| # taz.de -- Sturmvogel-Ferienlager in Hützel: Wo Kinder fürs rechte Leben ler… | |
| > In Niedersachsen hat die rechtsextreme Organisation „Sturmvogel“ ein | |
| > Jugendlager veranstaltet. Der Nachwuchs wird geschult und körperlich | |
| > ertüchtigt. | |
| Bild: Hier tragen Kinder nicht nur Uniform, sondern werden auch zum uniformen D… | |
| Hamburg taz | Am Rand des unübersichtlichen Anwesens ist viel Bewegung. | |
| Neben einer großen, runden Jurte stehen kleinere Kohten aufgereiht. Mädchen | |
| und Jungen laufen [1][auf dem „Immenhof“ in Hützel in der niedersächsisch… | |
| Gemeinde Bispingen] herum. Mal tragen sie ihre Uniformen, dann einheitliche | |
| Sportkleidung. Es ist ein exklusiver Kreis. Die rund 30 jungen | |
| Teilnehmenden in der Lüneburger Heide sind keine Pfadfinder auf Fahrt. Sie | |
| gehören dem rechtsextremen Jugendverband „Sturmvogel“ an. | |
| Beim Spaziergang war Einheimischen das Lager mit der Aufschrift am | |
| selbstgebauten Tor „Der Fröhlichkeit die Türen auf“ aufgefallen. Sie | |
| dachten anfänglich, so erzählen sie es der taz, dort würde einfach ein | |
| Jugendlager ablaufen. Doch die Jugendlichen sahen so „blond aus, so | |
| auffällig blond aus“, die waren „so urdeutsch aufgemacht“. Mit ihrem Nam… | |
| in der Zeitung stehen wollen die Beobachtenden nicht. | |
| Auch die Polizei schaute auf dem Gelände vorbei. Am Haupteingang prangt ein | |
| Schild: „Privatgelände! Unbefugten ist das Betreten verboten! | |
| Widerrechtliches Betreten wird zur Anzeige gebracht“. Die Zufahrt zum Camp | |
| dagegen ist mit einer unscheinbaren Schranke versperrt, die älteren | |
| Sturmvögel können sie mit den wenigen Autos passieren. | |
| Die Gruppe scheint Wolfhard F. aus dem Landkreis Lüneburg anzuführen. Die | |
| Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt gegen seinen Vater im Zusammenhang | |
| [2][mit einer rechtsextremen Untergrundgruppe] um Jens G. aus dem Raum | |
| Hannover. | |
| ## Kinder aus völkischen Familien | |
| Die Sturmvögel fallen aber nicht bloß auf dem Gelände auf. Am Dienstag | |
| erschienen im nahen Lüneburg vier Mädchen in der Fußgängerzone. In der | |
| Kluft, dessen Logo ein schwarzer Vogel auf weiß-rotem Grund ist. Sie sangen | |
| und musizierten, sammelten Geld. Zwei der musizierenden Mädchen stammen aus | |
| bekannten völkischen Familien aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein. | |
| Auch die anderen Kinder und Jugendlichen auf dem Immenhof kommen aus diesem | |
| Milieu. Die Eltern schicken den Nachwuchs gern zu dem Jugendverband, der | |
| eine Abspaltung der 1994 verbotenen Wiking-Jugend (WJ) ist. Interner Zwist | |
| führte dazu, dass NPD-nahe Akteure 1987 den Sturmvogel gründeten. | |
| „Eine vermeintlich harmlosere Abspaltung“, betont der | |
| Rechtsextremismusexperte Gideon Botsch, der am Potsdamer | |
| Moses-Mendelssohn-Zentrum zur „bündischen Jugend“ forscht. Laut einem | |
| Gründungsflugblatt will der Sturmvogel per Jugendarbeit ein „Vorleben“ | |
| vermitteln, das gegen den „Ungeist“ aufbegehrt, „der unserem Volk derzeit | |
| jeden Atemzug verpestet“. Als „volkstreu eingestellte Deutsche“ wollen die | |
| Mitglieder leben – und am Ende auch gesellschaftliche Veränderung bewirken. | |
| Die Eltern wissen, wohin sie ihre Kinder schicken. Sie möchten ihre Kleinen | |
| in diesem urdeutschen Milieu „unter Gleichen“ sozialisieren. Auf dem | |
| Programm der Freizeit stehen körperliche Ertüchtigung und ideologische | |
| Schulungen. Zu den Fahrten und Lagern kommen sie regelmäßig aus dem | |
| gesamten Bundesgebiet zusammen. [3][Partnerschaften gründen sich unter | |
| Gleichgesinnten.] | |
| In der Region hat man Sorge, dass hier ein neuer rechtsextremer Hotspot | |
| entsteht. Schon Ende Juni fiel das Gelände um den Immenhof auf. Damals | |
| trafen sich dort Interessierte aus einem esoterisch geprägten Milieu | |
| zwischen Reichsideologie und der völkisch-esoterischen Anastasia-Bewegung | |
| [4][zum Austausch über ein rechtes Siedlungsprojekt.] | |
| ## Der Versteigerungstermin steht | |
| Das 42 Hektar große Gelände mit mehreren Gebäuden steht offiziell zum | |
| Verkauf. Der Eigentümer hat finanzielle Schwierigkeiten. Ein zweiter | |
| Versteigerungstermin steht bevor. Noch sind keine Verträge gemacht und bis | |
| dahin stellt der Eigentümer sein Grundstück nun Gruppen wie dem Sturmvogel | |
| zur Verfügung. | |
| Das Gelände baute die AWO 1927 als Reformprojekt für Mädchen und junge | |
| Frauen auf, und ab 1933 nutzte die Hitlerjugend das Grundstück zur Schulung | |
| und Wehrertüchtigung. | |
| Erste Angebote für den Immenhof gibt es bereits. Eine Frau aus | |
| Hamburg-Blankenese bot beim letzten Termin am Amtsgericht Soltau 5,5 | |
| Millionen Euro. Sie plane mit „ihren Geldgebern“ etwas mit Pferden, für | |
| Menschen oder ein Gesundheitszentrum. Ihr politischer Hintergrund ist | |
| unbekannt. | |
| Die Kommune Bispingen hatte nur 2,7 Millionen geboten. Am 31. August steht | |
| der nächste Versteigerungstermin an. Dann wird sich zeigen, ob auch rechte | |
| Akteure um den Hof mitbieten. | |
| 4 Aug 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
| Andrea Röpke | |
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