# taz.de -- Maroder Zustand der Unterkunft: Eine lange Mängelliste | |
> Hamburg fehlen Betten für Geflüchtete. Dennoch fordert eine Initiative | |
> die Schließung einer Containerunterkunft. Der Zustand sei | |
> „menschenunwürdig“. | |
Bild: Für Kinder gefährlich: Kaputte Steckdose in der Unterkunft Curslack II | |
HAMBURG taz | Marode Waschbecken, eine herausgerissene Steckdose, kahle, | |
kleine Räume: Das zeigen jüngst veröffentlichte Bilder aus der | |
Containerunterkunft Curslack II. Die Unterkunft im Hamburger Bezirk | |
Bergedorf steht schon lange in der Kritik. Black Community Hamburg, eine | |
Initiative Schwarzer Hamburger*innen, fordert nun die sofortige Schließung | |
der Unterkunft. Dies kommt zu einer Zeit, in der Hamburg händeringend auf | |
der Suche nach [1][Unterkünften für Geflüchtete] ist. | |
Aufgrund [2][der hohen Zahl ukrainischer Geflüchteter] ist die Situation in | |
Hamburg bei der Unterbringung sehr angespannt. Die Stadt ist deshalb auf | |
neue Unterkünfte angewiesen. Dafür werden auch neue Containerunterkünfte in | |
Erwägung gezogen, wie die städtische Betreiberfirma der Unterkünfte, | |
Fördern & Wohnen, auf Nachfrage angibt: „Container, Hotel oder Mietshaus – | |
wir brauchen jeden Platz und prüfen laufend die Möglichkeiten.“ | |
Grund für die Forderung, die Unterkunft Curslack II sofort zu schließen, | |
ist die „menschenunwürdige Unterbringung“. Laut Black Community Hamburg | |
entspricht die Größe der Container-Zimmer mit rund fünf Quadratmetern pro | |
Person nicht einmal den selbstgesteckten Ansprüchen von Fördern & Wohnen. | |
Anfang des Jahres war die Unterkunft am Curslacker Deich zudem in die | |
Schlagzeilen geraten, weil sie als dringend sanierungsbedürftig galt, wie | |
das Hamburger Abendblatt berichtete. | |
Damals kündigte die Sozialbehörde umfangreiche Sanierungen an, die sie laut | |
eigener Aussage auch durchgeführt habe. „Die uns bekannten vorhandenen | |
Mängel wurden so weit wie möglich beseitigt“, sagt der Sprecher der | |
Sozialbehörde, Martin Helfrich. | |
## Kaputte Steckdosen in Kinderzimmern | |
Im Gegensatz dazu stehen die Schilderungen von Black Community Hamburg: | |
Bisher sei von den Sanierungen nichts zu sehen. Die veröffentlichten Bilder | |
zeigen Schäden an den Waschbecken und kaputte Steckdosen – in Zimmern, in | |
denen auch Kinder unterkommen. Die Linke fordert Aufklärung und hat nun in | |
der Bürgerschaft eine Kleine Anfrage gestellt. Deren Beantwortung durch den | |
Senat steht bisher noch aus. | |
Die Unterkunft existiert seit 2013 und war eigentlich als kurzfristige | |
Notunterkunft angelegt. Immer wieder wurde der Betrieb der Unterkunft | |
jedoch verlängert. Mittlerweile ist die Schließung für das kommende Jahr | |
2023 angekündigt. | |
Ein Aktivist von Black Community Hamburg sagt der taz jedoch: „Dass man die | |
Sanierungen jetzt erwägt, deutet nicht darauf hin, dass die Unterkunft | |
nächstes Jahr schließt.“ Laut der Sozialbehörde ist das Gelände ab dem | |
kommenden Jahr für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen und die Schließung | |
der Unterkunft deshalb schon längst fest eingeplant. | |
Deshalb würden bereits jetzt keine Geflüchteten mehr der Unterkunft | |
zugeteilt und die aktuell dort lebenden Menschen auf neue Unterkünfte | |
verteilt, gibt Helfrich an. Dennoch leben zurzeit noch 212 Menschen in der | |
Unterkunft. | |
## Kritik kommt regelmäßig | |
Viele von ihnen leben bereits seit mehreren Jahren dort: Laut Black | |
Community Hamburg leben 33 Familien bereits mehr als drei Jahre in dem | |
Containerdorf, das eigentlich nur als temporäre Unterkunft gedacht war. | |
Dass Geflüchtete zwei bis drei Jahre in den Unterkünften verbringen, ist | |
auch laut Fördern & Wohnen keine Seltenheit. „Viel hängt von der Größe der | |
Familie, von Aufenthaltsstatus und Wohnberechtigung ab. Manche Menschen | |
verweilen nur einige Wochen, manche etliche Jahre“, gibt Susanne Schwendtke | |
von Fördern & Wohnen auf Nachfrage der taz an. | |
Janine Wagener vom Flüchtlingsrat Hamburg fordert deshalb eine ausnahmslose | |
Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen. Eine Unterbringung in | |
Containern sei „wenn überhaupt nur für kürzeste Zeit“ angemessen, so | |
Wagener. | |
Einfache Containerbauten mit Gemeinschaftsbädern und -küchen wie Curslack | |
II gebe es zurzeit in Hamburg insgesamt vier – drei von ihnen bestehen | |
bereits mindestens seit 2015. Einer wurde [3][anlässlich des Kriegs in der | |
Ukraine] erst vor wenigen Wochen eröffnet, weitere Standorte werden in | |
Erwägung gezogen. Darüber hinaus gebe es 19 weitere Container-Unterkünfte, | |
die jedoch einen sehr viel höheren Lebensstandard böten, wie Fördern & | |
Wohnen angibt. | |
Jedoch ist es nicht das erste Mal, dass Bewohner*innen schlechte | |
Zustände in Unterkünften beklagen. Neben der mangelhaften Unterbringung in | |
der Unterkunft Curslack II kritisiert Black Community Hamburg die | |
Sicherheitslage auf dem Gelände. Ende Juni war es zu einem tödlichen Unfall | |
gekommen, bei dem ein Kleinkind von einem Auto überrollt wurde. | |
Susanne Schwendtke von Fördern & Wohnen betont, man sei über den Tod sehr | |
betroffen und habe „umgehend Maßnahmen zum Schutz von Kindern auf dem | |
Gelände ergriffen“. Um welche Maßnahmen es sich handelt, wurde nicht | |
konkretisiert. | |
[4][Black Community Hamburg kritisiert], dass die Spielgelegenheiten für | |
Kinder nicht vom von Autos befahrenen Bereich abgegrenzt sind. Darüber | |
hinaus habe Fördern & Wohnen lange Zeit keine Haustürschlüssel für die | |
Container-Wohnungen verteilt. Bis zum Unfall seien diese nicht abschließbar | |
gewesen, sodass Kinder unbeobachtet auf den Zufahrtsweg laufen und Personen | |
unrechtmäßig in die Unterkunft eindringen konnten. Mittlerweile seien für | |
die Container Schlüssel ausgegeben worden. | |
25 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gefluechtete-in-Hamburg/!5851799 | |
[2] /Ungleichbehandlung-von-Gefluechteten/!5857593 | |
[3] /Z-Symbole-und-Morddrohung/!5858342 | |
[4] https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/ | |
## AUTOREN | |
Josephine von der Haar | |
## TAGS | |
Geflüchtete | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Containerdorf | |
Unterkunft | |
Kiel | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Rot-Grün Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verzweifelte ukrainische Familie in Kiel: Aus dem Krieg in den Behördenstress | |
Familie Kholkina aus der Ukraine ist von Kyiv nach Kiel geflohen. Sie stößt | |
bei der Wohnungssuche auf wohlmeinende Vorschriften mit paradoxem Effekt. | |
Geflüchtete in Deutschland: Vom Krieg in die Ausbeutung | |
In einem Vier-Sterne-Hotel in Hannover arbeiten Ukrainer*innen weit | |
unter Mindestlohn. Es besteht Verdacht auf Menschenhandel. | |
Ukraine-Geflüchtete in Berlin: Unter einem Dach | |
Dörte und Frank haben im März drei Ukrainerinnen aufgenommen. Was heißt es, | |
so lange als eigentlich Fremde zusammenzuleben? | |
Geflüchtete in Hamburg: Nur Ukrainer:innen erwünscht | |
Hamburg will in den Geflüchtetenunterkünften Platz für Ukrainer:innen | |
schaffen. Aus einer Unterkunft müssen dafür andere Schutzsuchende | |
ausziehen. |