Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Änderung des Kartellrechts: Habeck schreckt ab
> Die vom Wirtschaftsminister geplante Verschärfung des Kartellrechts
> greift noch nicht beim Tankrabatt. Doch das Vorhaben hat abschreckende
> Wirkung.
Bild: Autofahrenden bringt die Reform des Kartellrechts für den Moment nichts
Ein wenig skurril ist es ja schon. Eigentlich war es vor nicht allzu langer
Zeit politischer Konsens, dass Benzin wegen der Klimakrise teurer werden
muss – aber darüber ist in letzter Zeit wenig zu hören. Egal, ob man nun
billiges Benzin in der jetzigen Situation gutheißt oder nicht – der von der
FDP durchgedrückte Tankrabatt war ein Scheitern mit Ansage.
[1][Expert*innen warnten davor,] dass Mineralölkonzerne den Rabatt
einfach einstreichen könnten, und das hat sich offenbar bewahrheitet.
Das Sinnvollste wäre eigentlich, eine unsinnige, befristete Maßnahme sofort
abzubrechen und sich etwas Besseres zu überlegen, anstatt Milliarden zu
verpulvern. Aber Logik hat keinen Platz im politischen Berlin, denn das
würde am Grundgerüst der Ampel rütteln.
Also geht man einen viel größeren Schritt: Das Kartellrecht soll verschärft
werden. Verkehrt ist das nicht. Nach bisherigem Recht ist es kaum möglich,
Mineralölkonzernen Missbrauch nachzuweisen. Man braucht ja nur auf die
Tanktafeln zu gucken, um die Preise der anderen zu sehen.
Wenn es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck geht, soll das Kartellamt
also künftig mehr Eingriffsmöglichkeiten bekommen, um auch ohne einen
Nachweis von Marktmissbrauch Gewinne abschöpfen zu können – und notfalls
Konzerne zerschlagen dürfen. In den Büroetagen der Ölkonzerne macht sich
bestimmt Muffensausen breit.
Doch so löblich dieses Vorhaben ist, eine schnelle Entlastung sollte sich
davon niemand erhoffen. Jeder Laie kann sich vorstellen, dass das
Kartellamt auch mit geänderter Gesetzgebung künftig nicht einfach so
Konzerne zerschlagen kann. Die Umsetzung wird langwierig, es kommt auf
Details an. Aber ein verschärftes Gesetz kann ja auch schon eine
abschreckende Wirkung entfalten. Überraschenderweise hat auch
Bundesfinanzminister Christian Lindner Zustimmung signalisiert, obwohl die
[2][FDP ja gerne Vorhaben blockiert] – wie etwa die von den Grünen und
Teilen der SPD ins Spiel gebrachte [3][Übergewinnsteuer auf Extraprofite]
von Mineralölkonzernen.
Für die Bevölkerung bleibt die Situation dennoch unbefriedigend. Denn das
akute Problem bleibt: Das Geld für den Tankrabatt ist weg. Die Benzinpreise
sind trotz Tankrabatts hoch und der Bedarf nach Entlastung auch. Dass sich
das nicht ändert, liegt im Grundkonstrukt der Ampel. Sie funktioniert nur,
wenn alle Parteien einen Gewinn verbuchen können – egal wie unsinnig er
sein mag.
Es drängt sich daher der Eindruck auf: Die Diskussion über eine
Kartellrechtsreform ist willkommen, um das koalitionäre Trauerspiel um den
Tankrabatt zu beenden.
14 Jun 2022
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/tankrabatt-spritpreise-kri…
[2] /Forderung-von-Gruenen-und-SPD/!5859941
[3] /Debatte-um-Uebergewinnsteuer/!5856841
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
## TAGS
Ampel-Koalition
IG
Christian Lindner
Robert Habeck
Energieunternehmen
GNS
Kartellrecht
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kartellrecht
Kolumne Der rote Faden
Ampel-Koalition
Benzinpreise
## ARTIKEL ZUM THEMA
Regierung verschärft das Kartellrecht: Mehr Rechte für Wettbewerbshüter
Künftig sollen Konzerne zerschlagen werden können, die ihre
marktbeherrschende Stellung ausnutzen. Erzielte Vorteile können abgeschöpft
werden.
Hohe Profite, hohe Energiepreise: Brüssel für Steuer auf Extragewinne
Gas, Öl und Strom sind teuer. Davon profitieren die Konzerne. Brüssel will
eingreifen, ist aber nicht zuständig. Deutschland will einen anderen Weg
gehen.
Experte über das Kartellrecht: „Hohe Hürden für Zerschlagung“
Wirtschaftsminister Robert Habeck will die Regeln für die Bekämpfung von
Kartellen verändern. Warum das sinnvoll ist, erklärt Jurist Rupprecht
Podszun.
Frauenquote und Gaslieferungen: Grünes Benzin, schwarze Quoten
Irgendwas steht den eigentlichen, hehren Zielen immer entgegen. Dehalb
kämpft jetzt Habeck für billiges Benzin und Merz für die Frauenquote.
Soziale Folgen des Ukraine-Kriegs: Neues Entlastungspaket möglich
Grünen-Fraktionschefin Dröge stellt die Einhaltung der Schuldenbremse 2023
in Frage: Steigen die Preise weiter, müsse die Ampel neue Ausgaben erwägen.
Steigende Spritpreise in Deutschland: „Tankrabatt“ erhitzt die Gemüter
Finanzminister Lindner will den Spritpreis unter zwei Euro drücken. Das
stößt bei den Grünen auf Kritik: Sie sind für Entlastungen anderswo.
Bundesländer fordern billigeren Sprit: Bremsen für Benzinpreise
Die Preistreiberei an der Tankstelle soll gestoppt werden. Doch statt puren
Aktionismus sollten die Länderverkehrsminister besser für
Verbrauchsgrenzwerte sorgen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.