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# taz.de -- Oberbürgermeister von Freital: Besuch beim Reichsbürger
> 2021 traf sich Uwe Rumberg mit einem bekannten Reichsbürger. Am Sonntag
> hofft der OB auf die Wiederwahl im sächsischen Freital.
Bild: Uwe Rumberg Bürgermeister von Freital hat sich mit Peter Fitzek, der sel…
Berlin taz | Die Neugier muss groß gewesen sein. Gut zwei Stunden dauert
die Autofahrt von Freital in die Lutherstadt Wittenberg, und diesen Weg
nahm der Oberbürgermeister der sächsischen Stadt bei Dresden, Uwe Rumberg,
auf sich, um zur Audienz zu gelangen bei einer der [1][schillerndsten
Figuren der Reichsbürger-Szene: Peter Fitzek]. „Seine königliche Hoheit
Peter I.“, selbsternanntes Staatsoberhaupt des „Königreichs Deutschland“,
empfing an einem Freitag im Juni 2021 den Kommunalpolitiker, wie sowohl
Fitzek als auch Rumberg auf taz-Anfrage bestätigen.
Schon 2012 hatte der gelernte Koch Fitzek sein eigenes Königreich
gegründet, „Staatsgebiet“ ist ein ehemaliges Krankenhausgelände in
Wittenberg. Rumberg sagt, eine Freitaler Bürgerin habe ihm mitgeteilt, dass
sie mit einem Unternehmer in Kontakt stehe, der eine „Anlage für eine
alternative autarke Gebäudenenergieversorgung mit Wärme und Strom“
entwickelt habe. Der Prototyp könne vor Ort in Wittenberg besucht werden.
Als Experten nahm das Stadtoberhaupt den Geschäftsführer der örtlichen
Wohnungsgesellschaft WGF mit, mit Blick auf den „erheblichen Energiebedarf“
des Unternehmens „und unter Berücksichtigung ständig steigender
Energiepreise“. Dass es sich bei dem Unternehmer um den „König von
Deutschland“ Peter Fitzek handele, der der Reichsbürgerszene zugerechnet
werde, sei ihm nicht bekannt gewesen, versichert Rumberg. Weder vor- noch
nachher habe es weitere Kontakte mit Fitzek gegeben. WGF-Geschäftsführer
Henryk Eismann schildert in einer Mail Details zum Gespräch, teilt dazu
indes mit: „Die Veröffentlichung oder Verwendung dieser Informationen
untersage ich hiermit ausdrücklich.“
War das Treffen von Rumberg und Eismann mit Fitzek bloß naiv? Von der Rolle
des Reichsbürgers hätten die beiden wissen können. Der Verfassungsschutz
warnt seit Jahren vor dem Mann, während der die Expertisen des
Geheimdienstes „hanebüchenen Unfug“ nennt. Im November 2020 organisierte
Fitzek im thüringischen Saalfeld eine Versammlung von Kritiker:innen
der Corona-Maßnahmen – unter den Teilnehmer:innen war auch
Querdenken-Anführer Michael Ballweg.
Inhaltlich gibt es Schnittmengen: Auch Oberbürgermeister Rumberg macht aus
seiner Sympathie für Corona-Verharmloser:innen keinen Hehl. [2][Im Juni
2020 trat er gemeinsam mit mehreren lokalen Parteifunktionär:innen],
unter anderem Eismann, aus der CDU aus – auch aus Protest gegen die
staatliche Corona-Politik, die nach seinen Worten „der blanke Wahnsinn“
ist.
## Kommunalwahl am Sonntag
Anfang Mai 2021 ließ sich Rumberg bei einer von der AfD organisierten
Kundgebung von mehr als 100 Buben und Mädchen, Eltern und Großeltern dafür
feiern, dass er gegen die Testpflicht von Grundschüler:innen ist. Die
Menge ließ 99 Luftballons in den Himmel steigen – eine Respektsbekundung
für Maßnahmen-Kritikerin Nena.
Am Sonntag tritt Rumberg als Kandidat der Wählervereinigung „Konservative
Mitte“ wieder als OB an. Die rechtsextremen „Freien Sachsen“ warben auf
ihrem Telegram-Kanal für ihn. Er sei „ein Mann mit Rückgrat“, trotze dem
politischen Mainstream und ziehe den „Zorn des Parteienblocks“ auf sich.
Deshalb sei ihm am Sonntag viel Erfolg zu wünschen.
2021 kam eine Kooperation mit Reichsbürger Fitzek letztlich nicht zustande.
Rumberg und Eismann zweifelten an der Funktionsfähigkeit und
Wirtschaftlichkeit der angeblich autarken Anlage, wie der Oberbürgermeister
sagt. „Herr Geschäftsführer Eismann ist in diesem Thema sehr versiert und
dessen konkrete Fragen konnten nicht befriedigend beantwortet werden.“
Fitzek habe im Zuge der Diskussion zunehmend auf politische Themen
umgeschwenkt, „die eine Identifikation mit der Reichsbürgerszene
nahelegten“.
Diese Ideologie aber werde in ihren unterschiedlichen Ausprägungen sowohl
von Eismann als auch von ihm rundum abgelehnt. „Wir haben das Gespräch dann
auch sehr schnell beendet und sind in Anbetracht der verschenkten Zeit
enttäuscht nach Freital zurückgefahren.“
10 Jun 2022
## LINKS
[1] /Rechtes-Schloss-in-Sachsen/!5854946
[2] /Zweites-Urteil-wegen-Freital-Terror/!5745263
## AUTOREN
Matthias Meisner
## TAGS
Reichsbürger
Freital
Sachsen
Kommunalwahl
GNS
Kolumne Der rechte Rand
taz-Serie: Die Reichsbürger
Schwerpunkt AfD
Lesestück Recherche und Reportage
Reichsbürger
Polizei Niedersachsen
Schwerpunkt Rechter Terror
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