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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Gefahr von rechts
> Rassistische Gewalt ist in Berlin Alltag. Die Polizei nimmt die rechte
> Bedrohung oft nicht ernst, für Migrant*innen ist sie eine echte
> Gefahr.
Bild: Das Land Berlin zählt seit 1990 offiziell neun Todesopfer rechter Gewalt…
Rassistische Gewalt gegen (vermeintliche) Migrant*innen ist auch in der
sich gerne als weltoffene Metropole darstellenden Stadt Berlin Alltag. Für
das vergangene Jahr haben die Berliner Registerstellen [1][mit 4.841
Vorfällen einen neuen Höchststand von rechtsextremer, rassistischer,
LGBTIQ*- und behindertenfeindlicher Gewalt verzeichnet]. In diesem Jahr
dürfte es nicht besser aussehen, erst vor rund einer Woche wurde eine
[2][schwangere Frau mit Kopftuch in einem Doppeldecker-Bus in Wilmersdorf
von einem 20-Jährigen rassistisch beleidigt und in den Bauch getreten].
Die 27-Jährige hatte nach eigenen Angaben auf Arabisch telefoniert,
woraufhin der vor ihr sitzende junge Mann sie zunächst beleidigte und ihr
den Mittelfinger zeigte. Als sie in den unteren Teil des Busses floh,
folgte ihr der Mann, beleidigte sie weiter, spuckte ihr erst ins Gesicht
und hielt sie dann am Kopf fest, stieß ihr sein Knie in den Bauch und
versuchte, ihr das Kopftuch herunterzureißen. [3][Laut Polizei ließ der
Angreifer erst von ihr ab, als Mitfahrer*innen einschritten]. Der
Busfahrer verriegelte daraufhin die Türen, bis die Polizei eintraf.
Nicht immer gehen rassistische Angriffe so glimpflich aus. Zu Beginn der
1990er Jahre waren migrantische Jugendliche in Berlin immer stärker
werdendem Naziterror ausgesetzt, der in vielen Fällen tödlich endete. Etwa
im Fall des 19-jährigen Mete Ekşi, [4][der im Oktober 1991 in
Charlottenburg von dem Neonazi Michael S. mit einem Baseballschläger
tödlich verletzt wurde]. Oder im Fall des 24-jährigen Ufuk Şahin, der
[5][im Mai 1989 im Märkischen Viertel auf offener Straße von einem Neonazi
erstochen wurde]. Nicht zu vergessen der gewaltsame Tod des 28-jährigen
Amadeu Antonio Kiowa, [6][der 1990 in Eberswalde vor den Augen der Polizei
von einer Gruppe Neonazis gejagt und getötet wurde].
## Filmabend zu migrantischer Selbstverteidigung
Gemeinsam haben all diese Fälle, dass Polizei und Justiz keine
rechtsextremen Hintergründe entdecken konnten oder wollten. Für die
Migrant*innen war die Bedrohung durch Neonazis allerdings sehr real, in
Berlin schlossen sich vielerorts Jugendliche in Jugendgangs gegen rechts
zusammen. Die migrantische Selbstverteidigung gegen rassistische Übergriffe
Anfang der 1990er Jahre ist an diesem Freitag [7][Thema eines Filmabends in
der Zwille in der TU Berlin].
Der Film „Aufenthalt im Widerstand“ schildert den Fall von Ayhan Öztürk,
[8][der in einer Notwehrsituation einen deutschen Jugendlichen erstach]
sowie die rassistischen Morde an Mete Ekşi, Ufuk Şahin und Amadeu Antonio
Kiowa. In der 20-minütigen Dokumentation „Kämpfen lernst du auf der Straße…
berichten Mitglieder migrantischer Berliner Jugendgangs von
Rassismuserfahrungen, Angst vor den Folgen der Wiedervereinigung und dem
Zusammenschluss gegen rechts (Freitag, 12. August, 19 Uhr, Zwille, TU
Berlin, Fasanenstr. 1).
Die Veranstaltung ist Teil der Mobilisierung zur Gedenkdemo in
Rostock-Lichtenhagen am 27. August 2022, wo vor 30 Jahren ein [9][Mob aus
Hunderten Rechtsradikalen und Randalierern] in aller Öffentlichkeit
Migrant*innen [10][mit Brandsätzen und Steinen attackierten]. Das Pogrom
gehört zu den schwerwiegendsten rassistischen Ausschreitungen nach dem
Zweiten Weltkrieg. Anlässlich des 30. Jahrestages [11][organisiert ein
breites zivilgesellschaftliches und linkes Bündnis eine überregionale
Gedenkdemonstration]. Das antifaschistische Bündnis [12][„Deutschland ist
Brandstifter!“] organisiert eine gemeinsame Zuganreise aus Berlin zur Demo
(Samstag, 27. August, 8 Uhr, Südkreuz, Gleis 6).
## Demonstration für bezahlbare Kultur
Ein sehr viel erfreulicheres Jubiläum feiert an diesem Wochenende der
Punkrockschuppen SO36, der 1978 das erste Mal seine Türen im Herzen von
Kreuzberg öffnete. Seitdem hat sich einiges verändert, und das nicht
unbedingt zum Guten. Immobilienspekulation, Verdrängung und steigende
Preise durch Pandemie, Krieg und Inflation machen es zunehmend schwierig,
kulturelle Angebote zu machen, die sich auch Menschen mit wenig Geld
leisten können. „Auch wir müssen Getränke- und Eintrittspreise erhöhen, um
faire Löhne und Gagen zahlen zu können und mit den steigenden Mieten und
Nebenkosten umzugehen“, so die Betreiber*innen.
Sie wollen den Geburtstag daher dazu nutzen, [13][für den Erhalt
bezahlbarer Kultur zu demonstrieren]. Am Freitag soll es vor dem SO36 eine
Kundgebung mit Redebeiträgen, Getränken und Konzerten geben, in einer
Ausstellung werden Fotos aus den letzten zwei Jahrzehnten SO36 gezeigt und
zu späterer Stunde wird dann aufgelegt und angestoßen: „Auf 44 Jahre SO36 �…
44 Jahre gemein und nützlich.“ Das alles zu einem bezahlbaren Preis von 5
Euro (Freitag, 12. August, 18 Uhr, SO36, Oranienstr. 190).
## 50 Jahre selbstverwaltete Jugendarbeit
Nicht nur die Punks aus dem SO36 können mittlerweile auf eine langjährige
Geschichte zurückblicken, auch die Jugendarbeit in selbstverwalteten
Zentren ist alles andere als jung: 50 Jahre ist es mittlerweile her, dass
sich die [14][Gruppe „Sozialpädagogische Sondermaßnahmen Berlin“ (SSB)
Räume vom Bezirksamt Schöneberg erhandelte] und das selbstverwaltete
Jugendzentrum Drugstore gegründet wurde. Mittlerweile wurden die
Jugendlichen aus ihrem [15][angestammten Platz in der Potsdamer Straße 180
verdrängt] und machen ihr Programm aus dem Exil. Denn trotz des bereits im
Juni 2019 unterschriebenen Mietvertrags sind die versprochenen neuen Räume
in der Potsdamer Straße immer noch nicht bezugsfertig.
[16][Gefeiert werden soll aber trotzdem und das gleich eine ganze Woche
lang]. An diesem Freitag geht es los mit Cocktails, Live-Bands und einer
Feuershow im Tommyhaus, am Samstag wird dann mit einer Theateraufführung,
einer Filmvorführung und einer Lesung über die Geschichte der
selbstverwalteten Jugendarbeit informiert. Nächstes Wochenende geht es dann
weiter mit Ausstellungen, Vorträgen, einer Kundgebung und natürlich jeder
Menge Musik (Freitag, 12. August – Sonntag, 21. August,
Tommy-Weisbecker-Haus, Wilhelmstr. 9).
9 Aug 2022
## LINKS
[1] /Zahlen-zu-rechter-Gewalt-in-Berlin/!5841638
[2] /Rassistischer-Angriff-in-Berlin/!5868206
[3] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/2022/pressemitteilung.123215…
[4] /!1694103/
[5] /!1812152/
[6] /Rassismus-in-Ostdeutschland/!5131054
[7] https://radar.squat.net/cs/node/413035
[8] /Haftbefehl-aufgehoben--kein-Mordverdacht-gegen-Ayhan-Oeztuerk/!1725009/
[9] /Die-taz-1992-ueber-Lichtenhagen/!5085785
[10] /Die-taz-1992-ueber-Lichtenhagen/!5085782
[11] https://gedenken-lichtenhagen.de/
[12] https://deutschlandistbrandstifter.noblogs.org/
[13] https://www.so36.com/produkte/49310-tickets-44-jahre-so36-so36-berlin-am-1…
[14] http://ssb.tommyhaus.org/ssb-drugstore
[15] /Legendaerer-Jugendclub-in-Berlin/!5840655
[16] https://www.tommyhaus.org/50-jahre-ssb
## AUTOREN
Marie Frank
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