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# taz.de -- Abhängigkeit von Rohstoffen: Der Ausweg aus der China-Falle
> Die Energiewende hängt maßgeblich von Rohstoffen ab. Wirtschaftsminister
> Habeck setzt auf Kooperationen und Kreislaufwirtschaft.
Bild: Lithiummine in der Atacama-Wüste in Chile: Der Abbau gefährdet die Bev�…
Berlin taz | Fracking in Deutschland wird sich laut Robert Habeck auch in
Zukunft nicht lohnen: „Jetzt gerade wäre es super, eigenes Gas zu haben,
aber perspektivisch wird grüner Wasserstoff Fracking schlagen“, sagte der
grüne Bundeswirtschaftsminister auf dem Rohstoffkongress des
Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI). Damit lehnte er die
Forderung des BDI-Präsidenten Siegfried Russwurm ab, angesichts der
Gaskrise wieder in die heimische Erdgasförderung aus tiefen
Gesteinsschichten einzusteigen.
Die [1][Fracking-Kontroverse] ist beispielhaft: In der Analyse der
derzeitigen multiplen Krisen waren sich Habeck und Russwurm einig: Die
Abhängigkeit von China gerade bei für die Digitalisierung und
Dekarbonisierung der Gesellschaft nötigen Rohstoffe sei drängender als die
Energieabhängigkeit von Russland. In den konkreten Antworten blieb es bei
Überschriften.
Beispiel Zugang zu Rohstoffen im Ausland: Russwurm warnt davor, den Zugang
zu Rohstoffen im Ausland durch Sorgfaltspflichten wie etwa im
Lieferkettengesetz zu erschweren. Habeck hingegen setzt darauf, dass die
europäischen Unternehmen in den rohstoffreichen Ländern des Südens
partnerschaftlich auftreten und dadurch Wettbewerbsvorteile haben.
Beispiel Kreislaufwirtschaft: Russwurm lehnt ein „Recht auf Reparatur“ als
dogmatisch ab, Habeck erachtet es als notwendig, weil der Markt alleine
keine reparierbaren Elektrogeräte schaffe. Es komme darauf an,
Verschwendung zu beenden, Ökodesign durchzusetzen und bereits vorhandene
Rohstoffe im Kreislauf vor Ort zu halten.
## Heimische Rohstoffe oft nicht wettbewerbsfähig
Dabei müssten Politik und Unternehmen zunächst „gegen die ökonomische
Laufrichtung arbeiten“, sagte Habeck. Die Unternehmen seien aus
wirtschaftlichen Gründen nach China gegangen. Nun etwa auf heimisches
Lithium aus dem Erzgebirge oder auf Recyclingmaterial zu setzen, sei nicht
unbedingt wettbewerbsfähig. Wie das ausgeglichen werden könnte, darüber
gelte es jetzt zu diskutieren.
Gegenwärtig aktualisiert das BMWK die bestehende Rohstoffstrategie der
Bundesregierung und stellt dabei die Sicherung des Rohstoffbedarfs ins
Zentrum. Der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft allerdings liegt im
Aufgabenbereich des ebenfalls grün geführten Umweltministeriums. Dessen
To-do-Liste im Koalitionsvertrag ist lang, steht bislang allerdings nur auf
dem Papier. Die große Kreislaufwirtschaftsstrategie will Ministerin Steffi
Lemke 2024 vorstellen, für ein Recyclinglabel erst mal Forschungsprojekte
anstoßen.
„Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie ihre Politik jetzt klar
darauf ausrichtet, den Rohstoffverbrauch zu senken“, sagt Hannah Pilgrim,
Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Netzwerks AK Rohstoffe. „Sie muss
den Sekundärrohstoffmarkt fördern und den Abbau primärer Rohstoffe klar an
Umwelt- und Menschenrechtskriterien ausrichten“. Und das, so Pilgrim auf
nationaler wie auf europäischer Ebene. „Bisher bekommen wir da ganz
unterschiedliche Signale“.
## Schwieriger Zielkonflikt
Kein Wunder, denn vor Regierung und Unternehmen liegt ein schwieriger
Zielkonflikt: Der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl ist ressourcenintensiv,
und jetzt, da etwa die Autokonzerne ernst machen und ihre Produktion
weltweit auf Elektroantriebe umstellen, spitzt sich dieser Konflikt zu.
„Wir müssen die Verkehrswende, die Wärme- und Energiewende einleiten“, sa…
Herwart Wilms, Geschäftsführer des Recyclingunternehmens Remondis, „dafür
benötigen wir erst einmal jede Menge Rohstoffe“. In Elektroautos,
Windrädern und Solaranlagen stecken Lithium, Seltene Erden, Kobalt, Nickel
und zahlreiche weitere Metalle, deren Gewinnung mit Umweltproblemen und
Menschenrechtsverletzungen einhergehen. Die Recyclingraten gerade für diese
Spezialmetalle sind sehr niedrig, für viele Stoffverbindungen, fehlen noch
Verfahren für ein sinnvolles Recycling.
In großem Maßstab recycelt werden schon jetzt Kupfer oder Aluminium. In
jeder produzierten Tonne dieser Nicht-Eisenmetalle stecken in Deutschland
etwa 50 Prozent Schrott – je nach Metallsorte mehr oder weniger. „Die
Unternehmen könnten mehr“, sagt Rainer Buchholz, Leiter Kreislaufwirtschaft
und Ressourceneffizienz bei der Wirtschaftsvereinigung Metalle.
Hier fehle es nicht an Verfahren, sondern an Material. „Metalle wie Kupfer
werden in langlebigen Produkten verbaut und stehen nicht oder erst nach
langen Zeiträumen für Recycling zur Verfügung, Schrott wird exportiert,
zugleich wächst der Markt für Metalle – angetrieben durch die
Energiewende“, sagt Buchholz. Es sei daher wichtig, dass der Schrott im
Land bleibe und hiesigen Unternehmen zur Verfügung stünde.
Um das zu erreichen, arbeitet Brüssel derzeit an der
„Abfallverbringungsverordnung“, die darüber bestimmt, welcher Müll ins
Ausland exportiert werden darf. Gut ausgestaltet, wäre das ein konkreter
Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Einen anderen – das Recht auf
Reparatur – hat die EU-Kommission soeben verschoben.
20 Oct 2022
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[1] /Energiekrise/!5884875
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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