln, wenn er diese Videos sieht. „Die Angst, dass es noch schlimmer | |
| wird, das ist das einzige Argument, mit dem sie manche Menschen noch von | |
| sich überzeugen können.“ Früher sei das anders gewesen, da waren religiöse | |
| Motive noch omnipräsent in der Staatspropaganda. Doch jetzt, da die | |
| Menschen nicht mehr daran glauben, fehlen die religiösen Motive komplett. | |
| Omid sieht darin einen Grund zur Hoffnung. Es gab Zeiten, als die | |
| Regimeanhänger fanatisch waren, bereit, für ihre Überzeugungen zu sterben. | |
| Jetzt aber kämpften sie nur noch für ihre materiellen Privilegien. Das | |
| macht sie schwach, ist Omid überzeugt: „Wir aber haben Ideale, wir glauben | |
| an ein freies Iran und werden alles dafür geben.“ | |
| 18 Nov 2022 | |
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| [3] https://theconversation.com/irans-secular-shift-new-survey-reveals-huge-cha… | |
| [4] https://www.iranintl.com/en/202210300998 | |
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