# taz.de -- Politologe über Putins Psychospiele: „Angst ist eine Kriegswaffe… | |
> Krieg, Gasnot, Atomdrohung: Viele Leute haben gerade Angst. Der | |
> Politologe Jan-Werner Müller sagt, Furcht zuzulassen, mache Demokratien | |
> stark. | |
Bild: Corona, Klima Krieg, viele Menschen haben aktuell Angst | |
taz am wochenende: Herr Müller, ist Angst eine Kriegswaffe? | |
Jan-Werner Müller: Ja, keine Frage. Es ist aber auch nichts Neues, dass in | |
Kriegen versucht wird, bestimmte Emotionen in Gesellschaften hervorzurufen. | |
Allerdings neigen wir in politischen Diskussionen schnell dazu, Menschen | |
die Rationalität abzusprechen, wenn es um Gefühle geht. Als kämen Emotionen | |
aus dem Nichts, wenn sie doch immer auf Gründen basieren: Ich bin | |
beispielsweise wütend, weil ich eine Situation als unfair empfinde. Zu | |
diesen Gründen muss man vordringen, also auch herausfinden, warum jemand | |
Furcht hat. Wichtig ist, Gefühle nicht von vornherein als irgendwie | |
demokratiegefährdend abzutun, sondern genau hinzuschauen: Was ist | |
begründet, was nicht? | |
Ganz konkret: Putin nutzt die Atomwaffe als ultimative Bedrohung. Gerade zu | |
Beginn des Krieges hat er sie ständig erwähnt. Kann man das ignorieren? | |
Sicher nicht. Aber man kann sich davon auch nicht das Verhalten diktieren | |
lassen. Es wäre das Ende aller taktischen und strategischen Überlegungen, | |
wenn man schlussfolgerte: Weil ein Staat Atomwaffen hat, können wir gar | |
nichts machen. Jürgen Habermas hat im Frühjahr geschrieben, man könne einen | |
Krieg gegen eine Atommacht nicht gewinnen. Empirisch stimmt das so nicht: | |
Die USA haben den Vietnamkrieg verloren; in Afghanistan sind sowohl die | |
Sowjetunion als auch die westliche Allianz nach 2001 gescheitert. | |
Davon geht aber die Angst nicht weg. Was also tun? | |
Man kann ganz offen sagen: Keiner kann für die Zukunft etwas völlig | |
ausschließen, aber die Wahrscheinlichkeit eines Atomschlags ist immer noch | |
gering. Deswegen trifft man die Entscheidungen, die man für richtig hält. | |
Natürlich ist immer ein Risiko dabei. Aber nichts zu tun oder die Waffen zu | |
strecken, beinhaltet auch Risiken. | |
Wir sollten diese Angst also wegdrücken? | |
Nicht wegdrücken im Sinne von: Wir sagen den Leuten, dass sie irrational | |
sind. Menschen dürfen auch fragen, ob es noch atomsichere Bunker gibt. Bei | |
den Kalten-Kriegs-Generationen kommen gerade Bilder aus den 80er Jahren | |
wieder hoch. Das ist völlig legitim. Man kann Furcht ernst nehmen und | |
trotzdem schlussfolgern: Wir nehmen an, dass es nicht im Interesse Putins | |
ist, einen Atomkrieg auszulösen, selbst wenn wir jetzt noch mehr und noch | |
schwerere Waffen liefern. Es ist kein Kriterium für demokratische Politik, | |
dass am Ende alle garantiert frei von Furcht sind. | |
Viele Menschen fürchten sich gerade vor den Folgen der [1][explodierenden | |
Gaspreise] – davor, dass sie sich das Leben nicht mehr leisten können, dass | |
sie im Winter frieren oder ihren Job verlieren. | |
Anders als die eher diffuse Furcht vor einem Atomkrieg ist das eine | |
Alltagserfahrung, die für manche Bürger schon Realität ist. Und sie kann | |
einen Schock auslösen. Nehmen Sie den Brief mit dem achtfach höheren | |
Gasabschlag. Selbst wenn man sich abstrakt in Gedanken darauf vorbereitet | |
hat, schockiert er dennoch, wenn es konkret wird. Aber auch das sind Dinge, | |
die man auf demokratische Weise diskutieren kann. Ich wundere mich, dass | |
jetzt Schreckensszenarien von Volksaufständen an die Wand gemalt werden. | |
Bisher sind die Proteste doch sehr überschaubar. | |
Das [2][Mobilisierungspotenzial] ist aber doch da? | |
Protestforscher haben gezeigt, dass Unzufriedenheit sich in der Regel nicht | |
eins zu eins in Proteste auf der Straße übersetzt. Es ist meist nicht der | |
objektive Zustand, der entscheidend ist. Stattdessen geht es um ganz | |
konkret erfahrene Enttäuschungen – wenn erst Erwartungen geweckt wurden und | |
diese dann nicht erfüllt werden. Große Proteste gibt es also nicht immer | |
dann, wenn es objektiv ganz schlecht aussieht, sondern dann, wenn es besser | |
zu werden scheint und doch nicht besser wird. Das konnte man in Deutschland | |
während der Pandemie beobachten. | |
Was meinen Sie? | |
Im Sommer 2020 haben sich viele auf die Schultern geklopft und gesagt: Guck | |
mal, wie toll es bei uns gelaufen ist. Auch einige | |
Politikwissenschaftler-Kollegen konnten die Tinte nicht halten, haben im | |
Herbst 2020 Sammelbände veröffentlicht: Hier ist die Erklärung, warum das | |
Land gut durch die erste Welle gekommen ist, Föderalismus, | |
Wissenschaftlerin als Kanzlerin – whatever. Und dann wurde die Erwartung, | |
dass der Winter relativ normal wird und wir alles unter Kontrolle haben, | |
enorm enttäuscht. Da hat sich dann, so mein Eindruck, eine große | |
Unzufriedenheit bis hin zu kalter, aber keineswegs irrationaler Wut | |
aufgebaut. | |
Was heißt das für die politische Kommunikation mit Blick auf die Gaskrise? | |
Panikmache ist natürlich falsch. Wenn man jedoch den Eindruck hat, dass es | |
sehr hart werden kann, ist es richtig, das auch offen zu sagen. Das gibt | |
Bürgern die Chance, sich darauf vorzubereiten. Als Politiker kann man da | |
eigentlich auch gar nicht verlieren. Wenn es nicht so schlimm wird, war man | |
derjenige, dessen Warnungen das Schlimmste verhindert haben. Und wenn es | |
doch schlimm wird, hat man es zumindest schon vorher gewusst. Insofern ist | |
es durchaus rational, im Moment ein bisschen mehr Gefahren aufzubauen, | |
anstatt es eher ruhig angehen zu lassen. Vielleicht hat man im Nachhinein | |
auch den Eindruck, bei Angela Merkel wurde manches zu ruhig angegangen. | |
Zu wenig Drama? | |
Ja, man sollte mehr aus der Einsicht machen, dass vieles entdramatisiert, | |
aber de facto auch einfach aufgeschoben wurde. Vielleicht wäre es nicht | |
schlecht gewesen, zum Teil etwas mehr zu dramatisieren, auf Gefahren | |
deutlicher hinzuweisen und vorausschauender zu fahren als immer nur auf | |
Sicht. | |
Putin setzt auch auf Ungewissheit: Mal fließt das Gas durch Nord Stream 1, | |
dann wird die Lieferung unterbrochen, dann fließt wieder etwas, dann | |
[3][gar nichts mehr]. Diese Woche hat er gedroht, gar kein Gas mehr zu | |
liefern. Wie geht man mit solchen Psychospielchen um? | |
Vielleicht so, wie Angela Merkel seinerzeit mit dem schwarzen Hund, den | |
Putin bei einem Treffen in Sotschi um sie herumlaufen ließ, weil er wusste, | |
dass sie Angst vor Hunden hat. Sie hat deutlich gemacht, dass das nicht | |
okay ist, ist aber ganz gelassen geblieben. Klar ist: Putin wird sich nicht | |
mehr ändern. Man sollte sich also keine Illusionen machen, dass mit einem | |
von ihm kontrollierten Russland noch normale Geschäftsbeziehungen möglich | |
sind. | |
Man könnte diese Erfahrung aber auch politisch nutzen und sagen: Wir zeigen | |
dem mal, dass wir damit schon zurechtkommen. Und dass die Vorstellung | |
falsch ist, die liberalen westlichen Gesellschaften seien alle so | |
verweichlicht und empfindlich und gar nicht in der Lage, mit derartigen | |
Zumutungen umzugehen. | |
So ähnlich hat das Robert Habeck im Juli formuliert: „Das wird Putin schon | |
noch erleben, wie stark wir sind.“ Da wird Geschlossenheit betont. Die ist | |
aber nicht gerade eine Stärke von Demokratien. | |
Es ist eine sehr alte Vorstellung, dass Demokratien schwächer als | |
Autokratien sein könnten, weil sie interne Debatten und sogar heftigen | |
Streit erlauben. Das war schon ein Argument im Ersten Weltkrieg: Die | |
starken Autokratien, wo Hindenburg und Ludendorff sagen, was Sache und zu | |
tun ist, hätten einen strukturellen Vorteil. Diese vermeintliche | |
Überlegenheit autokratischer Regime hat sich aber eigentlich immer als | |
falsch herausgestellt. Weil die Debatten, auch wenn sie teils nervig sind | |
und Entscheidungen verzögern, eben doch, um es sehr hochgestochen | |
auszudrücken, einen gewissen epistemischen Mehrwert haben. Dass also vieles | |
besser erkannt wird, wenn mehr Stimmen etwas beitragen. | |
Auch bei fünf verschiedenen Meinungen in derselben Regierungskoalition? | |
Eine offene Debatte dient letztendlich dazu, dass auch die ganz | |
Unzufriedenen das Gefühl haben: Wir konnten etwas sagen, unsere Meinung ist | |
nicht einfach unterdrückt worden und deswegen sind wir doch bereit, am Ende | |
die Entscheidung mitzutragen. Insofern halte ich die Vorstellung, | |
idealerweise spreche man nur mit einer Stimme, für problematisch. Debatten | |
sind erst mal gut, Konflikte sind erst mal nicht schädlich. | |
Es gibt noch immer einen gewissen deutschen Zusammenhaltskitsch. Da darf | |
man an die gar nicht so neue Idee erinnern, dass Demokratien gerade von | |
Konflikten leben, die man offen und auf demokratische Weise austrägt, also | |
ohne den politischen Gegner zum Feind zu machen. Und dass aus solcher Art | |
von Konfliktbewältigung am Ende mehr Kohäsion entsteht. Das sehen | |
diejenigen, die Dissens im Namen von Zusammenhalt irgendwie unter Verdacht | |
stellen, meistens nicht. | |
Es kann uns also egal sein, wenn wir uns als Gesellschaft an diesen Fragen | |
zerstreiten und Putin sich ins Fäustchen lacht? | |
Es wird ja am Ende eine einheitliche Linie in Form irgendeiner Außenpolitik | |
geben. Und zur Demokratie gehört: Entscheidungen sind dann anzuerkennen, | |
wenn alle sich plausibel sagen können: Ich hatte meine Chance, etwas zur | |
Entscheidungsfindung beizutragen. Das ist im Übrigen eine klassische | |
Rechtfertigung von Meinungsfreiheit. Sie dürfen auch irgendwas ganz Blödes | |
und Böses sagen, aber Sie hatten Ihre Chance. | |
Natürlich ist es gerade im deutschen Kontext enorm verquer, dass jetzt | |
wieder Prominente kommen und sagen, man dürfte ja manches nicht mehr sagen: | |
Ich darf ja nur noch bei „Anne Will“ auftreten und meinen offenen Brief in | |
der Zeit veröffentlichen, Sarrazin reloaded. Die Vertreter einer | |
vermeintlichen schweigenden Mehrheit, oder gar einer angeblich zum | |
Schweigen gebrachten Mehrheit, sind eigentlich eine laute Minderheit. | |
Wohlgemerkt: Es ist völlig legitim, in der Demokratie eine laute Minderheit | |
zu sein. Aber der Anspruch auf Opferstatus – nach dem Motto: „Ich werde zum | |
Schweigen verdammt!“ – ist oft Lärm um Nichts. | |
Das gilt dann auch, wenn Wolfgang Kubicki oder Sahra Wagenknecht die | |
Öffnung von Nord Stream 2 fordern – obwohl das Putin direkt in die Hände | |
spielt? | |
Bei vielen Leuten, die sich zu Wort melden, kann man sicher einen gewissen | |
Profilierungsprofit abziehen. Aber das ist nicht änderbar. Auch sie sind | |
Teil einer offenen Debatte. Wichtig ist erst einmal die Stichhaltigkeit der | |
Argumente, nicht die Frage, wem sie auch nützen könnten. | |
Abweichende Meinungen sind journalistisch verlockend. Da kann es in | |
Umfragen zu einer Frage eine 80-zu-20-Mehrheit geben, und die Redaktion | |
lädt zum Streitgespräch beide Seiten ein. Leser*innen könnten dann | |
denken: Aha, das Verhältnis ist wohl 50 zu 50. Ist das gefährlich? | |
Gerade als jemand, der in den USA lebt, sehe ich eine enorme Gefahr in dem, | |
was mittlerweile als „Bothsideism“ bekannt ist – also der reflexhaften Ar… | |
zwei gar nicht symmetrische Positionen als irgendwie gleich darzustellen. | |
Dies ist auch eine Art Flucht in vermeintliche Neutralität, weil | |
Journalisten meinen, sich so unangreifbar zu machen. Sie können ja den | |
Kritikern, die sie als parteiisch brandmarken wollen, immer entgegnen: | |
Schaut, doch, wir haben beide Seiten abgebildet. | |
Es gibt gute Überlegungen dazu, wie man Verzerrungen unter dem Deckmantel | |
der Objektivität vermeidet. Man soll marginale Positionen zu Wort kommen | |
lassen – aber fügt eben hinzu, wie marginal sie sind, und was sie zum Teil | |
implizieren. Beispiel: Republikaner, die vor Wahlbetrug warnen, sind nicht | |
marginal, aber man erklärt als Berichterstatter auch immer, dass die Gefahr | |
von Wahlbetrug in den USA objektiv sehr gering ist. Und Leute, die ganz | |
eindeutig lügen, lässt man gar nicht zu Wort kommen. | |
Wenn jemand den Klimawandel leugnet, ist der Fall klar. In der | |
Ukraine-Debatte ist das etwas anders. Der Angriffskrieg wird nicht | |
geleugnet, aber manche fordern, man müsse ernsthaft mit Putin verhandeln – | |
egal, ob es auf russischer Seite überhaupt Bereitschaft dazu gibt. | |
Da sind schon Äußerungen dabei, die man nur als naiv bezeichnen kann. Auch | |
nach buchstäblich Jahrzehnten von langen und breiten Diskussionen über | |
Deutschlands sogenannte neue Rolle in der Welt fehlt bei manchen jede | |
Fähigkeit zu taktischem und strategischem Denken. Aber auch hier kann man | |
ja argumentativ dagegen halten und fragen: Wie bitte soll das gehen? | |
Schauen Sie doch mal, wen Putin zu solchen Verhandlungen bisher geschickt | |
hat und wie diese abliefen. | |
Viele Journalist*innen schreiben subtil an einer Erzählung von Putin | |
als überlegenem Strategen mit, bei dem jeder militärische Rückschlag Teil | |
einer ausgefuchsten Strategie sein könnte. Das ist spannender, als ihn als | |
abgehalfterten Politiker am Ende seiner Karriere einzuordnen … | |
Es gab lange die Tendenz, die neuen Autokratien zu unterschätzen. Die | |
wirkliche Illusion der 1990er war nicht, dass die Geschichte an ein Ende | |
gekommen sei, sondern dass Autokratien sich früher oder später immer selbst | |
untergraben. Weil keiner Putin offen die Wahrheit sagen kann, oder weil das | |
ökonomisch ins Desaster führen muss, und so weiter. Daher auch die | |
Vorstellung, China werde sich allein aus Eigeninteresse liberalisieren. | |
Das ist anders gekommen. | |
Ja, leider hat sich diese Vorstellung als grundfalsch herausgestellt; | |
stattdessen ist China zum autokratischen Ideologieexporteur geworden. Und | |
nicht nur wir versuchen, aus der Geschichte zu lernen – auch Autokraten tun | |
dies: In Peking beschäftigt man sich Tag und Nacht mit der Frage, woran die | |
Sowjetunion letztlich gescheitert ist. Nur wäre es wiederum falsch, ins | |
andere Extrem zu wechseln, denn dann besteht die Gefahr, dass man auch | |
hinter Entscheidungen, die verdammt wie ein Fehler aussehen, sofort | |
irgendeinen größeren, langfristig cleveren Plan vermutet. | |
Wie, wenn man den russischen Rückzug vor Kiew nicht als militärischen | |
Fehlschlag einordnet, sondern als Teil eines ausgeklügelten Schlachtplans … | |
Ja. Oder, ein anderes Beispiel: Viktor Orbán wollte eine Steuer aufs | |
Internet. Das stellte sich sofort als sehr unpopulär heraus und wurde auch | |
nicht umgesetzt. Aber ausländische Beobachter als auch ungarische | |
Opposition grübelten, ob der vermeintlich machiavellistische Meister Orbán | |
sich nicht doch was ganz Cleveres bei der ganzen Sache gedacht hatte. | |
Einerseits darf man die neuen Autokratien nicht unterschätzen, andererseits | |
sollte man sie auch nicht größer machen, als sie sind. | |
Politiker*innen bestimmen stark mit, wie öffentlich über Angst und | |
Krise gesprochen wird. Diese Woche wurde Wirtschaftsminister Robert Habeck | |
stark kritisiert, aber vorher bekam er auch schon [4][Lob für seine | |
Kommunikation], weil er offen über Dilemmata und eigene Zweifel spricht. | |
Unterschiedliche Gesichtspunkte in Umlauf zu bringen und den Bürgerinnen | |
die Möglichkeit zu geben, sich selber ein Urteil bilden, ist prinzipiell | |
nicht schlecht. Und es ist auch ein Gegenprogramm zu den Merkel-Jahren, zu | |
denen immer die Klage gehörte: Sie redet nicht genug, sie erklärt nicht | |
genug, sie rechtfertigt sich nicht genug jenseits von technokratischer | |
„Alternativlosigkeit“. Gerade wenn man früher gesagt hat, uns fehlt da | |
etwas, sollte man jetzt auch konsistent sein, wenn eine andere Rhetorik im | |
Angebot ist. | |
Aber kann offen ausgestellte Unsicherheit nicht auch zusätzlich noch | |
stärker verunsichern? | |
Es gibt eine Unsicherheit, die genuin ist, weil man etwas wirklich nicht | |
weiß. Es gibt aber auch eine Unsicherheit, die eigentlich nur die Angst vor | |
der Entscheidung oder die Flucht vor irgendwas Unpopulärem ist. In der | |
Pandemie gab es ja Momente im Frühjahr 2021, da trat Peter Altmaier auf und | |
sagte: Wir wussten auch nicht, dass es so kommen könnte. Und dann wiesen | |
Expertinnen sofort darauf hin, dass manches schon x-mal erklärt und korrekt | |
vorhergesagt worden war. | |
Oft lohnt sich der Blick zurück in die Geschichte. Lässt sich aus dem | |
Kalten Krieg etwas für die aktuelle Situation lernen? | |
Wir sind immer auf der Suche nach Analogien, weil uns das eine gewisse | |
Sicherheit gibt. Aber die Situation heute ist im Großen und Ganzen doch so | |
anders, und die Kontrahenten sind auch sehr anders als damals, dass ich da | |
skeptisch wäre. Es ist auch nicht so offensichtlich, welche | |
Schlussfolgerungen man beispielsweise aus der Erfahrung der 1980er Jahre | |
ziehen soll: Maximale Härte gegenüber Autokratien, wie Neokonservative | |
immer predigen? Die subjektive Erfahrung meiner Generation deutet | |
vielleicht auch in eine andere Richtung. | |
Und die wäre? | |
Dass sich enorme Angstzustände – denken Sie nur an das Szenario: Reagan | |
macht einen Witz und drückt dabei auf den roten Knopf – plötzlich auflösen | |
können. Nur folgt aus der Erfahrung politisch nicht gerade viel für die | |
Gegenwart. Oder die mehr oder weniger bewusste Analogie, es wird schon | |
alles gut gehen, führt sogar in die Irre. Man darf an die Einsicht | |
erinnern, dass es eine der wichtigsten Aufgaben der Geschichtswissenschaft | |
ist, uns vor der Versuchung plausibler historischer Analogien zu bewahren. | |
10 Sep 2022 | |
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