# taz.de -- Wirtschaftsforum in Wladiwostok: Putin teilt gegen den Westen aus | |
> Der russische Präsident erklärt seine Weltsicht: Der Westen führe alle in | |
> den Abgrund, in der Ukraine werde er seine Pflicht bis zum Ende erfüllen. | |
Bild: Präsident Putin beim Austeilen auf dem Witschaftsforum in Wladiwostok am… | |
MOSKAU taz | Knapp 30 Minuten sprach Russlands Präsident Wladimir Putin an | |
seinem Stehpult auf dem 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok von | |
den Veränderungen in der Welt. In der Stadt am Pazifik erwähnte er die | |
„Vorzüge des globalen Ostens“ und erklärte den „Weg zu einer multipolar… | |
Welt“, wie das Forum im Fernen Osten Russlands überschrieben ist. Er sprach | |
über „freundliche und unfreundliche Länder“ – in solche teilt Russland … | |
Staaten seit dem Krieg in seinem Nachbarland ein. Ein Krieg, den es selbst | |
angefangen hat, aber euphemistisch als [1][„militärische Spezialoperation“] | |
bezeichnet. | |
Er diagnostizierte dem Westen einen „Sanktionsschüttelfrost“ und | |
unterstellte den USA, dass sie eine „Diktatur mit hoffnungsloser Währung“ | |
seien. Die EU bezeichnete er derweil als „Kolonisatoren, die nicht aufhören | |
zu lügen“, die nach Regeln leben, die nur ihnen selbst nützlich sind. Der | |
Westen betreibe gerade „wirtschaftliche und technische Aggression gegenüber | |
Russland“. Russland dagegen habe alles, um wirtschaftlich und sozial zu | |
gedeihen. Wladiwostok sei ein Tor nach Osten, dem er mit vielerlei | |
Finanzierungsprogrammen zum Bau neuer Wohnviertel und Unternehmen, zum | |
weiteren Aufschwung verhelfen wolle. | |
Es ist die gewohnte Putin’sche Rhetorik: der Westen als Übel in der Welt, | |
Russland als das starke, souveräne Land, das sich diesem Übel trotz aller | |
Nadelstiche entgegenstellt. Schon setzte sich der Präsident aufs Podium zu | |
seinen Gästen aus Myanmar, China und Armenien, und Ilja Doronow, der | |
Moderator gab sich kritisch und sagte: „Sie haben die Ukraine mit keinem | |
Wort erwähnt.“ „Ist sie denn in dieser Region?“, sagte Putin mit einer | |
gewöhnlichen Portion Zynismus. | |
„Wir haben nichts verloren“ | |
Das Ergebnis dessen, was gerade passiere, so fährt er fort, sei die | |
„Stärkung der Souveränität Russlands“. „Wir haben nichts verloren und … | |
werden nichts verlieren.“ Die Polarisierung, auch innerhalb russischer | |
Familien, geschehe „zum Wohle des Landes“: „Unbrauchbares, Schädliches w… | |
abgestoßen.“ Russland habe lediglich „spiegelbildlich auf Handlungen | |
unseres potenziellen Feindes“ reagiert: „Auf bewaffnetem Weg. Wir haben das | |
bewusst getan.“ Die Situation verändere sich zum Besseren. „Wir werden | |
unsere Pflicht bis zum Ende erfüllen.“ | |
Russland werde keinen Schritt weichen, bevor das „Ziel“ der | |
„Spezialoperation“ nicht erreicht sei, das sagt Russlands Präsident immer | |
wieder. Seine Propagandist*innen tragen es – durchaus erfolgreich – | |
ins Volk. [2][Das „Ziel“], mag es sich in einzelnen Sätzen und Ausdrücken | |
auch immer wieder ändern, ist die Vernichtung der Ukraine. Und doch sagte | |
Putin auch in Wladiwostok immer wieder: „Wir haben nichts angefangen.“ | |
Oder: „Was haben wir denn damit zu tun?“ | |
Jegliche Kritik wird als „Unsinn“ und „Fantasie“ abgetan. Gas und Öl a… | |
Waffe? „Wir sind außen vor“, sagte Putin. Europa sei „auf Druck der | |
Amerikaner“ in der Sanktionssackgasse gelandet und schade sich selbst. | |
Russland erfülle alle Verträge. [3][Nord Stream 2] könne sofort | |
eingeschaltet werden. „Wir müssen nur den Knopf drücken.“ | |
Putin hat sich in seinem Irrglauben verfangen, die Ukraine sei Russland, | |
hat sein Land in eine Spirale von einem übergroßen Feind im Westen, der | |
Russland in seinem Gedeihen vernichten wolle, hineinmanövriert und bedient | |
mit Mitteln der Gewalt dieses Narrativ der verdrehten Tatsachen. In manchen | |
Ländern greift dieses Narrativ. China steht Moskau bei, afrikanische Länder | |
sehen für sich neue Möglichkeiten und auch manche Europäer*innen zeigen | |
sich geradezu begeistert über die „tektonischen Verschiebungen“, wie | |
Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl die Entwicklungen in der Welt | |
in Wladiwostok nannte. Kritik an Putins Verdrehungen? Äußerte sie, die mit | |
Putin auf ihrer Hochzeit tanzte, freilich nicht. | |
7 Sep 2022 | |
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Inna Hartwich | |
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