| # taz.de -- Diskriminierung in Berlin: Raus aus dem Dunkelfeld | |
| > Trotz pandemiebedingter Einschränkung des öffentlichen Lebens verzeichnet | |
| > Berlin 2020 mehr rassistische und antisemitische Vorfälle. | |
| Bild: Protest gegen strukturellen Rassismus vor dem Berliner Abgeordnetenhaus, … | |
| Die Zahl der rechten, rassistischen und antisemitischen Vorfälle in Berlin | |
| hat im Jahr 2020 erneut einen Höchststand erreicht. Die Berliner Register | |
| listen in ihrem am Dienstag vorgestellten Bericht für das Jahr insgesamt | |
| 3.822 Fälle auf, im Durchschnitt 10 am Tag. 2019 waren es 3.277 Fälle. Ein | |
| Anstieg zeigt sich insbesondere bei antisemitischer und NS-Propaganda; | |
| Propagandadelikte machen insgesamt fast 60 Prozent aller gemeldeten Fälle | |
| aus. Hier gab es gegenüber 2019 eine Zunahme um 576 Taten. | |
| Die Register verzeichneten 372 gewalttätige Angriffe (2019: 390) sowie 632 | |
| Beleidigungen und Bedrohungen (2019: 594). Die Zahl der Vorfälle in diesen | |
| Kategorien blieb damit trotz weitläufiger Schließungen des öffentlichen | |
| Lebens auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr. Kati Becker, die Koordinatorin | |
| der Berliner Register, sieht das darin begründet, dass mehr Betroffene ihre | |
| Erfahrungen publik machten. Dazu beigetragen haben demnach sowohl | |
| antirassistische Communityangebote als auch die öffentliche Debatte, etwa | |
| die Aufarbeitung des Terroranschlags in Hanau sowie die | |
| Black-Lives-Matter-Bewegung. | |
| Jeff Kwasi Klein vom Projekt EACH ONE, das Anti-Schwarzen Rassismus | |
| dokumentiert, sieht trotz der gestiegenen Zahl registrierter Vorfälle nur | |
| einen Ausschnitt der täglichen Diskriminierungserfahrungen von Schwarzen | |
| Menschen abgebildet. Häufig bleibe rassistische Diskriminierung unsichtbar. | |
| Einen weiteren Trend sieht Kati Becker im Anstieg rechtsextremer und | |
| antisemitischer Inhalte. Wie die Zunahme von Propagandafällen insgesamt sei | |
| diese Tendenz auf einzelne Personen zurückzuführen, die täglich Hakenkreuze | |
| und andere Nazi-Symbole schmierten oder rechtsextreme Sticker verklebten. | |
| Der Anstieg von antisemitischen Vorfällen habe sich zum großen Teil online | |
| abgespielt, erklärt Becker: „Unter jedem Beitrag von jüdischen | |
| Einrichtungen im Internet finden sich antisemitische Kommentare.“ | |
| Im Lockdown verteilten sich rassistische Vorfälle zudem dezentraler auf die | |
| Wohngebiete, betont Becker: „Rassistische Angriffe gab es vermehrt dort, wo | |
| die Leute leben, wo sie einkaufen.“ | |
| Als weitere zentrale Entwicklung sieht der Register-Bericht die | |
| Veranstaltungen der Corona-Leugner. Zwei Drittel aller gelisteten | |
| Demonstrationen hatten demnach einen „Corona-Bezug“. Dabei sei es zu einem | |
| Schulterschluss diverser rechtsextremer Strömungen mit | |
| Verschwörungsmythiker:innen gekommen. Durch diese gemischte Szene | |
| sei eine deutlich größere Mobilisierung als in den Vorjahren möglich | |
| gewesen. Auf allen bisher dokumentierten Anti-Corona-Demos kam es demnach | |
| zu antisemitischen und Holocaust-relativierenden Aussagen. | |
| Positiv sieht der Bericht indes den Trend, dass Diskriminierungserfahrungen | |
| zunehmend transparenter würden. Durch die fortgesetzte Dokumentation dieser | |
| Fälle könnten Probleme wie struktureller Rassismus in Zukunft sichtbarer | |
| gemacht werden. | |
| 31 Mar 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Oscar Fuchs | |
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