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# taz.de -- A100-Debatte im Abgeordnetenhaus: Clash der Staatsebenen
> Aus Sicht der oppositionellen FDP braucht das Bundesverkehrsministerium
> den rot-grün-roten Senat gar nicht für einen Weiterbau der Autobahn.
Bild: Das im Bau befindliche 16. Teilstück der A100 verläuft durch Neukölln …
Berlin taz | Droht da ein [1][Verfassungskonflikt] wegen der A100? Bauen
irgendwann vom Bund beauftragte Firmen, von Sicherheitsleuten geschützt,
gegen den Willen des Senats den 17. Bauabschnitt der umstrittenen Autobahn
durch Friedrichshain? Das schien am Donnerstag im Abgeordnetenhaus
zumindest nicht ausgeschlossen. Denn während die grüne Verkehrssenatorin
Bettina Jarasch verspricht, dass der Weiterbau ab der Elsenbrücke mit der
rot-grün-roten Koalition nicht passieren werde, sieht das die FDP-Fraktion
ganz anders. Aus deren Sicht braucht das Bundesverkehrsministerium die
Landesregierung dafür gar nicht. „Sie müssen nichts vorantreiben“, meint
ihr verkehrspolitischer Sprecher; Felix Reifschneider. „Machen Sie das, was
Sie sonst auch machen: nichts.“
Zehn Tage ist an diesem Vormittag die Ankündigung aus dem
Verkehrsministerium alt, das die Ausschreibung für die weitere Planung der
A100 erfolgt ist. Seither tobt die schon beendet geglaubte Debatte darüber
so heftig wie kurz nach der Wahl 2011, als eine damals mögliche rot-grüne
Koalition am Zwist über den Weiterbau scheiterte und stattdessen
Rot-Schwarz zustande kam. Zehn Tage voller empörter Reaktionen seitens der
rot-grün-roten Koalition, die sich komplett übergangen fühlt, und großer
Begeisterung bei den Oppositionsfraktionen, allen voran der FDP, die auf
Bundesebene das Ministerium leitet.
Jarasch will vor Kurzem noch mit Verkehrsminister Volker Wissing selbst
über die A100 gesprochen haben, um zu klären, wie der fast fertige 16.
Bauabschnitt 2024 an der Elsenbrücke münden soll, ohne dort für ein
Verkehrschaos zu sorgen. Nichts soll Wissing von einer anstehenden
Ausschreibung für das 17. Teilstück gesagt haben.
Aus Sicht des FDP-Abgeordneten Reifschneider ist das auch gar nicht nötig:
Den Bundesverkehrswegeplan, zu dem der Weiterbau gehört, habe der Bundestag
in der vergangenen Wahlperiode beschlossen – und zwar auch mit Stimmen der
SPD –, und der werde nun schlicht von der Verwaltung umgesetzt. SPD und
Grüne hingegen interpretieren den erst im Dezember unterzeichneten
Ampel-Koalitionsvertrag auf Bundesebene mit der FDP so, dass alle Projekte
noch mal überprüft werden sollten. Die Liberalen schließen das auch gar
nicht aus, bloß geht es für sie bei einer Prüfung nur noch um das Wie,
nicht aber um das Ob des Baus.
Die Ausschreibung war auch nicht zufällig passiert, weil sie vielleicht ein
bayerischer, nicht mit den Umständen vertrauter Ministerialer unbedarft
rausschickte: Wissings Staatssekretärin Daniela Kluckert, die diesen
Schritt per Zeitungsinterview verbreitete, ist die Chefin der Pankower FDP,
wo gleichfalls der Abgeordnete Reifschneider zu Hause ist. Zudem ist auch
ihr Schwager Abgeordnetenhausmitglied, ihr Mann gehörte der dortigen
Fraktion bis 2011 an.
## Spott über „Klimaautobahn“ der CDU
Für den meisten Spott aber sorgt in der Debatte eine Idee des
CDU-Landesvorstands, entstanden bei einer Klausurtagung am vergangenen
Wochenende: Aus der A100 solle eine „[2][Klimaautobahn]“ werden, mit
Grünflächen nebendran und Verkehrsberuhigung in umliegenden Stadtteilen.
„Wenn man die Wörter Klima und Autobahn zusammenfügt, entsteht daraus noch
lange kein Klimaschutz“, meint etwa Senatorin Jarasch dazu. Für sie hilft
es auch nicht aus, was für die CDU ein entlastendes Argument ist, dass
nämlich auf einer einst fertigen Autobahn Fahrzeuge klimaneutral unterwegs
sein würden: Der Austausch des Antriebs werde nicht ausreichen, um die
Klimakatastrophe zu verhindern.
Die AfD-Fraktion wiederum erinnert am Rednerpult an eine
Tagesspiegel-Umfrage vom vergangenen Juni: Damals [3][befürworteten 70
Prozent] der Befragten den 17. Bauabschnitt, also den Weiterbau ab der
Elsenbrücke. Kritiker sagen dazu, über ein so einschneidenes Bauprojekt
müssten die Anwohner entscheiden und nicht jene, die weit davon entfernt
wohnen.
Jarasch setzt schließlich trotz der selbstbewussten Worte des
FDP-Abgeordneten Reifschneider darauf, dass der Konflikt der Staatsebenen
ausbleibt: „Es wäre die erste Autobahn, die an der Landesregierung
vorbeigebaut würde.“ Dabei hofft sie auch auf Einsicht an der Spitze der
zuständigen Behörde: Den Bundesverkehrsminister halte sie nämlich „im
Übrigen für einen vernünftigen Menschen“.
7 Apr 2022
## LINKS
[1] https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg…
[2] https://cdu.berlin/news/lokal/721/A100-soll-zur-Klimaautobahn-weiterentwick…
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/trotz-zahlreicher-proteste-70-prozent-de…
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Bettina Jarasch
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Autobahnbau
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