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# taz.de -- Russischer Abzug von Schlangeninsel: Nichts wie weg
> Russische Truppen haben die strategisch wichtige Schlangeninsel
> verlassen. Moskau bezeichnet den Abzug als Akt guten Willens – die
> Ukraine als Sieg.
Bild: Solidarische Briefmarken: Die Schlangeninsel gilt als Symbol des ukrainis…
Wachablösung auf der Schlangeninsel: Russische Truppen haben die Insel im
Schwarzen Meer am Donnerstag verlassen. Bei dem Rückzug handele es sich um
eine Geste des guten Willens, teilte das Moskauer Verteidigungsministerium
mit. Der Abzug demonstriere, dass die Russische Föderation die
Anstrengungen der Vereinten Nationen nicht behindere, einen humanitären
Korridor zur Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte von ukrainischem
Territorium einzurichten. Auf Fotos vom Donnerstag waren Rauchschwaden zu
sehen, die über der Insel aufstiegen.
Aus der Perspektive von Kiew stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar.
Die ständigen Angriffe der ukrainischen Streitkräfte hätten die russischen
Soldaten dazu gezwungen, die Insel zu verlassen, heißt es in einem
Kommentar auf dem ukrainische Webportal [1][focus.ua]. Angesichts schwerer
Verluste von Ausrüstung und Menschen sei es Selbstmord gewesen, auf diesem
felsigen Stück Land zu bleiben. Die Geste des guten Willens sei wohl
Moskaus politischer Neusprech für Niederlagen und Flucht.
Der ukrainische Militärexperte Juri Federow sagte gegenüber dem
russischsprachigen Nachrichtenportal [2][insider.ru], dass die russischen
Streitkräfte die Schlangeninsel aufgrund der Lieferung westlicher Waffen an
die Ukraine hätten verlassen müssen, vor allem der amerikanische
Mehrfachraketensysteme Himars. Diese seien in der Lage, eine große Anzahl
von Raketen abzufeuern, deren Sprengköpfe 90 Kilogramm wiegen. Daher sei es
für die Russen unmöglich gewesen, die Insel weiter zu verteidigen.
Die Schlangeninsel, die zum Gebiet Odessa gehört, hat eine Fläche von 17
Hektar. Die Küste ist vier Kilometer lang. In der einzigen Siedlung Bile
leben etwa 30 Menschen. Bereits am 24. Februar, dem ersten Tag des
russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, hatten mit dem Kreuzer
„Moskwa“ sowie der Korvette Wassili Bykow zwei russische Schiffe die Insel
angelaufen. Eine Aufforderung der russischen Angreifer per Funk, die
ukrainische Einheit solle sich kampflos ergeben, beantwortete der Soldat
Roman Hrykow mit dem Ausruf: „Russisches Kriegsschiff, fick dich!“
13 stationierte Soldaten
Die Annahme, alle 13 auf der Insel stationierten Soldaten seien durch den
Beschuss russischer Kriegsschiffe ums Leben gekommen, bestätigte sich
nicht. Vielmehr kamen sie später durch einen Gefangenenaustausch frei. Der
prestigeträchtige Kreuzer „Moskwa“ war übrigens am 13. April von
ukrainischen Raketen getroffen worden und einen Tag später gesunken. Die
russische Seite hatte behauptet, an Bord sei ein Brand ausgebrochen.
Aufgrund des Wetters sei das Schiff in Schieflage geraten und gesunken.
Die angebliche „Geste des guten Willens“ war nicht nur in den Medien
Gegenstand bissiger Kommentare. Auch der Chef des Büros von Staatschef
Wolodimir Selenski, Andri Ermak, bezeichnete die russische Version als
Lüge. Die Russen würden Lagerhäuser mit ukrainischen Getreide bombardieren.
Das sei am Donnerstagmorgen auch wieder im Gebiet Dnjepopetrowsk geschehen,
sagte er auf Telegram.
Moskaus deklarierte, löbliche Absichten stehen auch in einem direkten
Widerspruch zu den jüngsten Äußerungen des Duma-Abgeordneten Andrei
Gurulew. Der ehemalige Kommandeur der 58. Armee und Vize-Kommandeur des
Wehrbezirkes Süd war erst vor wenigen Tagen mit einem Text unter dem Titel
„Über das Heldentum unserer Soldaten bei der Verteidigung der
Schlangeninsel“ öffentlich aufgetreten.
Darin berichtete er darüber, wie russischen Soldaten Ausrüstung auf die
Insel lieferten und die Angriffe der Streitkräfte der Ukraine erfolgreich
abwehrten. „Wir brauchen unbedingt die Kontrolle über diese Insel, sie ist
ein strategisch wichtiges Objekt. Lasst uns unseren Helden von ganzem
Herzen danken“, heißt es am Ende des Beitrags, den das russischsprachige
Nachrichtenportal insider.ru zitiert.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der stellvertretende Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses der Duma, Juri Schwatkin, in einem Gespräch mit
dem russischen Webportal lenta.ru mehrere Punkte aufgelistet, warum die
Insel so bedeutsam sei.
Wichtiger Seeweg
Ihm zufolge sei die Schlangeninsel das wichtigste strategische Objekt im
Schwarzen Meer. „Erstens liegt sie etwa 35 Kilometer von der Küste der
Region Odessa und etwas mehr als 100 Kilometer von (der Hafenstadt) Odessa
entfernt. Zweitens wird kein einziges Schiff, hier sprechen wir von
Bulgarien, Rumänien oder Polen, an der Schlangeninsel einfach so
vorbeifahren. Dieser Seeweg steht unter der Kontrolle derjenigen Kräfte,
die sich auf der Insel befinden“, sagte der Abgeordnete.
[3][Apropos Getreide]: Aus dem von Russland besetzten ukrainischen Hafen
von Berdjansk lief am Donnerstag ein Schiff mit 7.000 Tonnen Getreide an
Bord aus. Die von Russland ernannte Verwaltung teilte mit, das Schiff werde
von der russischen Marine begleitet. Der Hafen sei zuvor von Seeminen
befreit worden, erklärte der Chef der pro-russischen Verwaltung, Ewgeni
Balitski. Die Getreidelieferung sei auf dem Weg „in befreundete Staaten“.
Dabei könnte es sich um Syrien handeln.
30 Jun 2022
## LINKS
[1] https://focus.ua/
[2] https://insider.ru/
[3] /Russische-Angriffe-in-der-Suedukraine/!5863016
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Odessa
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