# taz.de -- Animationsfilm „Luck“: Pech muss man auch haben | |
> Im Land, wo das Glück gemacht wird: Der Film „Luck“ ist die erste | |
> Produktion von Skydance Animation. Er ist zumindest schon mal schön bunt. | |
Bild: Sam im Glücksland von „Luck“ | |
Wie nennt man es, wenn der Toast beim Runterfallen garantiert auf der | |
Marmaladeseite landet oder jede Ampel rot ist? Murphys Gesetz. Alles, was | |
schiefgehen kann, wird schiefgehen, besagt die Lebensweisheit. Die gerade | |
18 Jahre alt gewordene Sam – Hauptfigur in „Luck“, einem Animationsfilm, | |
der aktuell bei Apple TV+ zum Streamen bereitsteht – könnte das nur | |
bestätigen. | |
Bislang verlief ihr Leben nicht allzu rosig, ihre Kindheit hat sie in einem | |
Heim verbracht, doch nun steht sie auf eigenen Füßen. Nichts hätte sie | |
lieber als einen Glückspfennig, und genau den findet sie dank einer | |
schwarzen Katze, mit der sie eines Abends ein Sandwich teilt. Ein paar | |
Momente später findet sich Sam im Glücksland wieder, wo grün gekleidete | |
Kobolde und andere Fabelwesen das Glück der Menschen herstellen und mehr | |
oder weniger gerecht verteilen. | |
Wenn das Konzept einer fantastischen Welt, in der seltsame Wesen die Wege | |
der Menschen lenken, an [1][Filme wie Pixars „Alles steht Kopf“] oder | |
[2][„Soul“] erinnert, in dem Emotionen beziehungsweise gleich die Seele | |
produziert wurden, ist das sicher kein Zufall. | |
Denn „Luck“ ist der erste Film des Animationsfilmstudios „Skydance | |
Animation“, und dort ist seit drei Jahren John Lasseter in führender | |
Position beschäftigt. Genau der John Lasseter, der über 20 Jahre lang der | |
wichtigste Kopf bei Pixar war und entscheidend an der fast einzigartigen | |
Erfolgsserie des Animationsstudios beteiligt war. | |
## Pixar in Folge von #MeToo verlassen | |
Von 1995 bis 2009 produzierte Pixar zehn Filme, von „Toy Story über „Die | |
Unglaublichen“ bis [3][„Oben“], die bis auf „Toy Story 2“ allesamt | |
Originalgeschichten erzählten, durch die Bank kommerziell und künstlerisch | |
erfolgreich waren und insgesamt fünf Oscars als beste Animationsfilme | |
gewannen, eine Kategorie, die erst 2002 eingeführt wurde. | |
In der Folge kamen zwar weitere sechs Oscars hinzu, doch die Qualität und | |
vor allem Originalität der Filme ließen langsam nach, was auch daran lag, | |
dass aus kommerziellen Gründen zunehmend Fortsetzungen produziert wurden. | |
Lasseter selbst verließ Pixar 2017, als im Zuge von #MeToo Anschuldigungen | |
laut wurden, dass er Grenzen überschritten, Angestellte berührt und geküsst | |
habe. Bei Skydance Animation fand er bald eine neue Heimat und begann | |
sofort, die erste Produktion „Luck“ zu beeinflussen. | |
Der ursprüngliche Regisseur Alessandro Carloni verließ die Produktion wegen | |
der in solchen Fällen gern zitierten „künstlerischen Differenzen“ und wur… | |
von Peggy Holmes ersetzt, die bislang keine Erfahrung mit einer Produktion | |
dieser Größenordnung hatte. | |
Nicht die besten Vorzeichen für einen erfolgreichen Debütfilm eines | |
Studios, mit dem Apple auf dem lukrativen Animationsfilmmarkt gerne | |
etablierten Firmen wie Pixar oder DreamWorks Konkurrenz machen würde. Bis | |
dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg, denn „Luck“ erweist sich trotz | |
seines nicht uninteressanten erzählerischen Ansatzes als typische moderne | |
Streaming-Ware, die zwar leidlich unterhaltsam wegzugucken ist, aber wenig | |
Spuren hinterlässt. | |
Allzu willkürlich mutet das bonbonbunte Glücksland an, in dem alle naselang | |
betont lustige Gestalten wie kleine Häschen, Drachen oder Kobolde für | |
Ablenkung sorgen. Eine moralische Lektion darf selbstverständlich auch | |
nicht fehlen, und so versteht Sam am Ende der Geschichte, dass Pech nur die | |
Kehrseite von Glück ist und eines nicht ohne das andere existieren könnte. | |
Viel Luft nach oben also, aber vielleicht sieht die Zukunft rosig aus: Vor | |
ein paar Monaten wurde bekannt, dass Brad Bird seinen langgeplanten Film | |
„Ray Gunn“ bei Skydance Animation drehen wird. Jener Brad Bird also, der | |
bei Pixar mit „Ratatouille“ und „Die Unglaublichen“ große Erfolge feie… | |
Sein damaliger Chef: John Lasseter. | |
9 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Michael Meyns | |
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