| # taz.de -- Register-Mitarbeiterin über Rassismus: „Unterwegs Sticker entfer… | |
| > Kiezspaziergänge zum Tag gegen antimuslimischen Rassismus: Berlins | |
| > Register zeigen Hotspots rechter Mobilisation und des Gegenprotests. | |
| Bild: Vergangenen Oktober wurde in Lichtenberg eine III-Weg-Demo blockiert | |
| taz: Frau Lölhöffel, die Berliner Register dokumentieren extrem rechte | |
| Vorfälle von Gewalt bis Propaganda in ganz Berlin. Heute führen | |
| verschiedene Bezirksregister Kiezspaziergänge unter anderem zu | |
| antimuslimischem Rassismus durch. Was erwartet die Besucher*innen? | |
| Lea Lölhöffel: Wir gehen an Orte in der Stadt, an denen häufig rechte | |
| Gewalt stattgefunden hat und Propaganda verbreitet wurde. Anlass ist der | |
| Tag gegen antimuslimischen Rassismus. Wir wollen bei den Spaziergängen mit | |
| der Nachbarschaft und den Kiezakteuren ins Gespräch kommen, Eindrücke | |
| teilen und gemeinsam ein Zeichen setzen gegen rechte Aktivitäten und | |
| Rassismus. | |
| Welche Orte sind besonders markant? | |
| Der Spaziergang in Lichtenberg etwa beginnt am Prerower Platz in | |
| Hohenschönhausen. Dort war am 1. Mai immer ein Stand der NPD. Der Ort | |
| blickt auf eine 25-jährige Geschichte rechter Mobilisierung zurück. Aber | |
| ebenso gibt es im Kiez auch zivilgesellschaftliche Gegenwehr. Wir besuchen | |
| auch Orte des zivilgesellschaftlichen Engagements: etwa den Verein für | |
| aktive Vielfalt, der seit 20 Jahren das Bunte-Platte-Festival ausrichtet. | |
| Ebenso gehen wir an den Ort, wo der Marsch der Neonazi-Organisation III. | |
| Weg im vergangenen Oktober blockiert wurde. Und unterwegs wird es | |
| vermutlich die Möglichkeit geben, propagandistische Sticker zu entfernen. | |
| Was passiert in Neukölln, dem Bezirk, in dem es eine noch immer | |
| unaufgeklärte Anschlagsserie gegen zivilgesellschaftlich Engagierte gibt? | |
| Der Rundgang dort führt durch Nord-Neukölln und beginnt am Boddinplatz. Im | |
| Schillerkiez wurden zuletzt viele rechte Sticker des III. Wegs geklebt. | |
| Der überwiegende Teil der Anschlagsserie passierte im Süden Neuköllns. | |
| Trauen die Neonazis sich jetzt vermehrt in den Norden? | |
| In Neukölln gibt es seit vielen Jahren neonazistische Aktivitäten im | |
| gesamten Bezirksgebiet. Neonazis können sich auch im Norden Neuköllns frei | |
| bewegen. Und es ist kein Zufall, dass sie gezielt dort Propaganda machen: | |
| in einem kulturell vielfältigen Kiez, wo auch viele Linke leben. Sie wollen | |
| zeigen, dass sie sich dort hintrauen. Umso wichtiger ist es, darüber zu | |
| sprechen, um eine Solidarisierung der Nachbarschaft zu erreichen. Zudem | |
| legen wir beim Kiezspaziergang in Neukölln den Fokus auf antimuslimischen | |
| Rassismus. | |
| Wie unterscheidet sich diese Form des Rassismus zu anderen | |
| Diskriminierungen? | |
| Antimuslimischer Rassismus richtet sich gegen Muslime und Menschen, die so | |
| wahrgenommen werden. Allerdings ist der eigene Glaube keine | |
| Voraussetzungen, um Zielscheibe zu werden – es genügt, von Täter*innen | |
| so eingeordnet zu werden. Täter ethnisieren Menschen, erfinden eine | |
| vermeintliche Zusammengehörigkeit, um sie dann rassistisch abzuwerten. | |
| Wenn man mit Betroffenen von antimuslimischen Rassismus spricht, ist | |
| manchmal die Rede davon, dass nach den Anschlägen vom 11. September | |
| plötzlich alles anders war. Stimmt diese Wahrnehmung? | |
| Es gab zwar schon vorher Rassismus gegen Menschen, die als Muslime | |
| wahrgenommen werden, aber der 11. September war definitiv eine Zäsur. Erst | |
| danach ist das Phänomen so krass aufgetreten. Rassistische Vorurteile wurde | |
| um das Narrativ des islamistischen Attentäters ergänzt und pauschal allen | |
| zugeschrieben. Die Erfindung von Muslimen als ethnische Gruppe und | |
| Feindbild ist erst durch diese rassistische Zuschreibung passiert. | |
| Gab es weitere Zäsuren? | |
| Ja, die Sarrazin-Pamphlete haben hier in Berlin ganz konkret zur Abwertung | |
| beigetragen. Und kurz danach sind auch rechtspopulistische Bewegungen und | |
| Parteien erstarkt. Ein weiterer Höhepunkt sind die rassistischen | |
| Mobilisierungen gegen Geflüchtetenpolitik ab 2015. Ein Beispiel dafür waren | |
| Pegida und der Berliner Ableger Bärgida. Danach sind als Muslime | |
| wahrgenommene Menschen nochmal besonders in den Fokus von rassistischer | |
| Organisierung geraten. | |
| Welchen Rolle spielt dabei die AfD? | |
| Es gibt viele verschiedene Akteure auch jenseits der AfD, die | |
| antimuslimisch-rassistisch hetzen. Das reicht von Parteien, rechten | |
| Vereinen und Thinktanks wie der Bibliothek des Konservatismus bis hin zu | |
| Netzwerken der extremen Rechten wie der Identitären Bewegung. Aber die | |
| Ressourcen sind noch einmal höher, seit die AfD in den Parlamenten über | |
| Büros und Mitarbeiter verfügt. Bei vielen der Propaganda-Vorfälle, die wir | |
| als Register dokumentieren, können wir sagen, von wem sie kommen. Da ist | |
| das gesamte Spektrum der extremen Rechten vertreten. | |
| Welchen der Kiezspaziergänge würden Sie besonders empfehlen? | |
| Am Besten den in der eigenen Nachbarschaft! | |
| Spaziergänge starten um 16, 17 und 18 Uhr, mehr Infos auf | |
| [1][berliner-register.de]. | |
| 1 Jul 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://berliner-register.de/artikel/berlinweit/aktionstag-der-berliner-reg… | |
| ## AUTOREN | |
| Gareth Joswig | |
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| Dirk Behrendt | |
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