# taz.de -- Berliner Senat reagiert auf Gasknappheit: Kühler, aber nicht ganz … | |
> Die rot-grün-rote Landesregierung beschließt einen 10-Punkte-Plan, um den | |
> öffentlichen Energieverbrauch um mindestens zehn Prozent zu senken. | |
Bild: Dunkler und kühler sind angesichts der Gasknappheit die zentralen Begrif… | |
Berlin taz | Kühlere Büros und Sporthallen, keine geheizten Freibäder mehr | |
und schnelleres Umstellen der Straßenbeleuchtung von Gas auf LED-Leuchten: | |
Das sind zentrale Maßnahmen eines am Dienstag beschlossenen [1][10-Punkte | |
Programms], mit dem der rot-grün-rote Senat den Energieverbrauch in seinem | |
Zuständigkeitsbereich um mindestens zehn Prozent senken will. Vorgaben für | |
Privatunternehmen oder -haushalte sind dabei nicht vorgesehen: „Wir werden | |
nicht zu Verboten oder Vorgaben kommen“, sagte Regierungschefin Franziska | |
Giffey (SPD), „ich finde es besser, auf Kooperation zu setzen.“ Für Ende | |
September kündigte sie eine ebensolche Vereinbarung mit der Berliner | |
Wirtschaft an. | |
Der Energieverbrauch der sogenannten öffentlichen Hand, also der Landes- | |
und Bezirksverwaltungen, Schulen, öffentlichen Einrichtungen wie | |
Schwimmbäder und Sportstätten, macht nach Schätzung von Wirtschaftssenator | |
Stephan Schwarz (parteilos, SPD-nah) rund ein Zehntel des gesamten | |
Verbrauchs im Land aus. Sowohl Giffey als auch Schwarz erhoffen sich von | |
den nun beschlossenen Vorgaben für den öffentlichen Bereich auch eine | |
Vorbildwirkung in Berlin. Das Ganze soll „ab sofort“ gelten – was auch | |
heißt: In bislang beheizten Freibädern wird es schon in den nächsten Tagen | |
kühler. | |
Aus Giffey Sicht sind die jeweiligen Lebensumstände zu unterschiedlich, um | |
Privatpersonen gleichfalls ein konkretes Einsparziel vorzugeben – analog zu | |
den nun angestrebten zehn Prozent im öffentlichen Bereich. Zum wiederholten | |
Male sprach die Regierungschefin am Dienstag von „Achtsamkeit“ als Maßstab | |
für das persönliche Handeln – was für sie heißt: Immer im Kopf haben, wo | |
sich unnötiger Energieverbrauch vermeiden lässt. | |
Dabei griff sie ein Beispiel auf, das [2][am Donnerstagabend bei einer | |
Podiumsdiskussion] Caritas-Chefin Ulrike Kostka genannt hatte – eigentlich | |
habilitierte Moraltheologin und nicht Umweltberaterin – und das Giffey | |
weiterzutragen versprochen hatte: nur halb gefüllte und dadurch mehr Strom | |
verbrauchende Kühlschränke mit leeren Flaschen aufzufüllen. Konkret sollen | |
Büros von Land, Bezirken, nachgeordneten Behörden und Landesunternehmen nur | |
noch auf maximal 20 Grad geheizt werden. Bislang gibt es laut Senator | |
Schwarz eine „Soll-Temperatur“ von 21 Grad. Weniger ist wegen der | |
bundesweit geltenden Arbeitsstättenverordnung nicht möglich: Falls die sich | |
aber ändert, sollen es 19 statt 20 Grad sein. Auf Fluren ist künftig 16 | |
Grad das Maximum – wobei Wartebereiche davon ausgenommen sein sollen. | |
Sporthallen sollen auf höchstens 17 Grad beheizt werden. | |
## Ausnahme für Kitas und Grundschulen | |
Nicht betroffen von diesen Temperaturvorgaben sind laut Giffey auch | |
Grundschulen und Kitas. Nach taz-Informationen sind Flüchtlingsunterkünfte | |
ebenfalls ausgenommen. Die Regierungschefin machte klar, dass im | |
Zweifelsfall Gesundheitsschutz vor Energiesparen geht: Wenn es die | |
[3][Coronapandemielage] erfordert und zu kühle Außentemperaturen normales | |
Lüften nicht mehr ermöglichen, sollen in den Schulen Luftfilter trotz | |
Stromverbrauchs wieder zum Einsatz kommen. | |
Grundsätzlich mühten sich beide Senatsmitglieder, die Einsparungen als | |
vertretbar darzustellen. „Das heißt doch nicht, dass wir [4][Dunkeltuten] | |
haben in der Stadt“, sagte Giffey. Dunkel soll es auch beim – privat | |
finanzierten – „Festival of Lights“ nicht werden. Laut Senator Schwarz | |
wollen die Veranstalter aber die Dauer der Beleuchtung verkürzen. | |
Giffeys Vorstoß, Verbote und Vorgaben auszuschließen, könnte für Unmut in | |
der Koalition sorgen. Insbesondere Sozialsenatorin Katja Kipping | |
(Linkspartei) hatte stets betont, dass auch die Unternehmen reguliert | |
werden müssten. Konkret ins Spiel gebracht hatte Kipping etwa ein | |
Moratorium für Strom- und Gassperren sowie das Abschalten von | |
Leuchtreklamen. | |
Aus der Linkspartei hieß es dann auch am Dienstag, in diesen Fragen sei das | |
letzte Wort noch nicht gesprochen. „Was der Senat heute beschlossen hat, | |
ist ein notwendiger, aber nur ein kleiner Teil dessen, was getan werden | |
muss“, sagte Linken-Fraktionschef Carsten Schatz der taz. Man werde auch | |
über Regulierungen reden müssen. Hier könne Berlin auch eigenständig tätig | |
werden, obwohl in vielen Fragen der Bund gefordert sei. Denkbar ist laut | |
Schatz etwa ein Räumungsmoratorium für die öffentlichen | |
Wohnungsbaugesellschaften oder Zuschüsse für Privathaushalte, um Strom- und | |
Gassperren zu verhindern. | |
Zu diesen Fragen war bei der Pressekonferenz mit den Senatsvertretern | |
nichts zu hören. Giffey bekräftigte allerdings erneut ihre Position, den | |
vereinbarten Energie-Notfallfonds von 380 Millionen Euro aufzustocken. | |
Vergangene Woche hatte sie bei einer Abendveranstaltung eine mögliche Summe | |
von einer Milliarde Euro genannt und als Weg dahin einen Nachtragshaushalt | |
in Aussicht gestellt. Am Dienstag mochte sie nicht erneut so konkret | |
werden. | |
Explizit erwähnte die Regierungschefin hingegen [5][Bundesfinanzminister | |
Christian Lindner] (FDP) und sagte, Berlin müsse dort gegensteuern, wo der | |
Bund nicht ausreichend handle – auch mit Blick auf die Berliner | |
Unternehmen. Vermieden werden solle eine „Entlastungspolitik mit der | |
Gießkanne“, sagte Giffey. Es brauche aber Instrumente, um Menschen zu | |
entlasten, die angesichts der Energiepreise an ihre finanziellen Grenzen | |
stoßen. Wie, das ließ sie offen: „Das müssen wir ausloten.“ | |
16 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2022/pressemitte… | |
[2] /SPD-Chefin-trifft-auf-Oppositionsfuehrer/!5874179 | |
[3] https://www.berlin.de/corona/lagebericht/ | |
[4] https://www.sprachnudel.de/woerterbuch/Dunkeltuten | |
[5] /Kampf-gegen-die-Inflation/!5870569 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Timm Kühn | |
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