| # taz.de -- Ukraine-Geflüchtete in Tschechien: Die Flucht der anderen | |
| > In Tschechien ist die Solidarität groß für geflüchtete Ukrainer*innen. | |
| > Es sei denn, sie sind Roma. Eindrücke vom Prager Hauptbahnhof. | |
| Bild: Auf dem Weg zum Zug nach Sachsen: Roma-Familien am Bahnhof in Prag | |
| Prag taz | Im historischen Teil des Hauptbahnhofs in Prag, in einem | |
| Seitengang, der von der prachtvollen Kuppelhalle in ein Nebengebäude führt, | |
| packt Baldig Piroška ihre Sachen. Die 39-Jährige stopft ein Hemd in eine | |
| der Plastiktaschen und schlüpft in ihre Schuhe. Piroškas Tochter rollt die | |
| graue Decke zusammen. Seit zehn Tagen harrt die Familie aus der Ukraine an | |
| einer Marmorwand des Ganges unter den Rundfenstern aus, schläft hier und | |
| wartet. | |
| Zweimal am Tag müssen sie den Platz räumen. Nachmittags um 5 und morgens um | |
| 4.30 Uhr. Da wird der Trakt von der Feuerwehr desinfiziert. Zweimal am Tag | |
| machen die Frauen, Kinder und wenigen Männer, für die der Bahnhof in Prag | |
| vorerst zu einer Endstation ihrer Flucht geworden ist, Platz für den Mann | |
| im weißen Schutzanzug und Gasmaske, der die Flächen abspritzt. | |
| Eigentlich sollte hier niemand länger als eine Nacht verbringen. Für | |
| Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die per Zug in Tschechiens Hauptstadt | |
| ankommen, sind in der Nebenhalle des Bahnhofs mehrere Pavillons | |
| aufgestellt, Tische und Bierbänke, um Informationen und kurzfristige Hilfe | |
| zu bieten – gedacht als Durchgangsstation. So lief es hier in der ersten | |
| Zeit, für Tausende Flüchtlinge, seit Russland am 24. Februar die Ukraine | |
| angegriffen hat. | |
| Doch in den letzten Wochen hat sich die Situation am Bahnhof | |
| verschlechtert. Immer mehr Menschen blieben hängen, benötigten intensivere | |
| Unterstützung, waren in schlechterer Verfassung. Weniger Angehörige einer | |
| gut ausgebildeten Mittelschicht kamen und mehr arme Menschen, die weder | |
| lesen noch schreiben können. | |
| Vor allem Roma stranden nun am Prager Bahnhof und bleiben tagelang. Am | |
| Wochenende waren es 400 Menschen, die hier übernachteten. Das provisorische | |
| Ankunftszentrum ist für eine dauerhafte Betreuung so vieler Menschen nicht | |
| ausgelegt. | |
| ## Nachtlager errichtet | |
| Am Sonntag sind es in Prag 23 Grad, die Luft im Innern des Bahnhofs ist | |
| trotz der hohen Decken drückend und verbraucht. Es riecht nach Schweiß. | |
| Kindergeschrei, Wortgefechte und die Geräusche ein- und ausfahrender Züge | |
| mischen sich zu einem Teppich aus Lärm. | |
| An den Wänden in der Nebenhalle und den Gängen haben etwa 100 Menschen | |
| graue Decken ausgebreitet und sich kleine Nachtlager eingerichtet, | |
| überwiegend Frauen mit Kindern. Wie Piroška stapeln sie ihr Gepäck in | |
| Plastiktüten neben sich. | |
| Eine junge Frau, vielleicht Anfang 20, stillt ihr Baby. Einer der wenigen | |
| Männer sitzt in einem Rollstuhl, ihm fehlen beide Beine. Zwischen Helfenden | |
| in Warnwesten, Sicherheitsleuten, Feuerwehrmännern und Polizisten rennen | |
| Kinder herum. Sie spielen Fangen und benutzen die Rolltreppen vom | |
| angrenzenden Gleis als Klettergerüst. Die meisten Erwachsenen schauen auf | |
| ihre Handys oder schlafen. Alle hier haben müde Gesichter. | |
| So lange die Desinfektion in ihrem Teil der Bahnhofshalle läuft, warten | |
| Piroška und ihre Töchter, die 11-jährige Carmelita und die 16-jährige | |
| Levia, auf einer Treppe vor dem Gebäude. Kevin, ihr Jüngster, schläft mit | |
| seinen 12 Monaten im Buggy neben ihnen. Piroška trägt ein rosafarbenes | |
| Kleid über ihrer Bluejeans. Eine Helferin in Warnweste tritt zu ihnen. Wie | |
| groß die Familie sei, will sie wissen. Dann drückt sie Piroška vier | |
| Essensmarken in die Hand. | |
| ## „Es ist Krieg“ | |
| Sie sei mit vier weiteren Familien aus ihrer Nachbarschaft unterwegs, | |
| erzählt Piroška. Sie stammen aus Transkarpatien, aus dem äußersten Westen | |
| der Ukraine. Laut dem letzten Zensus von 2001 leben 47.600 Roma in der | |
| Ukraine. Doch weil Roma oft nicht richtig registriert sind, ist ihre | |
| tatsächliche Anzahl vermutlich höher. Nichtregierungs-Organisationen und | |
| Europarat schätzen die Zahl eher auf 400.000, davon ein Zehntel in | |
| Transkarpatien. | |
| Warum sie geflohen sind? „Es ist Krieg“, sagt Piroška. Sie habe die Sirenen | |
| gehört und der Bürgermeister habe gewarnt, dass die Luftangriffe näher | |
| kommen. Für Tschechiens Staatspräsident Miloš Zeman, der oft mit | |
| provokanten Äußerungen auffällt, ist der Grund der Flucht nicht ganz so | |
| klar. In einem Interview erklärte er, er sei sich nicht sicher, ob Roma aus | |
| der Ukraine nicht eher Wirtschaftsflüchtlinge seien. | |
| Es ist diese Haltung gegenüber den Roma, die zu der Situation am Bahnhof | |
| beiträgt. Eine private Unterkunft für Nichtroma zu finden, gehe schnell, | |
| berichten die HelferInnen. Seit Beginn des russischen Angriffs haben über | |
| 337.000 UkrainerInnen in Tschechien Schutz gefunden. Die Solidarität und | |
| Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist groß. Doch für Roma, die oft in | |
| größeren Familien und mit anderen aus ihrer Community unterwegs sind, ist | |
| die Unterbringung deutlich schwieriger. Sie müssen in eine | |
| Sammelunterkunft. Da wollen viele nicht bleiben, weil sie auf viele wie ein | |
| Gefängnis wirkt. Dann landen sie wieder am Bahnhof. | |
| Piroška und die anderen Familien warten hier nun auf die Überprüfung ihrer | |
| Dokumente. Sie haben, wie viele in Transkarpatien, neben der ukrainischen | |
| auch die ungarische Staatsbürgerschaft. | |
| 2010 beschloss das ungarische Parlament auf Initiative der Regierung Viktor | |
| Orbáns, dass Auslandsungarn auch ohne Wohnsitz im Ungarn die | |
| Staatsbürgerschaft erhalten können – ein Projekt im Sinne Großungarns. | |
| So erhielten auch viele ungarisch sprechende Roma aus Transkarpatien die | |
| doppelte Staatsbürgerschaft aus der EU. Was lange ein Vorteil war, wird für | |
| sie jetzt zum Problem. Denn Piroška und die anderen aus der Gruppe wollen | |
| nicht nach Ungarn. Sie erwarten dort Ablehnung, Rassismus und keine Hilfe. | |
| Aus Sicht der tschechischen Regierung aber soll sich das Nachbarland Ungarn | |
| nun um seine Staatsbürger kümmern. | |
| Anfragen an das ungarische Außen- und Innenministerium sowie die ungarische | |
| Botschaft in Prag, wer aus Sicht Ungarns für die Versorgung von | |
| ukrainischen Flüchtlingen mit ungarischem Pass verantwortlich sei, blieben | |
| bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Laut Jonathan Lee vom European Roma | |
| Rights Center, das mit Monitoring-Teams in Ungarn vor Ort ist, können die | |
| Geflüchteten dort nicht mit Hilfe rechnen. Sie würden als ungarische | |
| Staatsbürger behandelt und maximal Lebensmittelgutscheine für zehn Tagen | |
| erhalten. „Wenn überhaupt“, sagt Lee. „Die Regierung von Viktor Orbán h… | |
| die Sozialleistungen in Ungarn in den letzten Jahren massiv abgebaut. Wer | |
| geringe Hilfen erhalten will, ist zur Arbeit für öffentliche Stellen | |
| verpflichtet“, so Lee. Für Roma, insbesondere wenn sie nicht lesen und | |
| schreiben können, kommen weitere Probleme hinzu, etwa mit einer | |
| Registrierung. | |
| ## Kein Anspruch auf Sozialleistungen | |
| Erst vor einer Woche bekräftigte der tschechische Innenminister Vit | |
| Rakusan, dass Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft keinen Anspruch auf | |
| vorübergehenden Schutz und Sozialleistungen hätten. Er kündigte an, die | |
| Menschen am Bahnhof nicht mehr in den Gängen schlafen zu lassen und im | |
| Stadtteil Troja, nahe der Autobahn, ein Zeltlager für rund 150 Menschen zu | |
| errichten. Dazu kam die Ankündigung, die Kontrolle der Schutzsuchenden | |
| auszuweiten. | |
| Diese Kontrolle gilt nur denjenigen, die als Roma identifiziert werden. Bei | |
| weißen Flüchtlingen aus der Ukraine schaue niemand so genau hin, berichten | |
| die HelferInnen am Bahnhof. | |
| Auch Ivanka Čonková wuselt an diesem Tag in der Bahnhofshalle herum. Bis | |
| vor einigen Jahren trat sie regelmäßig öffentlich für die Rechte der Roma | |
| ein. Sie ist Absolventin der Theaterfakultät der Akademie der Musischen | |
| Künste in Prag und leitet nun einen Waldkindergarten. | |
| Die Situation der letzten Wochen habe sie dazu bewegt, sich wieder mehr zu | |
| engagieren, sagt sie. Es ist ihr wichtig, dass unter den Helfenden | |
| ebenfalls Roma sind – ihre Mutter ist tschechisch-ungarisch, ihr Vater Rom | |
| aus der Slowakei. | |
| Um Čonkovás Hals baumelt ein filigran eingefasster fingergroßer | |
| Bergkristall, an ihren Ohren trägt sie weiße Pferde-Anhänger. Wo sie | |
| auftaucht, bildet sich eine Traube. Drei Frauen, die im Gang gegenüber von | |
| Piroška zwischen spielenden Kindern auf einer Decke gesessen hatten, wollen | |
| von Čonková wissen, was auf einigen Zetteln geschrieben steht. Eins der | |
| Papiere bescheinigt in tschechischer und ukrainischer Sprache, dass sie am | |
| 6. Mai um Schutz ersucht haben und sich nun zehn Tage in der Tschechischen | |
| Republik aufhalten dürfen. | |
| ## Nationalität: „Ukrainisch“ | |
| Ein kleinerer Zettel dokumentiert auf der einen Seite den Grenzübertritt. | |
| Als Nationalität ist „ukrainisch“ vermerkt und auf der anderen Seite eine | |
| Aufforderung zur Ausreise binnen zwei Tagen. „Das darf doch nicht wahr | |
| sein“, schimpft Čonková. Sie geht hinüber zu den Pavillons, wo die | |
| freiwilligen Helfer in orangen Westen hinter Holztischen sitzen. Die zucken | |
| mit den Schultern. | |
| Alle sehen ausgelaugt aus, die Flüchtenden wie die Helfenden. Vor zehn | |
| Tagen formulierte eine Initiative der Freiwilligen am Hauptbahnhof einen | |
| Hilferuf. Sie seien „nicht einverstanden mit den Bedingungen, unter denen | |
| die Flüchtlinge am Bahnhof verrotten müssen“, stand darin. Nur weil sonst | |
| die dringend nötige Hilfe ausbleibe, würden sie ihre Arbeit nicht | |
| einstellen. Die Helfer:innen beklagten Knappheit an Lebensmitteln, | |
| unzureichende und würdelose Schlafmöglichkeiten und ausbleibende Hilfe des | |
| Staates, obwohl die Probleme in diversen Krisensitzungen angesprochen | |
| worden seien. | |
| „Da ist viel politischer Wille im Spiel“, sagt Čonková. „Was hier passi… | |
| ist eine humanitäre Katastrophe in einem eigentlich reichen Land.“ Rund um | |
| den Bahnhof würden gefährliche Bilder von Roma in unschönen Situationen | |
| produziert. Das schüre Rassismus. | |
| Um kurz nach 21 Uhr fährt auf Bahnsteig 2 ein Zug ein. Er dient als | |
| nächtliches Notquartier für knapp 200 Menschen. Durch die Scheiben sieht | |
| man, wie die Familien ihr Gepäck oben in den Fächern verstauen und mit | |
| Kleidung die Ecken der Sitze ausstopfen, um es sich für die Nacht etwas | |
| bequemer zu machen. Nach einer halben Stunde ist der Zug etwa halb voll. | |
| Ein Sicherheitsmann in schwarzer Montur und Stiefeln gibt Anweisungen, in | |
| welche Abteile die Menschen noch einsteigen sollen. Am Nachmittag hatte ihn | |
| in der Eingangshalle ein Junge, der ihm knapp bis zur Hüfte geht, in die | |
| Seite gestupst und ihm damit ein Lächeln entlockt. Nun schaut er wieder | |
| streng. Er stemmt sich gegen eine Tür des Zuges und schiebt sie zu. | |
| Zum hintersten Waggon ist die Verbindungstür abgesperrt. Sechs Ukrainer | |
| übernachten hier, getrennt von den anderen. „Sie fühlen sich nicht wohl, | |
| mit den Roma in einem Zug zu sein“, sagt Jakub Chromý, der in dieser Nacht | |
| am Bahnhof das Krisenmanagement leitet. | |
| ## „Die Leute beschimpfen mich“ | |
| Am Nachmittag feiert die [1][Roma-Organisation Konexe] in einem | |
| Kulturzentrum in Norden Prags ihr 10-jähriges Bestehen. Miroslav Brož trägt | |
| eine schwarze Kappe, Jeans und ein schlabberiges T-Shirt. In den letzten | |
| Wochen sei er im Dauereinsatz, um Roma-Geflüchteten zu helfen. „Ich bin | |
| völlig am Ende“, sagt er. Die Feuerwehr, die für die Flüchtlingsbetreuung | |
| zuständig ist, melde sich bei ihm, sobald sie mit Roma zu tun habe. | |
| Brož hilft ihnen mit dann bei der Weiterreise, gemeinsam mit anderen | |
| HelferInnen wie Čonková organisiert er Unterstützung aus der Community. Er | |
| ist gut vernetzt, auch mit deutschen AktivistInnen. Wann immer es geht, | |
| kündigt er an, dass Roma unterwegs nach Deutschland sind, damit sie in | |
| Empfang genommen werden können. Er berichtet auch von den Anfeindungen, die | |
| ihm in Tschechien für sein Engagement entgegen schlagen. „Die Leute | |
| beschimpfen mich. Sie werfen mir vor, ich sei verantwortlich dafür, dass | |
| Roma nach Tschechien kommen, weil ich ihnen helfe.“ Er erzählt von einer | |
| Situation am Bahnschalter, die ihn besonders getroffen hat: Als er nach | |
| langem Warten endlich an der Reihe war, um die kostenlosen Tickets für die | |
| Weiterfahrt der Flüchtlinge zu besorgen, sollte er sich erneut ganz hinten | |
| anstellen. | |
| Eine Gruppe von Olashki-Roma ist auch auf das Fest gekommen. Sie wollen | |
| weiter nach Deutschland. Olashki sind besonders traditionell und religiös. | |
| Die älteren Frauen tragen lange Röcke mit floralen Mustern und bunte | |
| Kopftücher. In der 28-köpfigen Gruppe ist nur ein junger Mann, er trägt | |
| Jeans und Basecap. Um kurz vor 18 Uhr macht sich die Gruppe zum nahegelegen | |
| Bahnhof Holešovice auf. Čonková begleitet die Gruppe. Es herrscht großes | |
| Durcheinander. | |
| Die 58-jährige Cherishnja Vishalma ist die älteste in der Gruppe. Sie setzt | |
| sich auf eine Holzbank und atmet schwer. Zehn Kinder habe sie, 25 Enkel und | |
| noch mehr Urenkel, erzählt sie stolz. | |
| Der Railjet 256 aus Graz fährt bis Berlin-Charlottenburg. Die blaue | |
| Anzeigetafel zeigt eine Verspätung von 20 Minuten. Wieder schauen alle auf | |
| Čonková. „D-R-E-S-D-E-N“. Čonková wiederholt das wieder und wieder. Dre… | |
| ist nach Bad Schandau der erste Halt in einer größeren deutschen Stadt. Mit | |
| einem Filzstift malt sie „Bahnhofsmission“ auf einen Zettel und drückt ihn | |
| einer Frau in die Hand. Den solle sie nach dem Ausstieg zeigen. | |
| Dann wühlen alle hektisch in ihren Taschen. Sie brauchen die ukrainischen | |
| Pässe für die Zugfahrt. Ein Helfer geht damit zum Schalter und besorgt die | |
| kostenlosen Tickets. Das klappt ohne Probleme. | |
| ## Nach Dresden, nach Leipzig | |
| Gegen 20.30 Uhr wird die Gruppe in Dresden ankommen. Für Hilfe der | |
| Bahnhofsmission ist das zu spät. Čonková hat Kontakt zu befreundeten | |
| AktivistInnen aufgenommen, die die Gruppe in Empfang nehmen. Für eine Nacht | |
| schlafen sie in einer Sporthalle. Dresden hat ab Montag einen Aufnahmestopp | |
| für Flüchtlinge aus der Ukraine verhängt. Die Gruppe muss weiter nach | |
| Leipzig, am Montag um 9 Uhr steigen sie in den Zug und sind nun in der | |
| großen Aufnahmeeinrichtung in Leipzig-Mockau. | |
| Wie geht Deutschland mit ihrer doppelten Staatsbürgerschaft um? Beim | |
| Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verweist man zunächst auf das | |
| letzte Länderrundschreiben des Bundesinnenministeriums. Für Flüchtlinge, | |
| die nach dem 24. Februar aus der Ukraine kommen, sei „ohne weitere Prüfung | |
| von einer Vertreibung auszugehen“, heißt es darin. Sie erhalten deshalb | |
| vorübergehenden Schutz nach Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes. Das gelte | |
| aber nicht für EU-Bürger, „sofern und solange sie ihr Freizügigkeitsrecht | |
| ausüben“. Ist das bei Menschen der Fall, die aus der Ukraine vor dem Krieg | |
| fliehen? | |
| EU-BürgerInnen erhalten in Deutschland nur begrenzt Sozialleistungen. Die | |
| juristische Konstellation ist kompliziert – es mischen sich | |
| aufenthaltsrechtliche Fragen mit jenen nach möglichen Hilfeleistungen, die | |
| EU-BürgerInnen nur begrenzt erhalten. Unabhängige | |
| Flüchtlingsberatungsstellen vertreten die Auffassung, dass Vishalma und die | |
| anderen trotz doppelter Staatsbürgerschaft die gleiche Hilfe wie andere | |
| ukrainische Flüchtlinge erhalten müssten. „EU-BürgerInnen dürfen rechtlich | |
| nicht schlechter gestellt werden als Menschen aus Drittstaaten“, erklärt | |
| Claudius Voigt von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung | |
| Asylsuchender in Münster. Ohnehin sagt er: „Die Freizügigkeit ist in diesem | |
| Fall nachrangig, weil die Menschen nicht nach Deutschland kommen, um Arbeit | |
| zu suchen, sondern aus der Ukraine vor dem Krieg geflohen sind. Sie müssen | |
| hier wie andere Flüchtlinge aus der Ukraine unterstützt werden. Sie sind | |
| UkrainerInnen.“ | |
| Nachdem die Roma-Gruppe in Prag in den Zug gestiegen ist, wischt sich | |
| Čonková Tränen aus ihren Augen. Die Belastung ist groß, nun macht sie sich | |
| Vorwürfe. „Ich hätte mitfahren sollen“, sagt sie. „Es sind meine Brüde… | |
| Schwestern.“ | |
| 18 May 2022 | |
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| Jean-Philipp Baeck | |
| Allegra Schneider | |
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