# taz.de -- DW Enteignen fordert Geisel-Rücktritt: „Willentlich rechtswidrig… | |
> Laut DW Enteignen hat die Innenverwaltung die Prüfung des Volksbegehrens | |
> mit Absicht verzögert. Nun fordert sie den Rücktritt von Andreas Geisel. | |
Bild: Noch-Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel | |
BERLIN taz | Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen (DWE) fordert | |
den Rücktritt von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Ihr | |
Vorwurf: Geisel habe als damaliger Innensenator bei der verzögerten | |
Rechtsprüfung des Volksbegehrens, die ganze 441 Tage dauerte, „wissentlich | |
rechtswidrig“ gehandelt. Das belegten Dokumenten, die die Initiative über | |
die Plattform „Frag den Staat“ von der Innenverwaltung erhalten habe. | |
DWE hatte im Juni 2019 den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens | |
gestellt und dafür 57.000 gültige Unterschriften eingereicht, rund dreimal | |
so viele wie benötigt. In dem Antrag hieß es, der Senat werde „zur | |
Erarbeitung eines Gesetzes zur Überführung von Immobilien sowie Grund und | |
Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung nach Art. 15 | |
Grundgesetz aufgefordert“. Als sich die für den Senat federführende | |
Innenbehörde elf Monate später immer noch nicht zu einer rechtlichen | |
Einschätzung der Zulässigkeit imstande sah, hatte die Initiative wegen | |
Verschleppung Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. | |
In einer am selben Tag versendeten Mail eines Mitarbeiters der | |
Innenverwaltung hieß es: „Sollte die Klage zulässig sein, hätten wir keine | |
Chance.“ Laut DWE stufte damit „die Behörde ihr eigenes Handeln als | |
rechtswidrig ein“. Laut der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts | |
gilt für die Zulässigkeitsprüfung das Gebot der unverzüglichen und | |
beschleunigten Bearbeitung. | |
Schon wenige Tage vor der Klage gab es eine Mail, aus der hervorgeht, dass | |
auch Innenstaatssekretär Torsten Akmann informiert war. Demzufolge habe der | |
Mitarbeiter Akmann mitgeteilt, dass „wir aber nach erster Einschätzung | |
davon ausgehen, dass es einen Weg geben muss, das vom VerfGH grundsätzlich | |
vorgegebene Beschleunigungsgebot gerichtlich durchzusetzen“. | |
Dennoch wurde in der Innenverwaltung zunächst auf den längeren Verlauf | |
eines Prozesses spekuliert. Erst nach einem [1][Eilantrag der Initiative] | |
und einer daraufhin gesetzten Frist des Verwaltungsgerichts für die | |
Innenverwaltung von zwei Tagen, gab diese die rechtliche Prüfung frei. Vier | |
Monate nach Einreichung der Klage, im September 2020, stellte der Senat | |
schließlich fest, dass [2][das Anliegen des Volksbegehrens mit Bundesrecht | |
vereinbar sei]. DWE zog die Klage zurück – und gewann später den | |
Volksentscheid. | |
## Kritik auch an Enteignungskommission | |
Inzwischen kritisiert die Initiative die intransparente Arbeit der | |
Enteignungskommission, für die Geisel in seiner jetzigen Funktion die | |
Verantwortung trage. DWE-Sprecherin Bana Mahmood resümiert: „Einen | |
Politiker, der demokratische Prozesse und Entscheidungen missachtet und | |
sich seiner Verantwortung nicht bewusst ist, kann sich Berlin nicht | |
leisten. Andreas Geisel muss gehen.“ | |
Der lange Prozess hatte auch im Senat für Kritik von Linken und Grünen | |
geführt. Die rot-rot-grüne Koalition hatte auch aus dieser Erfahrung heraus | |
das [3][Abstimmungsgesetz überarbeitet]: Inzwischen muss die | |
Innenverwaltung die Prüfung von Volksbegehren innerhalb von fünf Monaten | |
zum Abschluss bringen. | |
Der Druck auf Geisel, der auch politische Verantwortung für die zahlreichen | |
Wahlpannen im September 2021 trägt, die vermutlich zu einer Neuwahl in | |
Berlin führen, wird damit immer größer. Für die Sitzung des | |
Abgeordnetenhauses am Donnerstag hat die CDU-Fraktion einen dringlichen | |
Antrag gestellt, in dem sie die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey | |
(SPD) auffordert, Geisel sofort zu entlassen. Auch die AfD fordert, ihm das | |
Misstrauen auszusprechen und ihn zu entlassen. Geisel selbst hat einen | |
Rücktritt bislang abgelehnt. | |
5 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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