| # taz.de -- Rassismus in Berlin: Aus Worten werden Taten | |
| > Der Bericht der Berliner Register zeigt einen neuen Höchstwert | |
| > queerfeindlicher und antisemitischer Vofälle. Ihnen voraus gehen | |
| > Hass-Debatten im Netz. | |
| Bild: Denkmal für die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung am Magnus-Hirsc… | |
| Berlin taz | Erschütternd, alarmierend, eine deutliche Warnung: Das sind | |
| die Worte, die Politiker*innen für die Ergebnisse des Berliner | |
| Registers finden. Denn die Zahlen rassistischer, antisemitischer und | |
| queerfeindlicher Angriffe haben einen neuen Höchststand erreicht. Sie | |
| stiegen von 4.156 im Jahr 2022 auf 5.286 im Jahr 2023 an. Das geht aus dem | |
| Bericht hervor, den die Projektkoordinatorin der Sammelstelle für | |
| gewalttätige Vorfälle, Kati Becker, am Donnerstag vorstellte. | |
| Die Zahlen zeigten einen deutlichen Zusammenhang von Hass im digitalen und | |
| Vorfällen im öffentlichen Raum, sagt Becker. „Dynamiken im Internet, wie | |
| Desinformation, Hetze und Propaganda beeinflussen immer mehr das Geschehen | |
| auf der Straße“, sagt sie. Das zeige sich etwa bei den – insgesamt 778 – | |
| rassistischen Vorfällen: „Im Jahresverlauf sehen wir Ausschläge in Monaten, | |
| in denen online rassistische Debatten geführt wurden“, sagt Becker. Die | |
| Reduzierung komplexer Probleme auf rassistische Erklärungsmuster, wie bei | |
| der Silvester-, der Freibad- oder der Asylrechtdebatte erhöhten die | |
| gewalttätigen Vorfälle. | |
| [1][Bei LGBTIQ-feindlichen Vorfällen hat es eine Verdopplung von 239 auf | |
| 464 gegeben]. Die gemeldeten Fälle seien jedoch „nur die Spitze des | |
| Eisbergs“, sagt Anne Schaar, vom Anti-LGBTIQ-Gewaltprojekt L-Support. | |
| Ursachen für die Zunahme an Angriffen und Propaganda gegen queere Menschen | |
| sieht Becker unter anderem in Online-Kampagnen, wie dem „Stolzmonat“, einer | |
| Gegenkampagne zum Pride Month. | |
| ## Anstieg antisemitischer Taten | |
| Schließlich ist auch die Anzahl antisemitischer Vorfälle „sprunghaft | |
| angestiegen“: von 810 auf 1.113. „[2][Antisemitismus ist im Berliner | |
| Stadtbild deutlich sichtbarer geworden]“, sagt Ruth Hatlapa von der | |
| Recherche und Informationsstelle Antisemitismus. Besonders präsent seien | |
| antiisraelische Schmierereien, Plakate und Aufkleber. Auch hier sei ein | |
| „starker Einfluss“ von Online-Dynamiken zu dem Geschehen auf der Straße zu | |
| erkennen: „Nur wenige Stunden nachdem Videos des Angriffs der Hamas am 7. | |
| Oktober im Internet kursierten, gab es einen massiven Anstieg von | |
| Angriffen, Beleidigungen, Sachbeschädigungen und Veranstaltungen“, sagt | |
| Hatlapa. | |
| Ziel der Hass- und Desinformationskampagnen sei es aufzuhetzen, zu | |
| verunsichern, Hass zu schüren und zu polarisieren, so Becker. Und sie | |
| wirken: „[3][Das Sicherheitsgefühl der Jüd*innen ist in Berlin | |
| erschüttert]“, sagt Hatlapa. Viele sprächen in der Straße kein Hebräisch | |
| mehr, versteckten Ketten mit Davidsternanhängern oder entfernten die Mesusa | |
| von ihren Türen. | |
| „Die Funktionsweise politischer Kultur hat sich verändert“, fasst Becker | |
| zusammen. Die demokratisch legitimierte Politik könne kaum noch zeitnah | |
| reagieren, weil öffentliche Meinungen durch extrem schnelle | |
| Online-Dynamiken beeinflusst würden. „Die Gesellschaft muss sich mit | |
| Manipulation, Desinformation und der Funktionsweise von sozialen Netzwerken | |
| auseinandersetzen“, fordert Becker. Der Sprecher für Strategien gegen | |
| Rechts der Grünen, Ario Mirzaiem, kritisert: „Es mangelt dem Land Berlin an | |
| einer Gesamtstrategie gegen Rechtsextremismus und jede Form des | |
| Antisemitismus.“ Der Anstieg von Hasskriminalität müsse ein Weckruf für den | |
| schwarz-roten Senat sein. | |
| 11 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
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