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# taz.de -- Staatstreue Medien in Russland: Neue Narrative für den Krieg
> In einer Handreichung an staatstreue Medien gibt die russische Regierung
> vor, wie über den Krieg in der Ukraine berichtet werden soll.
Bild: Die russische Regierung möchte ihre Soldaten als Befreier dargestellt se…
Je länger sich Russlands Krieg gegen die Ukraine hinzieht, ohne dass
nennenswerte „Erfolge“ zu verzeichnen wären, desto mehr gerät der Kreml
gegenüber der eigenen Bevölkerung in Erklärungsnot. Das ist wohl mit ein
Grund dafür, dass auch die staatlichen Medien, ohnehin schon an vorderster
Front für die „Spezialoperation“ unterwegs, jetzt noch einmal [1][kräftig
nachrüsten sollen].
Das zeigen zwei Handreichungen aus der russischen Präsidialverwaltung von
Mitte Juli. Sie legen fest, wie fortan über den Krieg, der offiziell so
nicht heißen darf, berichtet werden soll. Die Anweisungen liegen der
Redaktion der russischen oppositionellen Webseite Meduza vor, die ihren
Sitz in Lettlands Hauptstadt Riga hat.
Um den Ukrainekrieg zu rechtfertigen und den Russ*innen dessen Ziele
näher zu bringen, werden in den Handreichungen zwei Bespiele aus der
älteren russischen Geschichte bemüht: die Annahme des orthodoxen
Christentums im Jahr 988 unter [2][Großfürst Wladimir dem Großen] (Taufe
der Rus) sowie die Schlacht an der Newa 1240. Aus dem Gemetzel zwischen
schwedischen Truppen und der Leibgarde des russischen Fürsten Alexander
Jaroslawitsch ging Letzterer als Sieger hervor.
## Historische Ereignisse als Vorlage
Wie die Taufe der Rus lege auch der Krieg gegen die Ukraine die
staatlichen Grundlagen für Russland sowie für dessen Entwicklung in den
nächsten Jahrhunderten, erfahren interessierte Leser*innen. Dieser Umstand
sei dem Zusammenhalt der Gesellschaft zu verdanken, die sich um die Armee
und den strategischen Kurs des Präsidenten schare: „Russland kann wieder
seine Mission erfüllen – die Unterdrückten zu verteidigen.“
Die Frage, wer schuld ist an diesem Krieg, bleibt nicht unbeantwortet: der
„kollektive Westen“. Seit Menschengedenken trachte er danach, Russland
einzudämmen, zu schwächen, zu zerstückeln und vollständig zu zerstören –
vor allem, um sich Zugang zu wichtigen Ressourcen zu verschaffen. Mit
seinen Waffenlieferungen an die Ukraine wolle der Westen das Land zu einem
Vorposten machen, um Russland anzugreifen, heißt es in den Papieren der
Präsidialverwaltung.
Als ein Ziel der „Spezialoperation“ wird der Kampf gegen Ungläubige
genannt. Dazu gehören auch die ukrainischen Soldaten, die Ritualmorde
begingen sowie Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde benutzten:
„Für die Ukrnazisten existiert keine Moral, für ihre Gräueltaten fürchten
sie die Strafe Gottes nicht. Viele von ihnen sind offene Satanisten und
Anhänger menschenfeindlicher Sekten.“
## Angriffskrieg als „Präventivschlag“
Als wäre der Kampf gegen die Ungläubigen nicht schon Kriegsgrund genug,
bringen die Autoren der „Presserichtlinien“ noch ein weiteres Argument an:
In Wahrheit sei der Ukrainekrieg auch als „Präventivschlag“ zu verstehen.
„Die Führung Russlands und persönlich Wladimir Putin haben einen Angriff
auf Russland nicht zugelassen. Die Entscheidung, mit der Spezialoperation
gegen die Ukraine zu beginnen, hat es möglich gemacht, eine Wiederholung
des 22. Juli 1941 zu verhindern, als nazistische Truppen russisches
Territorium angriffen“, ist in den Handreichungen zu lesen.
Die werden als Stichwortgeber von [3][staatstreuen Medien] bereits eifrig
genutzt. So lässt das Webportal Gazeta.ru in einem Beitrag vom 28. Juli mit
dem Titel „Die Taufe Russlands und die Spezialoperation der Ukraine: Was
haben sie gemeinsam?“ Experten zu Wort kommen. „Das Kiewer neonazistische
Regime hat acht Jahre friedliche Bürger*innen im Donbass bombardiert und
mehr als 14.000 Menschen getötet, darunter Hunderte unschuldiger Kinder“,
erläutert der Politologe Alexander Rudakow. Auch das Portal FederalPress
widmet sich der Erzählung, ebenfalls am 28. Juli, unter der Überschrift
„Durch Glauben, Feuer und Schwert“: Von der Taufe der Rus zur
Spezialoperation“. Hier finden sich gleich mehrere Absätze, die wörtlich
von der Vorlage übernommen sind.
Die staatlichen Medien könnten im Kontext des Ukraine-kriegs zu noch
weiteren Geschichtsstunden verdonnert werden. So jedenfalls zitiert das
Portal Meduza die Einschätzung zweier Quellen aus dem Umfeld der
Putin-Verwaltung, die namentlich jedoch nicht genannt werden: „Intrigen des
Westens sind überall zu finden.“
3 Aug 2022
## LINKS
[1] /Interview-ueber-russische-Medien/!5838715
[2] /Erinnerungskultur-in-Russland/!5354495
[3] /Russlands-Mediensystem/!5850570
## AUTOREN
Barbara Oertel
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