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# taz.de -- Enteignungs-Kommission in Berlin: „So öffentlich wie möglich“
> Die Expert*innen-Kommission tagt zum ersten Mal. Als nächstes sind eine
> Anhörung und eine Webseite geplant.
Bild: Die Vorsitzende des Gremiums, Herta Däubler-Gmelin, bei der Eröffnungss…
Berlin dpa | Sieben Monate nach dem erfolgreichen Volksentscheid zur
Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin hat [1][eine
Expertenkommission ihre Arbeit aufgenommen]. Das Gremium unter der Leitung
der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) kam am
Freitag erstmals zusammen.
Es soll sich in den kommenden Monaten mit der Frage beschäftigen, ob ein
Enteignungsgesetz verfassungsgemäß wäre, und zusätzlich
wohnungswirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche und finanzpolitische
Belange beleuchten. Nach einem Jahr soll das Gremium dem Senat eine
Empfehlung zum weiteren Vorgehen vorlegen.
Nach der ersten Sitzung kündigte Däubler-Gmelin an, dass die Kommission
möglichst transparent arbeiten wolle. Die Mitglieder hätten sich auf den
Grundsatz verständigt, „dass wir so öffentlich wie möglich das Verfahren
gestalten“. Schließlich sei das Interesse in der Berliner Bevölkerung an
der Thematik sehr groß. So sei beim nächsten Treffen am 9. Juni eine
öffentliche Anhörung geplant, bei der verschiedenste Gruppen und Beteiligte
ihre Standpunkte, Argumente und Fakten vortragen sollen.
Auch eine eigene Internetseite ist nach Angaben der Vorsitzenden
vorgesehen. Die Kommission wolle dort Sitzungsprotokolle veröffentlichen,
„die Auskunft darüber geben, über was wir diskutieren und zu welchen
Ergebnissen wir kommen“. Ob das übereinstimmende Empfehlungen sein werden
oder solche von Mehrheiten und Minderheiten, werde man sehen.
Dem Gremium gehören 13 Fachleute an, größtenteils Rechtswissenschaftler.
Zehn davon wurden von unterschiedlichen Senatsverwaltungen nominiert, drei
von der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“.
„Wir haben eine hochkarätige Kommission mit dem Who is Who der deutschen
Verfassungsrechtler“, sagte der Senator für Wohnen, Andreas Geisel (SPD).
„Ihre Aufgabe wird es sein, die rechtlichen Fragen zu klären und
gleichzeitig die Sinnhaftigkeit von Enteignungen für den Wohnungsmarkt zu
untersuchen.“
Klar sei: „Wir brauchen eine Entlastung für die Mieterinnen und Mieter in
dieser Stadt“, so Geisel. „Ob das über Enteignung von Wohnungsbeständen in
Milliardenhöhe wirtschaftlich und mietenpolitisch der richtige Weg ist,
wird die unabhängige Expertenkommission auch zu bewerten haben.“
Mit der Einsetzung der Kommission reagiert der rot-grün-rote Senat auf den
von der Initiative angestoßenen Volksentscheid, bei dem am 26. September
vergangenen Jahres gut 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die
Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin
gestimmt hatten. Die Hoffnung der Initiative ist, dass durch eine solche
Vergesellschaftung gegen Entschädigung der Anstieg der Mieten gestoppt oder
zumindest gebremst werden kann.
Sie sprach am Freitag von einer „historischen Aufgabe“. „Wir sind
zuversichtlich, dass die Kommission entscheidende Weichenstellungen für das
Wie der Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen vorlegen wird“, sagte
Sprecherin Isabella Rogner. „Auf dieser Grundlage sollen 240.000 Berliner
Häuser dem „freien“ Markt entzogen und demokratisch kontrolliert werden.
Damit wären fast eine Viertelmillion Haushalte vor Verdrängung geschützt.“
Innerhalb des rot-grün-roten Senats sind die Positionen zur
Enteignungsfrage jedoch unterschiedlich. Die SPD mit der [2][Regierenden
Bürgermeisterin Franziska Giffey lehnt die Idee ab], die Linken sind ohne
Wenn und Aber für Wohnungsenteignungen. Die Grünen halten einen solchen
Schritt als letztes Mittel ebenfalls für möglich.
## Giffey: Nehme Ergebnis des Entscheids ernst
Der Senat nehme das Ergebnis des Volksentscheids sehr ernst, sagte Giffey
der Deutschen Presse-Agentur. „Mit der konstituierenden Sitzung der
Expertenkommission beginnt die sorgfältige Prüfung des Sachverhalts mit
Fragen der Verfassungskonformität und der rechtlichen, wirtschaftlichen und
finanziellen Folgen.“ Auf Basis der Empfehlung des Gremiums werde der Senat
dann eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen.
Däubler-Gmelin verwies darauf, dass es bereits mehr als ein Dutzend
unterschiedlicher Gutachten zur Frage gibt, ob Enteignungen möglich sind
oder nicht. Klar sei, dass es im Grundgesetz den Artikel 15 gebe, der aber
noch nie angewandt worden sei. Dort heißt es: „Grund und Boden,
Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung
durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in
Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt
werden.“
„Ich habe die Aufgabe deshalb übernommen, weil ich in der Tat der
Auffassung bin, dass die Vergesellschaftungsfrage durchaus diskutiert
gehört“, ergänzte sie. Schließlich sei die Frage der Mieten, des Bauens und
des bezahlbaren Wohnens nicht nur eine Sorge in Berlin, sondern auch in
anderen Städten wie München oder Stuttgart.
29 Apr 2022
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