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# taz.de -- Flüchtlingsgipfel in Berlin: Faesers zwei Botschaften
> Die Innenministerin kündigt mehr Unterstützung bei der Unterbringung von
> Geflüchteten an. Zugleich verlängert sie die Grenzkontrollen zu
> Österreich.
Bild: Container-Unterkunft für Geflüchtete in Berlin im September 2022
Berlin taz | Es sind zwei sehr unterschiedliche Botschaften, die
Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Dienstag nach einem Spitzengespräch
zur aktuellen Flüchtlingslage verkündete. Die SPD-Politikerin sprach davon,
dass „Großartiges geleistet“ worden sei bei der Aufnahme Geflüchteter aus
der Ukraine und sagte Ländern und Kommunen noch mehr Unterstützung zu.
Gleichzeitig erklärte sie, die steigende Zahl der Asylanträge und der
unerlaubten Einreisen mache ihr „Sorge“ – und kündigte eine Verlängerung
der Grenzkontrollen zu Österreich an.
Rund eine Million Geflüchtete aus der Ukraine haben deutsche Behörden seit
Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar bislang registriert. Etwa
700.000 von ihnen haben bislang vorübergehenden Schutz beantragt – ein
Mechanismus, der Ukrainer*innen ohne langwieriges Asylverfahren Schutz
für bis zu drei Jahre bietet.
Faeser hatte sich am Dienstagmorgen mit den kommunalen Spitzenverbänden und
Vertretern der Länder getroffen. Bereits im April hatte der Bund diesen
zwei Milliarden Euro an Unterstützung zugesagt. Inzwischen aber warnen
immer mehr Länder und Kommunen, ihre Kapazitäten seien ausgeschöpft.
Städtetagsvizepräsident Burkhard Jung berichtete bei der Pressekonferenz,
in Dresden müsse inzwischen eine Messehalle zur Unterbringung genutzt
werden, in Leipzig, wo er Oberbürgermeister ist, seien Zeltstädte errichtet
worden. Mehrere Bundesländer haben Aufnahmestopps verhängt.
## Verstärkter Einsatz von Frontex im Gespräch
„Dieser humanitäre Kraftakt ist immer schwieriger zu bewältigen, je länger
dieser furchtbare Krieg anhält“, sagte Faeser. Der Bund habe schon mehr als
64.000 Unterbringungsplätze in Bundesimmobilien bereitgestellt, diese seien
noch nicht ganz ausgeschöpft. Sie habe nun weitere 56 Immobilien mit
insgesamt 4.000 Plätzen angeboten. Inwiefern der Bund sich [1][an den
Flüchtlingskosten] beteiligen wird, blieb am Dienstag unbeantwortet – dafür
werde es im November ein Treffen der Ministerpräsident*innen mit
Bundeskanzler Olaf Scholz geben, so Faeser.
Auch über das Mittelmeer und die Balkanroute kämen inzwischen wieder
„deutlich mehr Menschen“ nach Europa, sagte Faeser. „Und das macht mir
Sorge.“ Die Zahl der Asylanträge sei ebenso gestiegen wie die der
unerlaubten Einreisen. Auch an den EU-Außengrenzen steige der Druck an.
„Wir sind gemeinsam in der Verantwortung, illegale Einreisen zu stoppen,
damit wir weiter den Menschen helfen können, die dringend unsere
Unterstützung brauchen“, so Faeser.
Sie kündigte an, die Grenzkontrollen zu Österreich um ein weiteres halbes
Jahr zu verlängern. Die letzte Verlängerung im April erfolgte nur einen
Tag, nachdem der Europäische Gerichtshof ganz ähnlich gelagerte Kontrollen
Österreichs zu Slowenien [2][für rechtswidrig erklärt hatte.] An der Grenze
zu Tschechien kontrolliere die Bundespolizei „deutlich verstärkt im Rahmen
der Schleierfahndung“, Österreich und Tschechien würden ihrerseits an der
Grenze zur Slowakei kontrollieren. Beim Rat der EU-Innenminister*innen am
Freitag werde man zudem über einen verstärkten Einsatz von Frontex
sprechen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Marcel Emmerich, Obmann im Innenausschuss,
kritisierte die Verlängerung der Grenzkontrollen. „Ich hätte mir von der
Ministerin klügere Antworten gewünscht, als die Dauerkontrollen von
Seehofer einfach erneut zu verlängern“, sagte er der taz. Stattdessen
brauche es eine „rechtssichere Alternative“ – beispielsweise durch geziel…
Schwerpunktkontrollen.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), derzeit Vorsitzender der
Innenministerkonferenz, begrüßte Faesers Ankündigungen – mahnte aber an,
bei der [3][Bereitstellung weiterer Immobilien] sei statt langwieriger
Prüfungen Eile geboten. Die vorhandenen Plätze reichten höchstens noch bis
Ende des Jahres. Städtetagsvizepräsident Burkhard Jung bekräftigte die
Bereitschaft der Kommunen, trotz aller Schwierigkeiten Geflüchtete zu
unterstützen. Anfeindungen gegenüber Ukrainer*innen, wie es sie etwa am
Montagabend am Rande einer rechten Demonstration in Leipzig gegeben hat,
nannte er „unerträglich“.
11 Oct 2022
## LINKS
[1] /Berichterstattung-ueber-Fluechtlingskrise/!5429014
[2] /EuGH-Urteil-betrifft-auch-Deutschland/!5851244
[3] /Platznot-fuer-Gefluechtete-in-Berlin/!5883694
## AUTOREN
Dinah Riese
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