# taz.de -- Geflüchtete in Deutschland: Vom Krieg in die Ausbeutung | |
> In einem Vier-Sterne-Hotel in Hannover arbeiten Ukrainer*innen weit | |
> unter Mindestlohn. Es besteht Verdacht auf Menschenhandel. | |
Bild: Wo der Schimmel wuchert: Dieses Zimmer teilt sich Anastasia Petrenko mit … | |
HANNOVER taz | Auf der hannoverschen Einkaufsstraße Lister Meile flanieren | |
an einem frühen Abend im Mai Passant*innen. Darauf, dass nur wenige Meter | |
weiter potenzielle Opfer von Menschenhandel leben, kommt hier wohl keiner. | |
Doch wer bei Nummer 45 klingelt, dem Gang folgt und sich an einer röhrenden | |
Klimaanlage vorbeischleicht, landet bei ihnen. Hier im Hinterhaus leben in | |
vier Zimmern verschiedene Mitarbeiter*innen eines hannoverschen | |
4-Sterne-Hotels. | |
In einer Kochnische in einem der etwa 25 Quadratmeter großen Zimmer | |
bereitet Anastasia Petrenko (Name geändert) Kaffee zu und richtet eine | |
Schale mit Keksen her. In dem Zimmer, wo sie seit zwei Monaten lebt, | |
stapeln sich Koffer. Von zwei der oberen Ecken wuchert Schimmel, der | |
beinahe über die ganze Wandhöhe reicht. Neben Petrenko, die einen Hocker | |
zum Tisch umfunktioniert, um Kaffee und Kekse zu servieren, leben noch drei | |
weitere Frauen hier im Zimmer. | |
Petrenko kommt aus Charkiw. Sie sei vor der nahenden russischen Armee und | |
dem anhaltenden Artilleriebeschuss aus ihrem Heimatland, der Ukraine, | |
geflohen, erzählt sie. Ihr Haus gebe es nicht mehr. Im Gespräch hält sie | |
ihr Smartphone dicht vor das Gesicht, um zu illustrieren, dass sie ständig | |
und beharrlich darauf schaue. Sie habe zwei Söhne, die im Osten der Ukraine | |
gegen das russische Militär kämpften. Über einen Messengerdienst hielten | |
sie Kontakt zueinander. Allerdings sei die Verbindung zu einem ihrer beiden | |
Kinder schon Mitte April abgebrochen – ihr Sohn soll sich in einem russisch | |
besetzten Gebiet befinden. Ihre Stimme bricht, als sie sagt, dass ihre | |
Gedanken ständig um die Hoffnung kreisten, dass ihre Kinder nicht tot | |
seien. | |
Nach Hannover kamen sie und ihre drei ukrainischen Mitbewohnerinnen | |
über eine Reinigungsfirma. In einem renommierten Vier-Sterne-Hotel sollten | |
sie Zimmer putzen. Jetzt teilen sie sich nicht nur den Raum, in dem sie | |
leben, sondern auch eines der drei provisorischen Betten. An einen Tisch, | |
an dem mehrere Menschen Platz nehmen könnten, ist nicht zu denken. Zum | |
Gespräch setzen sie sich auf die Bettkanten. Geld hätten sie für ihre | |
Arbeit bisher nicht bekommen. Sie erzählen, dass sie, um über die Runden zu | |
kommen, noch nach Feierabend Pfandflaschen sammelten. „Weil wir wissen, | |
dass wir nichts wissen, und Geld verdienen wollen“, so erklärt Petrenko das | |
Verharren in der Situation, die sie mit ihren Kolleginnen gemeinsam hat. | |
Hergekommen sind sie über den Messengerdienst „Viber“. Dort gibt es die | |
Chatgruppe „Arbeiten in Europa“, wo eine „Julia“ mit Jobangeboten lockt, | |
die von vornherein die Mindestlohngrenze unterschreiten. „Legale“ Jobs „m… | |
Sozialversicherung“ in der gesamten Europäischen Union werden da angeboten, | |
viele in Deutschland. Etwa auf dem Bau in München, bei der Erdbeerernte | |
nahe Köln, zur Fleischverpackung in der Nähe von Dortmund und eben auch in | |
der Hotelbranche. „Wir nehmen bis zu 100 Frauen, Alter bis 60 Jahre, um | |
fleißig Hotelzimmer zu reinigen“, steht in der Gruppe. Als mögliche | |
Arbeitsorte werden Hannover, Bremen und Hamburg angeboten. Gezahlt würden 4 | |
Euro pro gereinigtes Zimmer, heißt es dort weiter. Es gebe 15 bis 20 Zimmer | |
pro Tag zu reinigen. | |
Kostenlos sind die Vermittlungsservices nie. Um weitere Informationen zu | |
erhalten, seien bei Viber 250 Euro fällig gewesen, erzählt eine der Frauen | |
aus dem schimmeligen Zimmer in der hannoverschen List. Eine andere Frau | |
berichtet, dass sie 300 Euro an eine Vermittlungsagentur in der Ukraine | |
gezahlt habe. So seien sie an die Arbeit des Hotels gekommen. | |
Der goldene Schriftzug des Hotels funkelt schräg gegenüber dem | |
hannoverschen Hauptbahnhof. Davor tummeln sich fein Gekleidete. „Eines der | |
schönsten privat geführten 4-Sterne Business- und Stadthotels“, schreibt | |
das Unternehmen über sich. | |
Wer sich an der Rezeption nach einem Job erkundigt, wird an die hauseigene | |
Personalabteilung verwiesen. Bei weiteren Nachfragen nach einem | |
Reinigungsjob heißt es aber, die liefen größtenteils über ein | |
Subunternehmen. Dabei handelt es sich um „Die Hotelprofis“, eine Firma aus | |
Hamburg, die angibt, europaweit tätig zu sein. Das bestätigt auch der | |
Geschäftsführer des Hotels der taz am Telefon. Ein Mitarbeiter der | |
Reinigungsfirma spricht im Telefonat davon, dass Ukrainer*innen ein | |
„großes Qualitätsniveau“ an den Tag legten. Arbeit gebe es viel und die | |
Bezahlung sei über Teilzeitarbeitsverträge gesichert. | |
Die Erzählungen der Ukrainerinnen, die im Hotel putzen oder mittlerweile | |
das Handtuch geworfen haben, offenbaren ein ganz anderes Bild. Pro Zimmer | |
sei ihnen 3,50 Euro versprochen worden, sagen insgesamt vier Frauen der | |
taz, die im Hotel gearbeitet haben, unabhängig voneinander. Sie müssten | |
also vier Zimmer pro Stunde reinigen, um auf den branchenspezifischen | |
Mindestlohn von 11,55 Euro zu kommen. Es sei aber gar nicht möglich, mehr | |
als zwei Zimmer pro Stunde zu reinigen, sagen die Frauen. Petrenko gibt an, | |
dass es dafür auch gar nicht genügend Arbeit gebe. Falls sie doch mal mehr | |
Zimmer reinigten, würde ein Vorgesetzter der Reinigungsfirma einschreiten, | |
der ihre Stundenzettel prüfe und gegebenenfalls nach unten korrigiere, | |
erzählt Petrenko. | |
Bis Mitte Juni haben sie und ihre Kolleginnen aber nicht einmal diese | |
versprochenen 3,50 Euro pro Zimmer bekommen. Sie sind mittlerweile seit | |
zwei Monaten für das Unternehmen tätig. „Ich bin so müde und kaputt und | |
brauche wirklich Hilfe“, schreibt Petrenko der taz über Whatsapp. Trotz | |
Schmerzen nach einer Knieoperation und aus Angst vor der drohenden | |
Obdachlosigkeit schleppt sie sich immer wieder in das Hotel. | |
Ein Arbeitsvertrag, der der taz vorliegt und auf den 1. Mai datiert ist, | |
soll eine Bezahlung nach dem Mindestlohn garantieren. Er ist mit einer | |
Schweigepflicht versehen. Margarete Wille von der Gewerkschaft IG BAU | |
erklärt, dass es bereits mehrere Urteile von Landesarbeitsgerichten gebe, | |
die solch eine Klausel für nichtig erklärt haben. „Die Entgelttransparenz, | |
verankert im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), besagt, dass die | |
Offenlegung der Arbeits- und Lohnbedingungen im Falle von Diskriminierung | |
oder Ungleichbehandlung zulässig ist“, so die Gewerkschafterin. Für die | |
Reinigungsbranche, die für prekäre Verhältnisse bekannt sei, sei das | |
wichtig. Petrenko meint unterdes: „Wir haben nirgendwo etwas | |
unterschrieben.“ | |
„In unserem Land herrscht Krieg. Wir kommen hierher, weil die Situation nun | |
einmal so ist, und wir wollen nicht auch noch ausgenutzt werden“, erzählt | |
Lidia Antonyuk (Name geändert), die mittlerweile weit weg von Hannover | |
lebt. Die 35-Jährige berichtet der taz, dass sie einen Monat lang als | |
Reinigungskraft in dem Hotel gearbeitet habe. Einen Arbeitsvertrag habe sie | |
nicht bekommen. Nach ihrem Lohn musste sich die Odessanerin immer wieder | |
erkundigen – bis sie, Wochen später, 365 Euro bekommen haben soll, obwohl | |
ihr 795 Euro zugesichert worden seien. Eine Chefin der Reinigungsfirma soll | |
sie inzwischen bei Whatsapp blockiert haben. | |
Die Fachleiterin und Beraterin Katarzyna Zentner des Bildungsvereins | |
„Arbeit und Leben“ schildert den Fall einer weiteren Frau, die schon nach | |
zwei Tagen im Hotel aufgehört habe und sich an die Beratungsstelle für | |
Menschenhandel wendete. Die von den Erlebnissen traumatisierte Betroffene | |
würde sich aus Angst nicht äußern, wolle aber, dass die Vorgänge öffentlich | |
würden, sagt Zentner. Auch ihr sei der Job vermittelt worden, von einer | |
Person, die sich als „Frau aus Odessa“ ausgegeben und 100 Dollar dafür | |
verlangt habe. Einen Arbeitsvertrag habe es nicht gegeben und auch der Lohn | |
sei ausgeblieben. | |
Zu Beginn der taz-Recherchen hatte keine der Frauen eine Registrierung bei | |
der Ausländerbehörde. Den Lohn erhielten sie, wenn es ein Konto gebe, habe | |
es geheißen. Das kann man aber erst einrichten, wenn der Aufenthaltstitel | |
vorliegt. Im Gespräch mit der taz sagt der Hotelchef, ihm lägen Pässe, | |
Sozialversicherung, Arbeitserlaubnis und Aufenthaltstitel vor. Dem | |
widersprechen die Betroffenen klar. Während der Recherchen und Nachfragen | |
der taz scheinen das Hotel und das Dienstleistungsunternehmen zu versuchen, | |
die eigenen Machenschaften zu legalisieren und zu vertuschen. | |
An einem Montagmorgen herrscht kein reges Treiben um das Nobelhotel. Es ist | |
Ruhetag. Die vier ukrainischen Frauen sind trotzdem um acht Uhr erschienen. | |
Mit einem Mitarbeiter des Hotels stehen sie vor dem Eingang. Kurz darauf | |
rollt ein dunkelgrauer Skoda Superb vor. Der Fahrer, ein bulliger Mann in | |
Jogginghose und schwarzem Poloshirt, lässt das Fenster herunter und ruft | |
die Gruppe zu sich. Hastig springen sie in das Auto und brausen davon. Der | |
Mann heißt Daban Manme, er ist der „Geschäftsführer“ der Reinigungsfirma, | |
wie ihn Petrenko nennt. Er fährt mit ihnen zur Ausländerbehörde. Dort seien | |
sie abgewiesen worden, so Petrenko weiter, weil sie keinen Termin hatten. | |
Daban Manme kam schon einige Tage vorher als unangekündigter Besucher in | |
die Unterkunft der Frauen. Petrenko erzählt, an einem Samstag sei er mit | |
einem Russisch-Übersetzer gegen Mitternacht aufgetaucht, um über „Probleme�… | |
zu sprechen. In dieser Nacht seien die Frauen einmal mehr um ihren Lohn | |
vertröstet worden. Manme habe letztlich seine Telefonnummer – für den Fall, | |
dass es etwas zu klären gebe – und 100 Euro pro Person dagelassen. | |
Die ukrainischen Frauen haben die hohen bürokratischen Hürden – Sprache und | |
Termine sind nur manche davon – mittlerweile selbst in die Hand genommen. | |
Ohne die Hilfe von Manme gehen Petrenko und eine Freundin zur Zweigstelle | |
der Ausländerbehörde, in der die Fälle ukrainischer Geflüchteter bearbeitet | |
werden. Am 25. Mai erhalten die Frauen sowohl Aufenthalts- als auch | |
Arbeitserlaubnis. Mit den Dokumenten sind sie unabhängig und können sich | |
nach einem besseren Job umschauen. Die Ungewissheit über eine Bleibe, die | |
sie aktuell ja vom Hotel gestellt bekommen, hält sie davon ab. Aus Angst | |
vor Obdachlosigkeit sammeln sie weiter Pfandflaschen. | |
Mit den Recherchen der taz konfrontiert, streitet der Hotelchef ab, von der | |
niedrigen Bezahlung zu wissen. „Es sind deutlich mehr als die von Ihnen | |
kolportierten 3,50 Euro“, sagt er. Durch einen Dienstleistungsvertrag sei | |
ihm versichert, dass Mindestlohnstandards eingehalten würden. „Sollten wir | |
von Angestellten der Dienstleistungsfirma Gegenteiliges hören, werden wir | |
dies mit unserem Dienstleister zur Sprache bringen. Es wäre für uns ein | |
fristloser Kündigungsgrund der Dienstleistungsverhältnisse“, sagt der | |
Hotelchef. Bereits 2020 habe der Zoll die Firma kontrolliert. Dabei sei | |
nichts aufgefallen, so der Hotelchef. Nach der ersten Kontaktaufnahme durch | |
die taz leitet der Hotelchef die Informationen an den zuständigen Zoll | |
weiter. | |
Belässt es scheinbar aber dabei und weiß vier Wochen später auch nicht | |
mehr. Die Nachfrage, ob er denn mit den Angestellten der | |
Dienstleistungsfirma mal gesprochen habe, lässt er offen. Über die | |
Unterbringung schreibt er, dass das Hotel 500 Euro Miete pro Monat von der | |
Reinigungsfirma verlange. Die Betroffenen erzählen, dass das Subunternehmen | |
ihnen angekündigt habe, sie selbst hätten die Kosten zu tragen. Zum | |
wuchernden Schimmel heißt es von Seiten des Hotels: „Sollte in einem Zimmer | |
eine Nachlässigkeit vorhanden sein, werden wir dies zeitnah beheben.“ | |
Der Geschäftsführer von „Die Hotelprofis“ möchte sich am Telefon nicht | |
äußern. Er sei sehr beschäftigt, sagt er. Um über die vorliegenden Vorwürfe | |
zu sprechen, die er für „völligen Schwachsinn“ hält, könne er erst einen | |
Termin in 14 Tagen anbieten. Per E-Mail bezieht Manme dann doch Stellung. | |
Er gibt an, dass die Firma den Mindestlohn zahle, und auch, dass niemand | |
ohne Arbeitsvertrag arbeite. Außerdem versichert er, dass das Unternehmen | |
nur Personen mit Arbeitserlaubnis einstelle. Der taz hingegen liegt ein | |
Vertrag vor, der schon vor der Registrierung in der Ausländerbehörde | |
aufgesetzt wurde. | |
„Jetzt ist [1][Spargelzeit], im Sommer Beerenzeit. Die [2][Nachfrage nach | |
Saisonarbeitskräften ist hoch], und ich denke, solche Fälle werden sich | |
jetzt häufen“, sagt Zentner von der Beratungsstelle aus Hannover. Da, wo | |
Menschen ankommen, bekäme sie mit, dass Menschenhändler auftauchten und | |
[3][unseriöse Arbeitsangebote] machten. Die Fälle des Hotels habe sie an | |
den zuständigen Zoll weitergegeben. Ein Ermittlungsvorgang soll inzwischen | |
eröffnet sein. | |
Die Pressestelle des Hauptzollamts Hannover verweist auf Nachfrage der taz | |
auf das Steuer- und Sozialdatengeheimnis und will sich nicht äußern. | |
Allgemeiner heißt es, dass der zuständigen Einheit des Zolls, der | |
Finanzkontrolle Schwarzarbeit, aktuell keine Erkenntnisse über eine | |
gezielte Anwerbung von ukrainischen Geflüchteten vorläge. Mitarbeitende der | |
Einheit seien dafür sensibilisiert, „bei ihren Prüfungen insbesondere ein | |
Augenmerk auf die Arbeitsbedingungen zu richten“, so das Hauptzollamt. | |
Zumindest im Netz finden sich sehr wohl Anzeichen für eine systematische | |
Anwerbung und Ausbeutung ukrainischer Geflüchteter. Die Viber-Gruppe | |
„Arbeiten in Europa“ hat über 3.000 Mitglieder. Fast jeden Tag werden dort | |
Jobs angeboten. Ein Großteil davon in Deutschland. | |
Anfang Mai deckte eine NDR-Recherche ähnliche Methoden, wie sie sich in | |
diesem Fall abzeichnen, in Dormero-Hotels in Hannover und Langenhagen auf. | |
Auch hier war die Reinigung der Zimmer auf ein Subunternehmen ausgelagert. | |
Arbeitsverträge und -erlaubnisse lagen nicht vor. Unterlagen belegten einen | |
Stundenlohn von etwa 3,70 Euro. Gegenüber der taz gibt die Hotelkette an, | |
die Zusammenarbeit mit der Reinigungsfirma inzwischen gekündigt zu haben. | |
„Wenn tatsächlich nur knapp 4 Euro brutto an die Mitarbeitenden der Firma | |
Yess gegangen sind, ist das untragbar für uns. Menschlich wie auch | |
beruflich“, so Dormero auf taz-Anfrage. | |
Das Beratungsnetzwerk Arbeit und Leben, bei dem Zentner tätig ist, wird von | |
Landesmitteln durch das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, | |
Arbeit, Verkehr und Digitalisierung gefördert. Auf wiederholte Anfrage | |
heißt es von der dortigen Pressestelle, dass neben den Fällen aus der | |
NDR-Recherche keine weiteren vorlägen, in denen Ukrainer*innen Ähnliches | |
widerfährt. Mit Gewissheit handle es sich aber um „schwere Straftaten des | |
Menschenhandels und der Ausbeutung der Arbeitskraft“. Das Ministerium habe | |
ein Merkblatt verfasst, um arbeitssuchende Ukrainer*innen zu informieren | |
und auch vor Ausbeutung und Menschenhandel zu warnen. „Intensivere bzw. | |
häufige Kontrollen durch kommunale Schwarzarbeitsbekämpfungsbehörden führen | |
naturgemäß zu einer höheren Aufdeckungsquote“, heißt es vom Ministerium. | |
Es wird sich zeigen, inwiefern der Zoll in Hannover im vorliegenden Fall | |
tatsächlich tätig wird. Die Beschäftigung von Menschen ohne Erlaubnis kann | |
Geldbußen von bis zu 500.000 Euro nach sich ziehen, heißt es auf der | |
Website. Bei den von den Betroffenen beschrieben Zuständen könnten zudem | |
Probleme sowohl auf den Arbeitgeber wegen Unterschreitung des | |
Mindestlohngesetzes als auch nach § 13 Mindestlohngesetz (MiLoG) und § 14 | |
Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) auf den Auftraggeber zukommen. Bei der | |
Wohnraumsituation könnte zudem ein Verstoß gegen das niedersächsische | |
Wohnraumschutzgesetz vorliegen, laut dem Arbeiter*innen mindestens 10 | |
Quadratmeter Wohnfläche pro Person zustehen. | |
Petrenko hat mittlerweile die Nase voll. Sie hat sich aus der Abhängigkeit | |
von „Die Hotelprofis“ gelöst. Mit Hilfe der Beratungsstelle wendet sie sich | |
schlussendlich an das Jobcenter. Die Behörde zahlt eine Hilfsleistung. Kurz | |
vor Redaktionsschluss und nach mehreren Konfrontationen ihres Arbeitgebers | |
durch die taz erhalten Petrenko und ihre Kolleginnen dann doch noch eine | |
Überweisung von „Die Hotelprofis“. Petrenko sagt, sie könne noch nicht auf | |
ihr neu eröffnetes Konto zugreifen, eine Kollegin berichtet ihr, bei ihr | |
seien nun 931,50 Euro angekommen. Die Stundenzettel der Frauen liegen der | |
taz vor. Im Mai hat die Kollegin von Petrenko laut diesem 352 Zimmer | |
gereinigt und 153 Stunden gearbeitet. Das würde umgerechnet einen | |
Nettoverdienst von etwa 2,64 Euro pro Zimmer und einen Nettostundenlohn von | |
etwa 6 Euro bedeuten. | |
Inzwischen lebt Petrenko an einem geheimgehaltenen Ort, die Unsicherheit | |
bleibt jedoch bestehen. Über Whatsapp schreibt sie der taz: „Ich weiß | |
nicht, was mit mir wird.“ Eine Sache ist aber laut Petrenko klar: „Der | |
Krieg wird noch lange nicht enden.“ | |
Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde nachträglich geändert. | |
21 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Theatermacher-ueber-Ernte-Ausbeutung/!5856923 | |
[2] /Mindestlohnverstoesse-bei-Landwirten/!5858361 | |
[3] /Ausbeutung-von-Gefluechteten/!5854266 | |
## AUTOREN | |
Michael Trammer | |
Katja Spigiel | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Flucht | |
Menschenhandel | |
Hotel | |
Mindestlohn | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
GNS | |
Podcast „Vorgelesen“ | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Geflüchtete | |
Geflüchtete | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Kolumne Die Nafrichten | |
Wochenvorschau | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sexuelle Ausbeutung im Krieg: Warnung vor mehr Menschenhandel | |
Ukrainischen Geflüchteten droht laut OSZE sexuelle Ausbeutung durch | |
kriminelle Netzwerke. Die Organisation fordert mehr Schutz von Betroffenen. | |
Niedersachsen hat ein Platzproblem: Geflüchtete kommen in die Kaserne | |
Niedersachsen stockt die Plätze in den Erstaufnahmestellen noch einmal | |
massiv auf. Bei der Verteilung der Menschen auf die Kommunen knirscht es. | |
Maroder Zustand der Unterkunft: Eine lange Mängelliste | |
Hamburg fehlen Betten für Geflüchtete. Dennoch fordert eine Initiative die | |
Schließung einer Containerunterkunft. Der Zustand sei „menschenunwürdig“. | |
Krieg in der Ukraine: „Mehr als 100 menschliche Körper“ | |
In der Ukraine sterben bei einem russischen Angriff auf und um Odessa | |
mindestens 20 Menschen. Im besetzten Mariupol wird ein Massengrab | |
gefunden. | |
Aktuelle Lage in der Ukraine: Raketen auf Kiew | |
In der Hauptstadt werden wieder Wohnviertel stark beschossen. Beobachter | |
sehen das als bewusste Eskalation während des G7-Gipfels. | |
Russische Angriffe in der Südukraine: Brennende Äcker | |
Die südukrainische Stadt Mykolajiw wird stark beschossen. Die russische | |
Armee zielt dabei vor allem Getreidespeicher und Lager für Sonnenblumenöl. | |
Geflüchtete aus der Ukraine: Das Recht auf gleiche Behandlung | |
Geflüchtete werden nicht gleich behandelt. Nicht in Deutschland, nicht an | |
der EU-Außengrenze, nicht in Europa. Das muss aufhören. | |
Die Wochenvorschau für Berlin: Kurze Nächte und ein Orchestertraum | |
Auf der Fête de la musique kann man den Sommer ganz vortrefflich feiern. | |
Musikalisch geht es auch bei der Lauratibor-Oper gegen Verdrängung zu. | |
Spartipps, Hitze und Frauenquote: Vom Krieg in die EU | |
Die Ukraine soll EU-Beitrittskandidat werden, findet Kanzler Scholz. Alles | |
nur Symbolik? Derweil gibt Wirtschaftsminister Habeck Spartipps. | |
Die Ukraine und die EU-Beitrittsfrage: „Es gibt keinen Weg zurück“ | |
Was halten Ukrainer*innen von einem EU-Kandidatenstatus ihres Landes? | |
Sechs Stimmen aus Kiew, Charkiw und Luzk. |