Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Debatte um Insolvenzwelle: Habeck hat Recht
> Die Kritiker*innen des Wirtschaftsministers sind die Blamierten. Er
> kommuniziert derzeit grottenschlecht, doch eine „Habeck-Dämmerung“ gibt
> es nicht.
Bild: Bis zum nächsten Bundestagswahlkampf ist Robert Habecks Maischberger- un…
Die Häme, die über Wirtschaftsminister Robert Habeck nach seinem
Maischberger-Auftritt ausgeschüttet wurde, ist schon erstaunlich. Schnell
waren sich Medienvertreter*nnen und politische Gegner*nnen einig,
dass er sich beim Thema Insolvenz vollkommen blamiert hat. Tatsächlich aber
sind Habecks Kritiker*innen die eigentlich Blamierten.
Denn natürlich kann ein Unternehmen schließen, ohne insolvent zu sein. Im
Jahr 2021 wurden beispielsweise [1][538.800 Gewerbe abgemeldet], aber nur
[2][13.993 Unternehmen gingen in die Insolvenz]. Habeck hat Recht und
deswegen [3][wundern sich viele Ökonomen] auch über die Kritik an seinen
Äußerungen.
Auf Mallorca, Korfu oder Hiddensee sind die meisten Geschäfte, Cafés und
Restaurants den Winter über geschlossen, weil sie ihr Geld in der
Sommersaison verdienen. Auch das hat selbstredend nichts mit Insolvenz zu
tun.
Während des Coronalockdowns wurden massenhaft Geschäfte dicht gemacht und
Produktionen gedrosselt oder eingestellt. Die Betriebe sind deshalb nicht
gleich insolvent. Sie können Rücklagen oder Betriebsvermögen haben, das
sich nutzen lässt. Oder, wie im Fall Corona, der Staat hilft mit
Kreditbürgschaften, Zuschüssen und Kurzarbeitergeld, um eine Pleitewelle
abzumildern.
Genau das deutete [4][Habeck bei Maischberger] an und macht es in der
Haushaltsdebatte im Donnerstag konkreter: Es wird einen breiten
Rettungsschirm für Unternehmen und massive Finanzhilfe für kleine sowie
mittlere Unternehmen geben.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Habeck in der Kommunikation schwer
nachgelassen hat. Sei es durch fortschreitende Überarbeitung, wachsenden
Druck oder zunehmende Arroganz. Wenn es darum geht, den Menschen zu
erklären, warum beim Stromsparen jede Kilowattstunde zählt, das AKW Emsland
([5][Jahresleistung: 11 Milliarden Kilowattstunden]) aber nicht gebraucht
wird, kommen die immer gleichen, leicht genervten Nichtantworten.
Überzeugen kann man damit die [6][Mehrheit, die eine Laufzeitverängerung
befürwortet], sicher nicht.
Bei Maischberger hatte man zudem teilweise den Eindruck, als flüstere
Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Vorliebe für Eigenlob Habeck ins Ohr.
Seine AKW-Notreserve-Entscheidung sei „abgewogen, richtig und klug“. Sein
Lösungsvorschlag „angemessen und richtig“, die Debatte um längere
AKW-Laufzeiten „nicht die richtige Debatte“. Er habe „bessere Antworten�…
nämlich „kluge und vorbereitete“. Da klopft sich einer selbst auf die
Schulter, weil andere es nicht tun.
Deshalb aber gleich eine Habeck-Dämmerung heraufzubeschwören, ist unsinnig.
Bis zum nächsten Bundestagswahlkampf ist dieser Maischberger-Auftritt oder
der Gasumlagenmurks längst vergessen. Es wird darauf ankommen, wie
Deutschland den Winter übersteht und die Energiekrise gemeistert wird, wie
schlimm die erwartete Rezession wird und ob die Lasten sozial gerecht
verteilt werden. Am Ende geht es um den Zusammenhalt der Gesellschaft
angesichts des Krieges in Europa, nicht um die richtige Definition von
Insolvenz.
8 Sep 2022
## LINKS
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73668/umfrage/aufgabe-von-un…
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4903/umfrage/anzahl-von-unte…
[3] https://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/diw-chef-marcel-fratzsch…
[4] https://www.ardmediathek.de/video/maischberger/robert-habeck-ueber-entlastu…
[5] https://www.rwe.com/der-konzern/laender-und-standorte/kernkraftwerk-emsland
[6] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/4903/umfrage/anzahl-von-unte…
## AUTOREN
Silke Mertins
## TAGS
Robert Habeck
Energiekrise
Ukraine
Maischberger
Insolvenz
GNS
Anti-Atom-Bewegung
Grüne
Rettungsschirm
Robert Habeck
Schwerpunkt Atomkraft
Energiekrise
Energiekrise
Robert Habeck
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verlängerung der Laufzeiten: Es liegt am Atom-Bedarf im Süden
Macht nur der obskure Strommarkt die AKW-Reserve notwendig? Rufe nach
Neuorganisierung werden laut.
Grüne Kanzlerkandidatur: Zurück in die Zukunft
Die Grünen wollen künftig über die Kanzlerkandidatur per Urwahl
entscheiden. Für eine Partei, die noch immer für Basisdemokratie stehen
will, ist das eine gute Idee.
Insolvenzen in Deutschland: Erfolg der Wirschaftspolitik
Die Zahl der Insolvenzen liegt erstaunlich niedrig – ein grandioser Erfolg
von Kurzarbeitergeld und Rettungskrediten. Genau davon braucht es jetzt
mehr.
Gute Tote, schlechte Lebendige: Drei von den andren, zwei für CDU
Konrad Adenauer wurde mit 73 erstmals Bundeskanzler, da ist für Charles
noch alles drin. Und beim RBB soll es eine junge Neue richten.
Habecks Plan für Reserve-AKW: Technisch sehr anspruchsvoll
Die Atomwirtschaft hält das Wiederanfahren von Reaktoren binnen einer Woche
kaum für möglich. Zudem fehlen Erfahrungen für ein solches Manöver.
Wagenknecht-Auftritt im Bundestag: Schlimmer geht immer
Sahra Wagenknecht betreibt in ihrer Rede im Bundestag AfD-Rhetorik. Dass
Teile der Linksfraktion applaudieren, zeigt deren Orientierungsverlust.
Wirtschaftsminister in Bedrängnis: Grüner im Gegenangriff
Beim Umgang mit Energiekrise und Inflation agierte der
Bundeswirtschaftsminister zuletzt unglücklich. Im Bundestag verteidigte
sich Habeck nun offensiv.
Energiekrise trifft Unternehmen: Habeck verspricht Hilfe für Firmen
Der Wirtschaftsminister hat einen Rettungsschirm angekündigt. Er will in
der Energiekrise insbesondere kleine und mittlere Firmen unterstützen.
Streit um Reserve-Atomkraftwerke: Habeck weist Zweifel zurück
Der Vorschlag des Wirtschaftsministers für einen Reservebetrieb von AKWs
sorgt bei Betreibern für Unverständnis. Habeck besteht auf seinen Plänen.
Äußerungen über Gasprioritäten: Habecks Kommunikations-Fauxpas
Laut Robert Habeck könnte die Bevorzugung von Privathaushalten kippen.
Debattenanstöße können klug sein – in diesen Zeiten funktionieren sie
nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.