Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Blockade am Flughafen BER: Gegen den Privatspaß der Reichen
> Scientist Rebellion blockiert das Privat-Jet-Terminal des BER. 70 Flieger
> starten und landen dort täglich – mit katastrophalen Folgen fürs Klima.
Bild: Sie meinen es ernst: Aktivist:innen von Scientist Rebellion
Berlin taz | Nur ein paar hundert Meter entfernt, in Sichtweise des
BER-Flughafengebäudes, befindet sich ein weiteres Terminal. Doch den
zweckmäßigen Funktionsbau bekommen normale Passagiere niemals zu Gesicht.
Vom General Aviation Terminal (GAT) starten nicht die großen
Linienflugzeuge, sondern vor allem Privatjets und andere nicht-kommerzielle
Flieger. Betrieben wird dieser Teil des Flughafens vom Berlin Aviation
Service (BAS), einem vom BER ausgegliederten Dienstleister, der seinen
Kunden den vollen Service verspricht: von der Betankung über Catering und
Wäscheservice bis zur Flugabfertigung.
Auch Diskretion gehört gewöhnlicherweise zum Geschäft. Doch damit war es
vorbei, als ein Dutzend Mitglieder der Klimaschutzgruppe [1][Scientist
Rebellion] am Donnerstagvormittag den Eingang zum Terminal blockierten.
Ihre zentrale Forderung präsentierten sie auf einem knallgelben Banner:
„Privatjets verbieten“. Einer der Aktivsten ist der Bonner
Geologie-Professor Nikolaus Froitzheim, der wie alle anderen
Blockier:innen einen weißen Kittel übergestreift hat. In einer Ansprache
durch ein Megafon bezeichnet er die private Luftfahrt als „Höhepunkt der
Klimaungerechtigkeit und -zerstörung“.
Flüge in Privatjets verbrauchten zehn mal mehr CO2 als Linienflüge, so
Froitzheim, der sich schon häufiger an Aktionen des Zivilen Ungehorsams der
Akademiker-Untergruppe von Extinction Rebellion beteiligt hat. Er zitiert
UN-Generalsekretär António Guterres, der zum Start der Weltklimakonferenz
COP27 am Montag sagte: „Wir befinden uns auf dem Highway in die Klimahölle
und haben unseren Fuß noch auf dem Gaspedal.“
Dass Fliegen ein gewichtiger Faktor dabei ist, sagt auch Jonas Asal,
Flugverkehrsreferent der Klimaschutzgruppe Robin Wood, der die Aktion von
außen begleitet. Ein Verbot von Privat-Jets in der EU würde ihm zufolge 1,8
Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Allein am BER seien täglich 50-70
Flüge am Privatjet-Terminal. Der Betreiber BAS macht dazu auf Nachfrage
keine Angabe, auch nicht darüber, welche Flüge zu welchen Zwecken bei ihnen
abgefertigt werden. Diskretion eben.
Asal hat dagegen recherchiert: Gängig seien vor allem Flüge nach München
oder Nizza, Ziele, die auch per Linienflug oder auch auf dem Landweg gut zu
erreichen seien. Anders als viele annehmen, sagt Asal, handele es sich bei
den Privatflügen weniger um Geschäftsreisen, sondern vielmehr um
Freizeitzwecke. Ein anderer Aktivist sagt: 63 Prozent der Privatflüge
dauerten weniger als eine Stunde, weitere 20 Prozent gar weniger als 30
Minuten. Fazit: „Wir verbrennen den Planeten, damit Menschen 20 Minuten
statt drei Stunden für ihre Reise brauchen.“ Aktionen gegen
Privat-Jet-Terminals finden an diesem Tag parallel in 13 Ländern statt.
## Polizei bleibt gelassen
Während die ersten Polizist:innen eintreffen und die Szenerie
beobachten, trägt Professor Froitzheim die weiteren Forderungen vor. Neben
dem Verbot der privaten Fliegerei fordern die Wissenschafts-Aktivist:innen
eine progressive Flugsteuer, die sich an der Anzahl der zurückgelegten
Flugmeilen im Jahr bemisst. Der eine Urlaubsflug würde weniger belastet,
Vielflieger dagegen umso mehr. Drittens fordert Scientist Rebellion eine
Vermögenssteuer. Denn es sind die Superreichen, die das Klima am meisten
belasten. Laut einer [2][Oxfam-Studie] verursachen 125 Milliardäre so viel
CO2 wie ganz Frankreich.
Zu den Blockierer:innen gehört auch die bayerische
Veterinärmedizinierin Stephanie Rach. Seit April beteiligt sich sich am
Zivilem Ungehorsam. In ihrem Umfeld würde ihr Engagement „nicht so einfach“
aufgenommen. Viele hätten Verständnis für den Anlass, den nahenden
Klimakollaps, würden die Aktionen aber als nicht zielführend kritisieren.
Rach aber fragt: „Was ist der bessere Vorschlag?“ Um politische
Veränderungen zu erreichen, nehme sie Repressionen für ihre Aktionen hin.
„Das kann mich nicht abschrecken“, so Rach.
Wie alle muss die Aktivistin ihre Personalien abgeben, eine Anzeige stellt
Betreiber BAS nicht. Der Flugverkehr sei nicht beeinträchtigt worden.
10 Nov 2022
## LINKS
[1] /Scientist-Rebellion-in-Berlin/!5862501
[2] /Emissionen-durch-Milliardaerinnen/!5890405
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Extinction Rebellion
Schwerpunkt Klimawandel
Privatjet
Flugverkehr
Ziviler Ungehorsam
Schwerpunkt Klimaproteste
Die Linke Berlin
Extinction Rebellion
Schwerpunkt Klimawandel
Extinction Rebellion
Privatjet
Schwerpunkt Klimawandel
Extinction Rebellion
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Privatjets am BER: Druck gegen Luxus-Dreck
Fast 10.000 Privatjets sind im vergangenen Jahr am BER geflogen – für den
Senat kein Problem. Linke und Zivilgesellschaft wollen ein Verbot.
Extinction Rebellion Proteste in Berlin: Superreiche Klimakiller
Klimaaktivisten demonstrieren gegen den unverhältnismäßigen
Ressourcenverbrauch der Reichen. Die FDP bekommt Farbe ab, das Adlon ein
Transparent.
Taxonomieregeln der EU: Neue Airbusse, grüngewaschen
Da die Regeln der EU-Investorenregeln so lax sind, gelten 7.000 Flugzeuge
von Airbus als „nachhaltig“. Experten sprechen von „reinem Greenwashing�…
Neuer Klimaprotest in Großbritannien: Schleichen statt Kleben
Die Klimagruppe Just-Stop-Oil probiert in London eine neue Protestform aus.
Autofahrer:innen bringen sie damit immer noch auf die Palme.
Ungleichheit bei CO₂-Emissionen: Die Millionen-Tonnen-Menschen
Milliardäre emittieren durch ihre Investitionen millionenfach so viel CO₂
wie der globale Durchschnitt. 125 von ihnen emittieren mehr als Frankreich.
Klima-Protestaktionen: Schön und schmerzhaft
Nach der Blockade des Privatjet-Terminals am BER stellt sich die Frage: Was
könnten Letzte Generation und Scientist Rebellion voneinander lernen.
Forschender Aktivist über Klimaproteste: „Eines der effektivsten Mittel“
Als Teil der Scientist Rebellion besetzte Matthias Schmelzer mit anderen
das Finanzministerium. Er erklärt die Motive der Klimagruppe.
Proteste gegen BER-Eröffnung: Direktflug in die Klimakrise
Während der Flughafen BER mit viel Verspätung eröffnet, wird draußen
protestiert. Hunderte Demonstranten fordern Beschränkungen für die
Fliegerei.
Aktion gegen neuen Berliner Flughafen: Direktflug in die Klimakrise?
Eine Gruppe Pinguine namens „Am Boden bleiben“ plant eine Aktion des
zivilen Ungehorsams. Ziel: Die Eröffnung des BER am 31. Oktober zu
verhindern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.