# taz.de -- Geflüchtete in Hamburg: Nur Ukrainer:innen erwünscht | |
> Hamburg will in den Geflüchtetenunterkünften Platz für Ukrainer:innen | |
> schaffen. Aus einer Unterkunft müssen dafür andere Schutzsuchende | |
> ausziehen. | |
Bild: Um Ukrainer:innen zu helfen, müssen andere Geflüchtete weichen | |
HAMBURG taz | In einer [1][Geflüchtetenunterkunft] im Norden Hamburgs | |
dürfen in Zukunft nur noch ukrainische Geflüchtete wohnen – alle anderen | |
müssen ausziehen. Das geht aus einem Offenen Brief des „Bündnis Hamburger | |
Flüchtlingsinitiativen“ (BHFI) hervor, mit dem es sich vergangene Woche an | |
die Hamburgische Bürgerschaft gewandt hatte. | |
Es beruft sich auf die Neuverhandlungen der sogenannten „Bürgerverträge“ | |
zwischen der Stadt und der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“. | |
In dieser ist die ausschließliche Unterbringung von [2][Ukrainer:innen] | |
ab Mitte des Jahres in der Unterkunft Große Horst vertraglich festgehalten | |
– zulasten von BIPoC-Geflüchteten (Black, Indigenous, People of Color). | |
Die „Bürgerverträge“ wurden 2016 zwischen der Stadt und der Volksinitiati… | |
beschlossen. Damals setzte die Initiative einen Verteilungsschlüssel für | |
die Unterbringung von Geflüchteten in den Stadtteilen durch und forderte | |
langfristig einen Abbau der Unterkünfte. Von Seiten der Stadt hieß es zu | |
der Zeit, dass es „keinen Umzugsmarathon“ geben würde. | |
Doch nun sind die Verträge anlässlich der hohen Anzahl an Geflüchteten aus | |
der Ukraine zunächst für ein Jahr ausgesetzt. Damit kann die Stadt neue | |
Unterkünfte für [3][Schutzsuchende] bauen und vorhandene erweitern. | |
Insgesamt will die Stadt 1.300 neue Plätze realisieren, wie sie Anfang | |
April bekannt gab. | |
## Andere Schutzbedürftige anderswo unterbringen | |
Durch die Anpassung bleibt auch die Unterkunft Große Horst in Klein Borstel | |
vorerst von den Abbauplanungen verschont. Für Mitte Februar war | |
ursprünglich die Schließung angesetzt, damit ab Juni neue Wohnanlagen auf | |
dem Gelände gebaut werden können. Bereits Mitte letzten Jahres war nach | |
Angaben der Stadt abzusehen, dass sich der Baubeginn verzögern würde. | |
Seitdem stand sie mit der Volksinitiative über eine Verlängerung des | |
Standorts im Dialog, damit genügend Zeit bleibt, die Schutzsuchenden | |
anderweitig unterzubringen. Angesichts der hohen Anzahl an ukrainischen | |
Geflüchteten einigten sich die Stadt und die Initiative nun darauf, den | |
Betrieb um noch ein weiteres Jahr zu verlängern. | |
Die BHFI wirft der Volksinitiative deshalb rassistische Handlungsmotive | |
vor, da dort momentan vor allem BIPoC-Schutzsuchende untergebracht sind, | |
für die es keine Verlängerung gegeben hätte. Von der Stadt fordert sie, von | |
der diskriminierenden Vereinbarung zurückzutreten. | |
Bereits vor der Veröffentlichung der Forderung stand die BHFI im Austausch | |
mit ihr: „Als die Stadt das Vorhaben bestätigte, war ihr das schlechte | |
Gewissen anzumerken“, sagt Manfred Ossenbeck, Sprecher der BHFI. Die Stadt | |
habe sich von der Volksinitiative erpressen lassen, die die Situation des | |
Platzmangels in den Unterkünften für sich ausgenutzt hätten. | |
## Vorwurf von rassistischen Handlungsmotiven | |
Die Stadt äußert sich zu dem Brief auf Nachfrage der taz ausweichend. Da | |
der Standort eigentlich Mitte des Jahres geschlossen worden wäre, würden | |
die Vermittlungen der dort lebenden Geflüchteten in Wohnraum oder andere | |
Unterkünfte bereits laufen. Daraus ergebe sich, dass folgend Familien aus | |
der Ukraine in der Unterkunft Große Horst aufgenommen werden. | |
Klaus Schomacker, Sprecher von „Hamburg für Gute Integration“, begrüßt e… | |
Plätze für ukrainische Geflüchtete geschaffen zu haben. Er empfiehlt dem | |
BHFI, es der Initiative gleichzumachen und ebenfalls politische Verträge | |
mit der Stadt abzuschließen, um Interessen für Schutzsuchende | |
durchzusetzen. | |
Für Ossenbeck ist klar, dass Schomacker nicht auf den Kern der Vorwürfe zu | |
sprechen kommt. Denn im Wesentlichen ginge es darum, dass die weitere | |
Nutzung der Unterkunft nur wegen der ukrainischen Geflüchteten verlängert | |
wird und für andere geschlossen worden wäre. Zudem würde die BHFI nie eine | |
vertragliche Einigung anstreben, da sie „allen Geflüchteten hilft und | |
niemals eine Beschränkung auferlegen würde.“ | |
Die Sozialbehörde hat bisher keine Angaben dazu gemacht, ob die Forderung | |
der BHFI berücksichtigt wird. Zudem sticht der unterschiedliche Umgang mit | |
Geflüchteten auch im vereinbarten „Lagebild Flüchtlinge“ hervor. Das ist | |
die monatliche Berichterstattung über die Situation der Unterkünfte durch | |
die Stadt gegenüber der Volksinitiative, bei der es in der Vergangenheit zu | |
Unregelmäßigkeiten gekommen sei, so Schomacker. In der neuen Übereinkunft | |
der Vertragsparteien heißt es, dass besonders die Unterbringung | |
geflüchteter Menschen aus der Ukraine Erwähnung findet. | |
4 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Henrike Notka | |
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