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# taz.de -- Berlin Schlusslicht im Bildungsranking: Berlin ist abgemeldet
> Fast die Hälfte der Viertkässler*innen erreicht nicht die
> Mindeststandards in Rechtschreibung. Alarmierend: Die Chancenungleichheit
> wächst.
Bild: Viertklässler*innen in Neukölln: Insbesondere in Brennpunkten sinkt die…
Berlin taz |Berliner Grundschüler*innen haben massive Defizite in allen
wichtigen Grundkompetenzen von Mathe über Lesen bis zur Rechtschreibung.
Das zeigt der [1][IQB-Bildungstrend 2021], ein bundesweiter
Bildungsvergleich, der alle fünf Jahre im Auftrag der
Kultusministerkonferenz erhoben wird. Die Auswertung der länderspezifischen
Daten wurde am Montag vorgestellt.
Demnach erreichten rund 27 Prozent der Berliner Viertklässler*innen
nicht den Mindeststandard im Lesen – nur Bremer Schüler*innen schnitten
schlechter ab. In Rechtschreibung erreichten sogar 46 Prozent nicht die
Mindeststandards – damit ist Berlin bundesweit Schlusslicht. In Mathe
erreichten 41,6 Prozent den Regelstandard – auch das ist der bundesweit
niedrigste Wert.
„Es dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass solche Zahlen nicht hinnehmbar
sind“, schreiben die Autor*innen der Studie des Instituts für
Qualitätssicherung im Bildungswesen, kurz IQB, in ihrem Fazit. Zwar münzen
sie diese Aussage nicht nur auf die Berliner Zahlen. Denn die
Kompetenzkurve der Schüler*innen zeigt in allen Ländern nach unten, was
teilweise auch mit den [2][Auswirkungen des Corona-Homeschoolings] der
letzten Jahre erklärt wird.
## „Bedrohung für Wirtschaftsstandort“
Doch in Berlin ist die Lage eben am wenigsten hinnehmbar, wie die Zahlen
nun zeigen: Die Qualität der Berliner Bildung sei inzwischen „eine
ernstzunehmende Bedrohung für den Wirtschaftsstandort“, sagte der
Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer, Stefan Spieker, am Montag.
Im Detail sind vor allem zwei Entwicklungen alarmierend. Zum einen wird die
Chancenungerechtigkeit größer. Aus welcher Familie ein Kind kommt wird
wichtiger statt unwichtiger für den Bildungserfolg: Sind die Eltern arm,
wenig bildungsinteressiert oder hat das Kind einen Fluchthintergrund,
stehen die Chancen, salopp gesagt, schlecht. Die viel zitierte Schere bei
der Chancengleichheit öffnet sich weiter. Für Berlin gilt das besonders für
die Bereiche Lesen und Zuhören. Die Lernrückstände von Kindern mit
Fluchthintergrund betragen bis zu zwei Schuljahren, so die Studie.
Zweitens dürfte die Berliner Bildungspolitik alarmieren, dass man sich eben
nicht darauf berufen kann, dass die Zusammensetzung der
Schüler*innenschaft in Großstädten eine andere ist als auf dem Land.
Denn hätte man „zentrale Hintergrundwerte“ wie sozioökonomischer Status u…
Migrationshintergrund herausgerechnet, ändert sich nichts am Befund: Berlin
hinkt hinterher. Auch der seit 2011 durchweg „negative Trend“ – die Schere
geht auf – ist demnach nicht damit zu erklären, dass in Berlin zum Beispiel
mehr geflüchtete Kinder im Schulsystem sind als noch vor einigen Jahren.
Die Bildungsverwaltung betont, man habe „den Handlungsbedarf bereits vor
längerer Zeit klar erkannt“ und arbeite auch bereits an der Umsetzung einer
„Qualitätsstrategie“, wie ein Sprecher mitteilt. So gebe es bereits mehr
Deutschstunden in Grundschulen als noch vor einigen Jahren. Zudem müsse man
bedenken, dass die Tests während der Pandemiephase im Frühjahr 2021
stattfanden. In anderen Ländern fanden die Tests später und dann schon
wieder im Regelbetrieb statt.
Auffällig ist das relativ gute Abschneiden Hamburgs als Stadtstaat. Dort
hat man zum Beispiel die Vorschule seit einigen Jahren verpflichtend
gemacht, wenn Kinder zwei Jahre vor der Schule durch einen Sprachtest
fallen. In Berlin bemängeln Bildungsexpert*innen seit Jahren, dass die
auch hier eigentlich verpflichtenden Sprachtests durch das Gesundheitsamt
die Zielgruppe nicht erreichen – oder ohne Konsequenz bleiben, weil die
Kinder danach trotzdem [3][nicht in die Kita oder zur Sprachförderung
gehen.]
17 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2021/Bericht/
[2] /Lernluecken-nach-den-Pandemiejahren/!5843953
[3] /Chancengleichheit-fuer-Kinder/!5882445
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Bildungschancen
Chancengleichheit
Frühkindliche Bildung
Niedersachsen
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Schule und Corona
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