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# taz.de -- Chancengleichheit für Kinder: Neukölln sucht nach Worten
> Viele Kinder mit Sprachdefiziten besuchen keine Kita. Linke-Fraktion in
> Neukölln sieht ein „Anspracheproblem“ seitens des Bezirks.
Bild: Kita mit Schwerpunkt Sprachförderung in Neukölln
Berlin taz | Ausgerechnet diejenigen Kinder, die am dringendsten eine
[1][Sprachförderung vor der Einschulun]g brauchen, kommen nicht in den
Kitas an. Diesen bereits durchaus bekannten Missstand unterstreicht nun
auch die Antwort des Neuköllner Bezirksamts auf eine Anfrage
Linken-Fraktion in der Bezirksveordnetenversammlung. Von 393 Kindern, die
man 18 Monate vor Schuleintritt angeschrieben habe, weil sie bisher für
keinen Kitaplatz registriert sind, hätten nur 129 an einem Sprachtest
teilgenommen, teilt Schulstadträtin Karin Korte (SPD) mit. Bei 89 von
ihnen, also bei 69 Prozent, wurde dabei ein Sprachförderbedarf
festgestellt. Doch in einer Kita oder Sprachfördegruppe betreut wurden
hinterher nur 29 der Vorschulkinder.
Der Neuköllner Linken-Politiker Philipp Dehne sieht ein
„Kommunikationsproblem“ seitens des Bezirksamts: „Man muss die Familien so
ansprechen, dass sie auch eine Chance haben, ihr Recht auf einen
Betreuungsplatz für ihr Kind wahrzunehmen.“ Das sei nämlich häufig nicht
der Fall. Die Familien bekämen Anschreiben in „Behördendeutsch“, dass
gerade für diejenigen mit geringen Deutschkenntnissen eine Hürde sei. Dabei
hätten die Kinder ein Recht auf Förderung. „Da muss seitens des Bezirksamts
eine Informationsleistung erbracht werden“, fordert Dehne.
Jugendstadträtin Mirjam Blumenthal (SPD) ist sich des Problems durchaus
bewusst: Dass Kinder vor der Einschulung gut Deutsch könnten sei „leider
noch nicht die Realität“, sagt sie am Mittwoch auf taz-Anfrage. Sie fordert
an die Adresse der Senatsbildungsverwaltung einen frühzeitigeren
Datenabgleich vom Melderegister mit den Kitaplatzdaten, um Familien früher
ansprechen zu können: „Wenn wir früher wissen, wie viele Kinder
Sprachbedarf haben, können wir auch besser über den tatsächlichen Bedarf in
Kitas oder anderen Einrichtungen zur Sprachförderung sprechen.“
## Es ist auch ein Platzproblem
Blumenthal verweist darauf, dass man über das Organisationsproblem [2][auch
ein Kitaplatzproblem habe – „vor allem aufgrund des hohen
Fachkräftemangels“]. Angespannt dürfte die Situation bleiben: Bei den
geplanten Fördermaßnahmen zum Kita-Ausbau ist Neukölln im Bezirksvergleich
auf den hinteren Plätzen. Laut Bedarfsatlas der Bildungsverwaltung hat sich
die Versorgungsituation zumindest in Nord-Neukölln für Familien aber
zuletzt wiederum auch eher entspannt.
So oder so bleibt die Frage, wer die Kitaplätze am Ende bekommt. Die
Neuköllner Linke-Fraktion fordert deshalb in einem Antrag an das
Bezirksamt, dass Kita-Träger Platzkontingente für Kinder freihalten sollen,
bei denen ein Sprachförderbedarf festgestellt wurde. Der Bezirk solle die
Träger für nicht belegte Plätze entschädigen. Nicht realistisch, sagt
Jugendstadträtin Blumenthal. Ein „Abweichen von der Finanzierungslogik“
wäre „extrem komplex“ und „rechtlich nicht möglich“ – freie Plätze…
besetzt werden, immerhin gebe es einen Rechtsanspruch auf eine Kitaplatz.
Immerhin: Eine Arbeitsgruppe aus Jugend- und
Schulamtsmitarbeiter*innen soll sich nun zumindest um das
„Anspracheproblem“ kümmern. Die Senatsbildungsverwaltung hatte kürzlich
[3][zum Start des neuen Kitajahres im August] erklärt, man wolle
insbesondere die seit Jahren bei 95 Prozent verharrende Betreuungsquote bei
den 3- bis 6-Jährigen weiter ausbauen.
6 Oct 2022
## LINKS
[1] http://Auf%20schlecht%20Deutsch
[2] /Psychologe-Bernhard-Kalicki-ueber-Kitas/!5871917
[3] /Kitaausbau-in-Berlin/!5875072
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Kitaplätze
Neukölln
Chancengleichheit
Bildungschancen
Lesestück Recherche und Reportage
Kita-Ausbau
Kitas
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