# taz.de -- Geflüchtete aus der Ukraine: Das Recht auf gleiche Behandlung | |
> Geflüchtete werden nicht gleich behandelt. Nicht in Deutschland, nicht an | |
> der EU-Außengrenze, nicht in Europa. Das muss aufhören. | |
Bild: Haben die gleichen Rechte verdient: Afghanische Männer auf dem zur irani… | |
Nach Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine habe ich geschrieben, dass | |
Solidarität auch heißt, [1][die eigenen Belange kurz mal ruhen zu lassen] | |
und sich für einen Moment auf das mörderische Putin-Regime zu fokussieren. | |
Ich stehe weiter dazu. Doch diese Solidarität mit Ukrainer:innen | |
bedeutet nicht, dass andere Geflüchtete benachteiligt werden dürfen. Die | |
Ungleichbehandlung von Geflüchteten in Deutschland, Europa und an den | |
Außengrenzen der EU muss aufhören. Hier drei Beispiele, die zumindest mich | |
empören: | |
[2][In Chemnitz] mussten Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien und anderen | |
Krisengebieten eine Unterkunft kurzfristig räumen, damit ukrainische | |
Geflüchtete dort einziehen konnten. Die Stadt argumentierte, dass man den | |
vielen ukrainischen Frauen und Kindern ein eigenes Heim zur Verfügung | |
stellen wollte. Die Geflüchteten, die der Räumung zum Opfer fielen, | |
berichteten von Schikane. Die städtische Baugesellschaft informierte, dass | |
Hunderte Wohnungen in Chemnitz leer stünden und alle menschenwürdig | |
untergebracht werden könnten. Doch die lokalen Behörden bevorzugten die | |
Option, die die Benachteiligung von „sonstigen Geflüchteten“ gut | |
illustriert. | |
[3][Derzeit bereitet die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vor], der | |
ukrainischen Ärzt*innen weitestgehend erlauben würde, in deutschen | |
Kliniken Ukrainer*innen zu behandeln. 2015 wurden zwar Ausnahmen für | |
einige syrische Mediziner*innen ausgesprochen, damit sie andere | |
Syrer*innen in Unterkünften behandeln, doch eine vereinfachte | |
Arbeitserlaubnis für Kliniken folgte nicht. Auch hier: Anstatt | |
arbeitsfähigen und -willigen Ärzt*innen zu erlauben, ihrem wichtigen | |
Beruf mit ihren nachgefragten Sprachkenntnissen in jeder Umgebung | |
nachzugehen, entscheiden sich die Verantwortlichen lieber für die Variante: | |
Die einen dürfen viel, die anderen viel weniger. | |
Eine Bekannte, die in einem westdeutschen Jugendamt arbeitet, schilderte | |
mir, dass sich nach Beginn des Kriegs viele potenzielle Pflegeeltern bei | |
den Behörden gemeldet hätten. Sie wollten ukrainische Kinder aufnehmen. Als | |
es hieß, dass es zu dem Zeitpunkt keine unbegleiteten ukrainischen | |
Minderjährigen zu vermitteln gäbe, afghanische Kinder aber seit Monaten auf | |
einen geschützten Raum in einer Pflegefamilie warteten, war die | |
Hilfsbereitschaft plötzlich weg. Die Ersatzeltern wollten keine mehr sein, | |
sie wollten nur ukrainische Kinder aufnehmen. Was für eine inhumane | |
Einstellung. | |
An dieser Stelle habe ich noch nicht eklatante Menschenrechtsverstöße | |
geschildert, wie bei der pauschalen Zurückweisung von Geflüchteten an den | |
EU-Außengrenzen, die nicht zur Ukraine führen. Oder die Frontex-Verbrechen | |
auf dem Mittelmeer, bei denen regelmäßig Menschen getötet werden. Es gehört | |
sich nicht, eine Gruppe zu bevorzugen und eine andere schutzbedürftige | |
Gruppe zu benachteiligen. Wie Ukrainer*innen behandelt werden, ist | |
richtig. Andere Geflüchtete haben Gleichberechtigung nicht nur verdient: Es | |
ist ihr gutes Recht. | |
22 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Solidaritaet-mit-der-Ukraine/!5835478 | |
[2] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/ukraine-syrien-flue… | |
[3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/06/sonderregeln-ukrainische-aerzt… | |
## AUTOREN | |
Mohamed Amjahid | |
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