# taz.de -- Treffen der Nato-Verteidigungsminister: Zeit fürs rote Telefon | |
> Nato-Manöver in Westeuropa sind das falsche Signal. US-Präsident Biden | |
> sollte sich jetzt schleunigst persönlich um Deeskalation bemühen. | |
Bild: Direkter Draht zwischen Moskau und Washington? | |
In der kommenden Woche wird mitten in Europa der Atomkrieg geübt. Am | |
belgischen Atomwaffenlager Kleine-Brogel, vermutlich aber auch am deutschen | |
Standort Büchel in der Eifel werden schwer bewaffnete Nato-Soldaten | |
trainieren, wie sie Wasserstoffbomben vom Typ B-61 abtransportieren und aus | |
Kampfjets über der Nordsee abwerfen können. | |
Völlig normal sei das, behauptet [1][Nato-Generalsekretär Jens | |
Stoltenberg]. Es handele sich bei „Steadfast Noon“, so der Name des | |
Manövers, um eine lang angekündigte Routineübung zur atomaren Abschreckung. | |
Niemand müsse sich Sorgen machen, sagte Stoltenberg beim Treffen der | |
Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. | |
Doch die Menschen machen sich Sorgen, und das zu Recht. Denn die Lage ist | |
nicht normal, sie ist todernst. Kremlchef Putin hat mit dem Einsatz von | |
Atomwaffen in der Ukraine gedroht, [2][US-Präsident Biden] warnt vor einem | |
nuklearen „Armageddon“. Die Situation erinnere an die Kubakrise, als es | |
fast zum Atomkrieg gekommen war, so Biden. | |
Wenn das so ist – und bei der Nato-Tagung hatte niemand Zweifel daran –, | |
dann setzen die USA und ihre Verbündeten mit „Steadfast Noon“ das falsche | |
Signal. Sie sollten jetzt nicht demonstrieren, dass sie einen Atomkrieg | |
führen können – sondern alles daran setzen, die drohende nukleare | |
Eskalation zu beenden. Biden muss schleunigst zum „roten Telefon“ greifen | |
und sich mit Putin auf Schritte zur Deeskalation verständigen. Damals, vor | |
60 Jahren, führte der direkte Draht zwischen Washington und Moskau zu einer | |
Lösung der Krise. Warum sollte das heute nicht auch möglich sein? | |
## Vier-Augen-Gespräch nicht ausgeschlossen | |
Putin hat immerhin Gesprächsbereitschaft bekundet: Beim anstehenden | |
[3][G-20-Treffen in Bali] könne er Biden treffen, ließ er seinen | |
Außenminister erklären. Auch der US-Präsident schließt ein | |
Vier-Augen-Gespräch offenbar nicht mehr kategorisch aus. | |
Doch die USA wollen nur aus einer Position der Stärke heraus verhandeln. In | |
Brüssel wurde daher der Druck auf Putin noch einmal erhöht. Man werde sich | |
nicht mit der Atomangst erpressen lassen, hieß die Botschaft der 30 | |
Alliierten. Diese Botschaft ist richtig – und brandgefährlich. Wenn Putins | |
Drohungen dafür genutzt werden, die Nato auf einen Atomkrieg vorzubereiten, | |
dann ist kein Ende der Eskalation in Sicht. Und wenn die USA mit direktem | |
Eingreifen drohen, gießen sie Öl ins Feuer. | |
In der Kubakrise haben die Amerikaner von sich aus das Richtige getan. | |
Diesmal muss Biden wohl zum „roten Telefon“ getragen werden. Warum helfen | |
die Europäer nicht nach? Der Atomkrieg würde in Europa ausbrechen, nicht in | |
den USA. Es ist im ureigenen europäischen Interesse, die Eskalation zu | |
beenden, bevor es zu spät ist. | |
14 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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