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# taz.de -- Halbjahresbilanz zum Haushalt: Koalition uneins über Finanzlage
> Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) warnt davor, von Gewinnen zu
> sprechen. Für SPD-Fraktionschef Raed Saleh hingegen sind „2 Milliarden
> übrig“.
Bild: Daniel Wesener (Grüne) sieht bei der Finanzlage weniger Spielraum als SP…
Berlin taz | Für SPD-Fraktionschef Raed Saleh, zugleich Landesvorsitzender
der Sozialdemokraten, scheint die Lage klar: Weil der Berliner Haushalt zur
Halbjahresbilanz ein Plus von 2,3 Milliarden aufweist, sind das aus seiner
Sicht Gewinne des Staates, die zur Entlastung an die Bevölkerung
zurückgehen müssen. Dass soll am Freitag im Koalitionsausschuss von SPD,
Grünen und Linkspartei Thema sein. „Auch hier in der Stadt sind über zwei
Milliarden Euro übrig“, verbreitete Saleh via Presseinfo.
Finanzsenator Daniel Wesener von den Grünen sieht die Lage hingegen
deutlich anders. In der Pressekonferenz nach der dienstäglichen
Senatssitzung warnte er davor, in diesem zwischenzeitlichen Plus im
sogenannten „Statusbericht“ bereits Gewinne zu sehen. Dass bislang die
Einnahmen um den genannten Milliardenbetrag über den Ausgaben liegen, ist
aus seiner Sicht leicht erklärbar: Es liegt vor allem daran, dass das
Abgeordnetenhaus den Haushalt für 2022 und 2023 erst Ende Juni beschlossen
hat. In den ersten fast sechs Monaten des Jahres gab es somit keinen
gültigen Etat.
Vor allem Investitionen stauten sich daher. Wesener verwies unter anderem
auf beschlossene, aber noch nicht ausgegebene dreistellige Millionenbeträge
für die Flughafengesellschaft und für Umwandlung des früheren Flughafens
Tegel in die „Urban Tech Republic“. Auch beim Personal wird absehbar
nachgeholt, was im ersten Halbjahr nicht möglich war, nämlich Beförderungen
oder Einstellungen. Zudem erwartet Wesener deutlich sinkende
Steuereinnahmen. Von nun zu verteilenden Milliardengewinnen kann aus seiner
Sicht darum keinen Rede sein – „wenn wir Glück haben, werden wir Jahresende
bei einen ausgeglichenen Haushalt erreichen“, sagte der Finanzsenator.
SPD-Fraktionschef Saleh baut seine Forderung, mit dem derzeitigen
2,3-Milliarden-Saldo die Bevölkerung zu entlasten, auf seiner [1][jüngst im
taz-Interview] geäußerten Einschätzung auf, der Staat sei
Inflationsgewinner: Mit jedem teurer gewordenen Produkt nehme er über die
Mehrwertsteuer zusätzliches Geld ein. Dem SPD-Politiker zufolge sind das
bundesweit 60 Milliarden jährlich. „Diese Mehreinnahmen müssen zum Teil zur
Entlastung der Bevölkerung zurück gegeben werden“, forderte Saleh am
Dienstag erneut.
## Land muss auf Bund warten
Wesener stellte in der Pressekonferenz am Dienstag nicht Hilfen generell in
Frage. „Klar ist: Es wird und muss Entlastungen geben“, sagte er. Problem
des Landes Berlin und anderer Bundesländer ist bloß, erst Entscheidungen
auf Bundesebene abwarten zu müssen. „Das Land kann sich erst im Nachgang
ein Bild machen, wo noch Lücken sind“, sagte Wesener. Er nannte keine
konkrete Zahl, wie viel die Koalition dafür ausgeben will, zog aber
zumindest eine Untergrenze: Die 380-Millionen-Notfall-Rücklage im
Landeshaushalt werde vermutlich dazu nicht ausreichen.
Ob es deshalb nötig ist, dass das Abgeordnetenhaus einen Nachtragshaushalt
beschließt, ließ er offen – auch das hängt aus seiner Sicht von Art und
Umfang der Hilfen auf Bundesebene ab. Regierungschefin Franziska Giffey
(SPD) hatte vor knapp zwei Wochen bei einer Podiumsdiskussion der
Morgenpost einen solchen Nachtrag ins Gespräch gebracht.
Konkreter wurde Wesener mit Blick auf die Empfänger von Hilfsgeldern. „Das
Prinzip Gießkanne sollte ausgedient haben“, sagte er, die Unterstützung
soll Härtefällen zukommen. Als Beispiel nannte er jene, denen
Wohnungsverlust droht, weil sie die steigenden Heizkosten nicht zahlen
können.
Der Koalitionsausschuss, in dem am Freitag auch diese widersprüchlichen
Einschätzungen von Finanzsenator und SPD-Partei- und Fraktionschef
aufeinander treffen werden, ist ein inoffizielles, nicht in der
Landesverfassung vorgesehenes Gremium mit enormer Bedeutung. In ihm sitzen
die führenden Köpfe der drei Koalitionspartner zusammen und klären
grundsätzliche Fragen.
23 Aug 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Stefan Alberti
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