# taz.de -- Zahlen zu rechter Gewalt in Berlin: Mehr Angriffe sichtbar | |
> Berliner Registerstellen verzeichnen Höchststand rechter, rassistischer | |
> und antisemitischer Vorfälle – auch weil mehr Partnerorganisationen | |
> mitmachen. | |
Bild: Tatort Haltestelle: Viele Vorfälle spielen sich Tag für Tag im öffentl… | |
BERLIN taz | Erneut haben die Berliner Registerstellen eine Zunahme von | |
rechtsextremen, rassistischen, LGBTIQ*- und behindertenfeindlichen | |
Vorfällen vermeldet. 2021 wurden den in allen 12 Bezirken vorhandenen | |
Registerstellen und ihren Partnerorganisationen 4.841 Vorfälle (2020: | |
3.422) gemeldet, eine Steigerung um 26 Prozent. „Das ist ziemlich viel“, | |
befand Kati Becker, Leiterin der Registerstellen, am Dienstag. Wobei die | |
Zahlen [1][auch im vorigen Jahr] den damaligen Höchststand markierten. | |
Die einzige Zahl, die gesunken ist, ist die der (körperlichen) Angriffe | |
(2020: 372; 2021: 294). Das liege daran, so Becker, dass das LKA aus | |
Datenschutzgründen seine Zahlen nicht mehr zur Verfügung stelle. Die | |
auffälligsten Steigerungen gibt es bei den antisemitischen Vorfällen (2020: | |
2.234; 2021: 2.951) sowie den Fällen von struktureller Diskriminierung | |
(2020: 174; 2021: 398). Bei der Art der Delikte ist Propaganda (2020: | |
2.234; 2021: 2.951) weiterhin mit über 60 Prozent die größte Kategorie. | |
Hierunter zählen etwa die Benutzung von NS-Symbolen und | |
Holocaust-Vergleichen, mit denen [2][Coronaleugner und | |
Querdenker*innen] die Pandemiepolitik kritisieren. 2021 seien zudem die | |
Bundes- und Abgeordnetenhauswahlen ein weiterer Anlass für rechtsexterme | |
Propaganda im Stadtbild und im Internet gewesen, so Becker. | |
Auch der im Frühjahr 2021 aufgeflammte palästinensisch-israelische Konflikt | |
sei vielfach „zum Anlass genommen worden, antisemitisch zu handeln“, | |
ergänze Julia Kopp, von der Recherche- und Informationsstelle | |
Antisemitismus (RIAS), einem der Kooperationspartner. Der Konflikt in | |
Nahost gebe jedoch, wie die Pandemie, nur eine „Gelegenheitsstruktur“ für | |
Antisemitismus – sei also kein Grund, betonte sie. Gewalt gegen die | |
Sichtbarkeit jüdischen Lebens zeige sich auch losgelöst von solchen | |
Anlässen. Beispiel dafür seien etwa vier zerstörte Chanukka-Leuchter im | |
Dezember in vier Bezirken. | |
## Therapeutische Hilfe | |
Den großen Anstieg bei struktureller Diskriminierung führte Becker vor | |
allem auf das wachsende Netzwerk der Kooperationspartner zurück. Mehr | |
Beratungsstellen im Bereich Antidiskriminierung stellten den Registern ihre | |
Daten zur Verfügung. 86 Prozent dieser „strukturellen Fälle“ hätten einen | |
rassistischen Hintergrund. Becker: „Sie steigen nicht an, weil sie häufiger | |
passieren, sondern weil sie dank der Beratungsstellen und der Betroffenen, | |
die sie melden, sichtbarer werden.“ | |
Insgesamt sind 29 Prozent aller Vorfälle rassistisch motiviert (2020: | |
1.306; 2021: 1.428). Zu den Stellen, die solche Fälle melden, gehört auch | |
die Beratungsstelle von Each One Teach One (Eoto). Dort habe es im vorigen | |
Jahr 177 Meldungen zu anti-schwarzem Rassismus gegeben, sagte Joanna James, | |
Leiterin der Eoto-Beratungsstelle. Auffällig fand sie, dass fast die Hälfte | |
der Ratsuchenden einen Bedarf an therapeutischer Hilfe geäußert habe, „weil | |
[3][Rassismuserfahrungen eine anhaltende psychische Belastung] für sie | |
sind“. | |
30 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Diskriminierung-in-Berlin/!5758346 | |
[2] /Querdenker-und-Coronaleugner/!5815542 | |
[3] /Umfrage-unter-Schwarzen-Menschen/!5819300 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Antisemitismus | |
antimuslimischer Rassismus | |
Verschwörungsmythen und Corona | |
Antisemitismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Dirk Behrendt | |
antimuslimischer Rassismus | |
Kriminalstatistik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rassistischer Angriff in Berlin: Eingreifen, schon vor der Tat | |
Bei einem rassistischen Angriff in einem Berliner Bus griffen Zeugen | |
beherzt ein. Zivilcourage ist wichtig, findet unser Autor. Doch es braucht | |
mehr. | |
Coronaleugner demonstrieren in Berlin: Protestwoche der Nimmermüden | |
Bis zu 2.000 Coronaleugner zogen gegen die Pandemiepolitik und für Russland | |
durch Berlin. Bis Samstag sollen die Proteste weitergehen | |
Antisemitismus in Berlin: Kontinuierliches Problem | |
Die Zunahme antisemitischer Vorfälle in Berlin ist laut der Recherchestelle | |
RIAS nicht mit Pandemie oder Nahostkonflikt zu erklären. | |
Register-Mitarbeiterin über Rassismus: „Unterwegs Sticker entfernen“ | |
Kiezspaziergänge zum Tag gegen antimuslimischen Rassismus: Berlins Register | |
zeigen Hotspots rechter Mobilisation und des Gegenprotests. | |
Diskriminierung in Berlin: Raus aus dem Dunkelfeld | |
Trotz pandemiebedingter Einschränkung des öffentlichen Lebens verzeichnet | |
Berlin 2020 mehr rassistische und antisemitische Vorfälle. | |
Gewalt gegen LGBTIQ*-Community: Dunkelfeld im Regenbogen | |
Auch queere Frauen erleben viel Diskriminierung – und zeigen sie selten an. | |
Das zeigte das bundesweit erste Monitoring zu antiqueerer Gewalt. | |
App gegen Diskriminierung: „AnDi“ geht an den Start | |
In der neuen Anti-Diskriminierungs-App des Senats können Betroffene | |
Vorfälle eintippen und einsprechen. Sie soll das Bewusstsein für | |
Diskriminierung schärfen. | |
Angriffe auf Kopftuchträgerinnen: Gefährliche Sichtbarkeit | |
Die tätlichen Angriffe auf Muslimas mit Kopftuch in Deutschland häufen | |
sich. Das ist nicht nur eine Folge des gesellschaftlichen Rechtsrucks. | |
Rassistisches Klima in Berlin: Rechte Gewalt nimmt zu | |
Rechte und antisemitische Gewalttaten in Berlin und Brandenburg sind | |
angewachsen. Beratungsstellen machen den Rechtsruck verantwortlich. |