# taz.de -- Russische Angriffe in der Südukraine: Brennende Äcker | |
> Die südukrainische Stadt Mykolajiw wird stark beschossen. Die russische | |
> Armee zielt dabei vor allem Getreidespeicher und Lager für | |
> Sonnenblumenöl. | |
Bild: Schwarzer Rauch über Mykolajiw: Täglich werden dort Dutzende Hektar Wei… | |
MYKOLAJIW taz | Die südukrainische Stadt Mykolajiw liegt zwischen Odessa | |
und dem besetzten, 60 Kilometer entfernten Cherson. Im Frühling konnten | |
russische Kampfeinheiten bis Mykolajiw vordringen und kesselten die Stadt | |
ein. Die ukrainische Armee konnte die Besatzer jedoch aus dem Gebiet | |
zurückdrängen. Auf diese Weise ist Mykolajiw praktisch zum Vorposten von | |
Odessa geworden. Auch Militärexperten sagen, dass ohne die Einnahme von | |
Mykolajiw eine Landung russischer Truppen zur Okkupation von Odessa nicht | |
möglich ist. Deshalb sind auch Mykolajiw und das umliegende Gebiet | |
permanent unter russischem Beschuss. | |
In der vergangenen Woche wurde die Region Mykolajiw täglich angegriffen, | |
und die Stadtverwaltung verkündet ständig neue Opferzahlen und | |
Zerstörungen. An nur einem Tag, dem 21. Juni, wurden 18 Menschen verwundet. | |
Derzeit werden die Schusswunden von 274 Menschen in den [1][Krankenhäusern | |
von Mykolajiw] behandelt. Bewohner berichten, dass die Intensität und | |
Häufigkeit der Luftangriffe in der Region in den letzten Tagen deutlich | |
zugenommen haben. Durch diese Angriffe werden nicht nur [2][Wohnhäuser und | |
Infrastruktur] zerstört, sondern es brennen auch Ackerflächen, auf denen | |
die Ernte schon begonnen hat. Dadurch werden täglich Dutzende Hektar | |
[3][Weizen] vernichtet. | |
Den Raketenbeschuss am 22. Juni, als in Mykolajiw sieben Marschflugkörper | |
gleichzeitig einschlugen, nannte die lokale Militärverwaltung den bislang | |
stärksten seit Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine. Infolge | |
dieses Angriffs gab es mehrere heftige Detonationen, und über der Stadt war | |
eine schwarze Rauchwolke zu sehen. Durch die Druckwellen wurden Fenster und | |
Türen zerstört und Dächer von fünf nahe gelegenen Wohnhäusern sowie Schulen | |
beschädigt. | |
Später wurde bekannt, dass es sich um einen gezielten Raketenangriff auf | |
Lagertanks für Sonnenblumenöl handelte. Die Löscharbeiten der betroffenen | |
Fläche von 300 Quadratmetern dauerten neun Stunden. Die Anwohner reagierten | |
in den sozialen Netzwerken mit Ironie: „Die Okkupanten haben Sonnenblumenöl | |
‚entmilitarisiert‘.“ | |
Nahrungsmittelkrise wird verschärft | |
Es ist nicht der erste russische Angriff auf strategische Reserven in der | |
Region Mykolajiw. Im Juni hatten die Russen den zweitgrößten | |
Getreidespeicher der Ukraine im Hafen von Mykolajiw zerstört, ein Feuer | |
brach aus, und ein Lager mit Getreideschrot brannte nieder.Experten | |
betonen, dass Russland solche Einrichtungen in der Ukraine absichtlich | |
zerstört, um die Nahrungsmittelkrise vor dem Hintergrund der blockierten | |
Seehäfen zu verschärfen. | |
Doch die Menschen in Mykolajiw lassen sich nicht unterkriegen. Einer der | |
Gründe dafür ist die erfolgreiche Gegenoffensive der ukrainischen Armee in | |
der Region Cherson. Die ukrainischen Soldaten haben in den letzten | |
anderthalb Monaten aktiv Dörfer in Richtung Cherson befreit. Für die | |
Mykolajiwer bedeutet dies außer einem Rückgewinn von Land unter | |
ukrainischer Kontrolle auch eine Verschiebung der Frontlinie von ihrer | |
Stadt weg. Einigen Berichten zufolge ist die ukrainische Armee zehn | |
Kilometer von Cherson entfernt, was auf mögliche Kämpfe um die Stadt in | |
naher Zukunft hinweisen könnte. | |
Von entscheidender strategischer Bedeutung ist in diesem Teil des Schwarzen | |
Meers auch die kleine Schlangeninsel, die derzeit unter russischer | |
Kontrolle ist. Die ukrainische Seite hat in den letzten Tagen | |
erfolgreiche Angriffe auf russische Infrastruktureinrichtungen auf der | |
Insel gemeldet. Unter den zerstörten russischen Kriegsgeräten sind nach | |
Angaben der ukrainischen Seite zwei Kurzstrecken-Flugabwehrraketen-Systeme | |
und eine Radarstation. | |
Zuvor hatte der Chef des ukrainischen Geheimdienstes, Kyrylo Budanow, | |
erklärt, dass die Ukraine so lange um die Schlangeninsel kämpfen werde, wie | |
es nötig sei. Denn die Kontrolle über diese Insel würde den ukrainischen | |
Schiffsverkehr freigeben und es unmöglich machen, Truppen in der Nähe von | |
Odessa anzulanden und militärische Einheiten in der selbst ernannten Region | |
Transnistrien zu unterstützen. | |
Aus dem Russischen von Gaby Coldewey | |
23 Jun 2022 | |
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[1] http://xn--Krankenhusern%20von%20Mykolajiw-ikc | |
[2] /Zerstoerte-Infrastruktur-in-der-Ukraine/!5853211 | |
[3] /Weizenkrise-in-der-Ukraine/!5856933 | |
## AUTOREN | |
Anastasia Magasowa | |
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