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# taz.de -- Debatte im Abgeordnetenhaus: Saleh drängt Grüne
> SPD-Fraktionschef will die neue zentrale Einbürgerungsbehörde im Haushalt
> festschreiben, die Grünen wollen erst mal ein Konzept haben.
Bild: SPD-Fraktionschef Raed Saleh drängte erneut auf die Finanzierung des Lan…
Berlin taz | Es ist ein spezieller Moment, dieser Donnerstagvormittag im
Plenarsaal. Das hat auch, aber nicht entscheidend damit zu tun, dass eine
SPD-Senatorin lauten Applaus von der FDP-Fraktion bekommt und in der
Fragestunde außergewöhnlich viele Abgeordnete der Linkspartei die eigene
Regierung befragen. Entscheidend ist, was Regierungschefin [1][Franziska
Giffey] (SPD) an diesem Vormittag sagt. Denn die hält eine Art
Grundsatzrede und verankert ihre Stadt darin felsenfest als
Einwanderungsmetropole: „Wie arm wäre doch Berlin, wenn nicht so viel
Menschen zu uns gekommen wären – das ist ein Schatz.“
Die SPD hat das Thema der Aktuellen Stunde, der zentralen
Parlamentsdebatte, bestimmen dürfen und ihr Fraktionschef Raed Saleh
leistet als erster Redner die Vorarbeit für das, was später von Giffey zu
hören sein wird. Eine „Lebenslüge“ der Politik sieht er darin, dass man
über Jahrzehnte davon ausging, dass Gastarbeiter und Flüchtlinge wieder in
ihre Heimatländer zurückkehren würden.
Das habe man auch über seinen Vater gesagt, der 1982 mit seiner Familie aus
Palästina nach Berlin kam. „Wir sind da und wir werden bleiben“, sagt
Saleh. „Berlin ist bunt und multikulturell und Heimat der Vielen.“ Als
Beleg zitiert er dazu Deutschlands Großdichter Goethe: „Toleranz sollte
eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung
führen. Dulden heißt beleidigen.“
Erneut drängt Saleh auch darauf, dass die Finanzierung des in der Koalition
verabredeten Landeseinbürgerungszentrums noch in den Haushalt kommt, der
Ende Juni beschlossen wird – es soll helfen, die Zahl der Einbürgerungen
von derzeit 6.000 pro Jahr auf 20.000 zu steigern. Über das Geld dafür
hatte er sich schon als Gast bei der Grünen-Fraktionsklausur am Samstag mit
Finanzsenator Daniel Wesener gestritten. Ob die Grünen das mittragen, wird
nicht ganz klar. Ihr Redner Jian Omar befürwortet zwar die zentralisierte
Einbürgerung. Doch sei klar: „Eine Überschrift ist noch lange kein
Konzept.“
## FDP kontert AfD aus
In der CDU verpasst es Fraktionschef Kai Wegner erneut, mit einem eigenen
Auftritt die Oppositionsführerschaft zu beanspruchen. Fachpolitiker Björn
Wohlert trägt die CDU-Position zwar souverän vor – „Wir sind tolerant, ab…
wir tolerieren nicht Intoleranz.“ Aber die Rolle des Oppositionsführers
kann so wieder einmal der Chef der kleinsten der sechs Fraktionen
untermauern, [2][Sebastian Czaja von der FDP.]
Der kontert staatstragend die Rede von AfD-Chefin Kristin Brinker, die sich
dem Zuwanderungsthema über die Berliner Historie genähert hat. Diese
Geschichte aber lehre, „dass jemand, der Hass sät, nie wieder politische
Verantwortung übernehmen darf“, sagt Czaja unter der Beifall auch sehr
vieler Koalitionsabgeordneter. Brinker, auch das ist ein interessanter
Moment an diesem Morgen, hatte auch noch erzählt, dass sie jeden Migranten
verstehen könne, der sich auf den Weg nach Europa mache – „Ich würde es
genauso machen.“ Aber man müsse im Abgeordnetenhaus eben die Interessen der
Berliner vertreten.
Bei diesen Worten macht sich Regierungschefin Giffey, die nur ein paar
Meter von ihr entfernt sitzt, eine Notiz. Auf die wird sie kurz darauf
zurückgreifen, als sie selbst am Mikro steht. Denn Brinkers Sicht teilt sie
gar nicht. Die Berliner sind für Giffey eben nicht nur hiesige
Ureingeborene, sondern alle in der Stadt, „egal woher sie kommen und wie
lange sie hier bleiben“. Daran könne es überhaupt keinen Zweifel geben.
Wobei es kurzzeitig und parteiübergreifend eine Ausnahme von dieser
Willkommenskultur gibt, zumindest mit Blick auf Tagesgäste aus Hamburg, die
am Abend beim Entscheidungsspiel über [3][Bundesliga-Auf- und Abstieg] das
Olympiastadion bevölkern werden. Denn dass auch mehrere FDP-Abgeordnete
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) beklatschen, hat die mit einer eindeutig
lokalpatriotischen Ansage ausgelöst: „Hertha wird 2:0 gewinnen.“
19 May 2022
## LINKS
[1] /Franziska-Giffey-ueber-den-Eierwurf/!5850528
[2] /FDP-Fraktionschef-zu-Ampelkoalition/!5850058
[3] https://www.dfb.de/news/detail/osmers-pfeift-relegationshinspiel-hertha-bsc…
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Berlin
Franziska Giffey
Raed Saleh
Einbürgerung
SPD Berlin
SPD Berlin
Haushaltsgesetz
Relegation
Bettina Jarasch
Einwanderung
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