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# taz.de -- Rechtsextremismus-Expertin gespeichert: Polizei mit seltsamem Beute…
> Das niedersächsische Landeskriminalamt hat die Journalistin Andrea Röpke
> rechtswidrig in ihrer Datenbank Inpol gespeichert. Sie kennt das schon.
Bild: Der in Stahl, Glas und Beton manifestierte Apparat: Landeskriminalamt Nie…
Hamburg taz | Am Ende gab es eine Entschuldigung. In einem Brief bedauert
das niedersächsische Landeskriminalamt, die Journalistin und
Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke unrechtmäßig in ihrer
Strafverfolgungsdatenbank Inpol geführt zu haben. Die vorgeschriebene
Verhältnismäßigkeitsprüfung sei leider unterblieben. „Seien Sie versicher…
dass wir diesen Sachverhalt sehr ernst nehmen“, heißt es in dem Schreiben.
Um den Staatsschutz zu dieser Einsicht zu bringen, bedurfte es allerdings
erst eines Urteils des Verwaltungsgerichts Stade.
[1][Die Hartleibigkeit der Ermittlungsbehörden überrascht Röpke nicht].
„Diese Erfahrung mache ich schon seit Jahren“, sagt sie. Bereits 2013
musste sich der Verfassungsschutz dafür entschuldigen, dass er Röpke hatte
überwachen lassen. Jetzt war es der polizeiliche Staatsschutz, der sie im
Visier hatte. „Man hat’s ja gemerkt, dass sie sehr großes Interesse an uns
haben – aber fast gar kein Interesse an den Rechten selber“, sagt die
Szene-Beobachterin.
Dass Röpke in der Inpol-Datenbank landete, die „der Verhütung und
Aufklärung von politisch motivierten Straftaten mit länderübergreifender,
internationaler oder erheblicher Bedeutung“ dient, hatte sie einem
AfD-Ratsherrn aus Papenburg zu verdanken, der sie wegen einer „üblen
Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ anzeigte.
Röpke hatte ihn wegen eines Likes im Internet mit einem bekannten Neonazi
in Verbindung gebracht. Auf eine Nachfrage hin stellte der Ratsherr
allerdings keinen Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft stellte die Sache
ein.
Dennoch sah die Polizei keinen Grund, Röpke aus der Datenbank zu nehmen,
wie dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist. Röpkes Antrag auf
Löschung lehnte das LKA mit dem Hinweis ab, sie sei seit Jahren
staatsschutzrechtlich bekannt und trete durch entsprechendes Verhalten
regelmäßig in Erscheinung. Bei ihr müsse davon ausgegangen werden, dass
auch künftig ähnliche Vorfälle eintreten werden.
Nähere Ausführungen zum Verhalten Röpkes machte das LKA nicht. Die
Journalistin ist eine profilierte Beobachterin der rechten Szene, die
[2][auch für die taz schreibt]. Auch das LKA erkennt das an: Die Klägerin
sei durch eigene Publikationen, aber auch durch die öffentliche
Berichterstattung von bekannten TV-Magazinen und überregionalen
Zeitschriften als „Person des öffentlichen Lebens“ anzusehen, woraus eine
große und ortsunabhängige Reichweite von Äußerungen der Klägerin
resultiere, zitiert das Gericht. Für das LKA war das allerdings eher ein
Grund zur Speicherung, denn für Inpol müssen die Daten ja von
überregionaler Relevanz sein.
Das Verwaltungsgericht erklärte die Speicherung für rechtswidrig. Zum einen
seien die Kriterien für eine Speicherung in Inpol nicht nachvollziehbar,
zum anderen sei sie unnötig. Denn Röpke habe die strittige Äußerung ja in
einem „journalistischen Text offen unter Verwendung des Klarnamens“
getätigt. Eine Strafverfolgung sei also leicht auf anderem Wege möglich.
## Beachtenswerte Pressefreiheit
Im Übrigen sei die Pressefreiheit zu beachten: Wenn Journalisten vielfach
mit nicht weiter substantiierten Strafanzeigen überzogen würden, könne das
deren Arbeit erheblich behindern. Im Klartext: Die Speicherung bei Inpol
machte Röpke etwa bei Datenabfragen im Rahmen von Polizeikontrollen
automatisch zur Verdächtigen.
Warum die Polizei keine Konsequenzen aus der [3][Rechtswidrigkeit der
Überwachung Röpkes durch den Verfassungsschutz] gezogen hat? Das LKA
beantwortet das damit, dass Speicherungen durch den Verfassungsschutz und
die Polizei auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhten. Ob Daten
gespeichert würden, müsse in jedem Einzelfall geprüft werden. Warum die
Verhältnismäßigkeit der Speicherung in Röpkes Fall unterblieben sei, werde
„derzeit geprüft“.
Das niedersächsische Innenministerium hat das LKA beauftragt, die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu prüfen und entsprechend umzusetzen.
„Eine abschließende Bewertung steht noch aus“, teilte das Ministerium mit.
[4][Seit 2013 wird das Ministerium vom SPD-Mann Boris Pistorius geführt].
„Ich unterstelle Pistorius schon, dass er es ernst meint“, sagt Röpke.
Trotzdem müsse Niedersachsen sowohl was die Aufklärung als auch die
Prävention rechtsextremer Straftaten angehe als Entwicklungsland betrachtet
werden. Nötig sei eine Reform oder besser die Abschaffung des
Verfassungsschutzes. Außerdem müsse die Polizei viel besser mit Blick auf
die Bedrohung von rechts ausgebildet werden.
## Mitarbeiter „besonders sensibilisiert“
Das LKA weist darauf hin, dass seine Fachaufsichten und Mitarbeiter vor dem
Hintergrund des Stader Urteils „noch einmal besonders sensibilisiert“
worden seien. Das LKA Niedersachsen beteilige sich an dem landesweiten
Projekt „Polizeischutz für die Demokratie“ und hat eigene „Demokratiepat…
ausgebildet. Zusätzlich würden die Mitarbeitenden speziell für die Rolle
von Medienschaffenden sensibilisiert.
Auch mit Zweifeln an der Einstellung ihrer Beamtinnen und Beamten setze
sich die Polizei auseinander. [5][Deren Mentalität werde etwas mit dem
Forschungsprojekt Megavo der Deutschen Hochschule der Polizei untersucht].
Rafael Behr von der Akademie der Polizei in Hamburg bemängelt, dass es
bisher keine seriöse Forschung zur Einstellung von Polizisten gebe, „weil
sie systematisch von einflussreichen Leuten in der Polizei verhindert
wurde“.
Der Fall Röpke wäre aus seiner Sicht ein typischer Anwendungsfall für einen
wünschenswerten externen und mit Machtmitteln ausgestatteten
Polizeibeauftragten.
5 Aug 2022
## LINKS
[1] /Recherchen-im-Neonazi-Milieu/!5380272
[2] /Andrea-Roepke/!a25841/
[3] /Bespitzelung-von-Journalisten/!5057641
[4] /Partnerschaft-von-Instagram-Polizistin/!5861038
[5] https://www.dhpol.de/departements/departement_III/FG_III.5/megavo.php
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Innere Sicherheit
Polizei
Rechtsextremismus
Justiz
Völkisch
Reservisten
Polizei
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