| # taz.de -- Friedrichshain-Kreuzberg vs. Autobahn: Kampfansage gegen die A100 | |
| > Friedrichshain-Kreuzberg tut sich gegen den Weiterbau der Stadtautobahn | |
| > zusammen. Zur Not will die Bezirksbürgermeisterin sogar gegen den Bund | |
| > klagen. | |
| Bild: Keiner will sie – nur die FDP | |
| Berlin taz | Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg will alles | |
| unternehmen, um den Weiterbau der Autobahn A100 zum Ostkreuz und darüber | |
| hinaus zu verhindern. Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) sagte am | |
| Mittwoch, das Bezirksamt werde „bei allen Verfahrensschritten“ seine Rolle | |
| als Träger öffentlicher Belange nutzen, wenn die Realisierung des 17. | |
| Bauabschnitts vom Bund weiter vorangetrieben werden sollte. Notfalls ziehe | |
| man auch eine Verwaltungsklage in Betracht. | |
| Herrmann hatte zusammen mit anderen Akteurinnen in den Club „about blank“ | |
| am Ostkreuz geladen, um ein Zeichen gegen die Pläne des | |
| Bundesverkehrsministeriums zu setzen. Die Behörde von Minister Volker | |
| Wissing (FDP) hatte im März angekündigt, [1][den umstrittenen letzten | |
| Abschnitt der Stadtautobahn umzusetzen]. Im Mai schrieb die Autobahn GmbH | |
| die Planungsleistungen aus. | |
| „Der geplante Ausbau der Autobahn mitten durch unseren Kiez ist ein | |
| weiteres Beispiel dafür, dass eine menschengerechte Stadt hinter den | |
| wirtschaftlichen Interessen weniger zurückstehen soll“, sagte Linda Martin | |
| vom Nachbarschaftsbündnis „Wem gehört der Laskerkiez?“. Das Bauvorhaben | |
| treibe die „Durch-Gentrifizierung des Stadtteils“ voran, warnte sie. Briti | |
| Beneke von der BürgerInneninitiative A100 warb dafür, die | |
| Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu erhöhen. „Es macht keinen Sinn, | |
| die Kieze mit einer Betonschneise zu zerstören, auf der die Menschen dann | |
| ‚ins Grüne fahren‘ können.“ | |
| Elisabeth Steffen vom Kollektiv des „about blank“ bezeichnete den Weiterbau | |
| als „verkehrs- und umweltpolitischen Irrsinn angesichts der | |
| menschengemachten Klimakrise“ und forderte eine „gerechte Umverteilung des | |
| öffentlichen Raums mit mehr Platz zum Verweilen, mehr Platz für Kultur, | |
| mehr Platz für Grünflächen“. Das Aus für die A100 werde „nicht die letz… | |
| Platte im Soundtrack der Verkehrswende sein“. | |
| Der Club befindet sich auf einer Liegenschaft im Eigentum des Bezirks. | |
| Einen langfristigen Pachtvertrag kann dieser den BetreiberInnen aber wegen | |
| „Planungsbefangenheit“ im Kontext der A100 nicht anbieten. Für das „about | |
| blank“ wäre der 17. Bauabschnitt das Aus: Zwar würde die Trasse wohl nicht | |
| über das Gelände, aber in dessen direkter Nachbarschaft verlaufen – der | |
| Raum würde für die ausladende Baustelle benötigt. | |
| ## „Clubkultur erhalten“ | |
| „Es wäre Wahnsinn, eine Betonschneise durch eine der am dichtesten | |
| besiedelten Gegenden Deutschlands zu schlagen“, so Clara Herrmann, die | |
| betonte, Friedrichshain-Kreuzberg habe als kleinster Bezirk Berlins „keinen | |
| Platz“ für so etwas. Stattdessen brauche die gewachsene und weit über | |
| Berlin hinaus bedeutsame Clubkultur ebenso Raum wie die Gewerbebetriebe, | |
| die sich hier angesiedelt hätten. Aber auch „soziale und öffentliche | |
| Infrastruktur“ solle im Umfeld entwickelt werden. | |
| Eine vom Bündnis präsentierte Ideenskizze zeigt auf der für die A100 | |
| vorgehaltenen Fläche eine mit Gebäuden durchsetzte Parklandschaft – | |
| ausstaffiert mit jungen Familien und JoggerInnen. Die jüngst von SPD-Chef | |
| Raed Saleh aufgestellte These, Verkehrsberuhigung führe zu Verdrängung, | |
| lehnt Clara Herrmann ab. „Das Problem der Gentrifizierung lösen wir nicht | |
| mit Autobahnbau“, so die Bezirksbürgermeisterin. | |
| Briti Beneke wies darauf hin, dass nur eine Mehrheitsentscheidung des | |
| Bundestags den 17. Bauabschnitt aus dem verbindlichen | |
| Bundesverkehrswegeplan entfernen kann. Danach sieht es angesichts der | |
| FDP-Zuständigkeit für das Verkehrsressort nicht aus. In Berlin sprach sich | |
| [2][die SPD vor Kurzem als letzte der drei Koalitionspartnerinnen] gegen | |
| das Projekt aus. | |
| ## Bezirk will sich gut vorbereiten | |
| Die erste Gelegenheit, sich querzustellen, hätte der Bezirk laut seinem | |
| Rechtsamtsleiter Rolfdieter Bohm, sobald es um die „Linienbestimmung“ ginge | |
| – die Ermittlung des genauen Trassenverlaufs. Das erfordere eine | |
| Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der das Bezirksamt sich einbringen | |
| könne. Bohm: „Je besser wir vorbereitet sind, desto größer ist unser | |
| Einfluss.“ | |
| Sollte am Ende tatsächlich geklagt werden, erinnerte Clara Herrmann daran, | |
| dass der frühere Bezirksbürgermeister Franz Schulz schon beim 16. | |
| Bauabschnitt diesen Weg beschritten hatte. Die Klage wurde zurückgewiesen, | |
| weil der Bezirk integraler Teil des Landes Berlin ist – das damals selbst | |
| mit der Planung betraut war. Mittlerweile plant aber die Autobahn GmbH – | |
| und die gehört dem Bund. | |
| 27 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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