# taz.de -- Ukrainische Geflüchtete in Deutschland: Vier von fast 400.000 | |
> Hunderttausende Menschen haben die Bundesrepublik erreicht. Jede und | |
> jeder von ihnen trägt ein individuelles Schicksal. Vier Menschen | |
> berichten. | |
Vor genau sieben Wochen, am 24. Februar, begann der russische Angriff auf | |
die Ukraine. Seither sind nach dem Stand vom Dienstag und nach Angaben des | |
UN-Flüchtlingshilfswerks [1][4.650.228 Menschen aus dem Land geflohen] – | |
die meisten davon in die unmittelbaren Nachbarstaaten. So hat allein Polen | |
bislang mehr als 2,6 Millionen Menschen aufgenommen. In Deutschland haben | |
die Behörden bis zum Mittwoch 339.655 Geflüchtete aus der Ukraine | |
registriert. Die tatsächliche Zahl dürfte deutlich höher liegen, denn | |
Ukrainer*innen dürfen ohne Visum in die EU einreisen und sich dort für | |
90 Tage frei bewegen. | |
Viele Menschen sind zunächst bei Verwandten oder Bekannten untergekommen. | |
Andere finden Unterschlupf bei Helfern, die in ihren Wohnungen die Sofas | |
aufklappen oder aus ihrem WG-Zimmer zur Partner*in ziehen, um | |
vorübergehend Geflüchteten Obdach zu bieten. In den kommenden Wochen werden | |
sich die meisten dieser Ukrainer wohl registrieren lassen, denn nur dann | |
erhalten sie staatliche Leistungen und eine Arbeitserlaubnis. | |
Nicht alle der Geflüchteten verfügen über solche Netzwerke. Wer keinen | |
anderen Ort kennt, kommt zunächst in Sammelunterkünften unter. Weil davon | |
viele in den vergangenen Jahren unter dem Eindruck sinkender | |
Flüchtlingszahlen geschlossen worden sind, müssen Bund, Länder und Kommunen | |
nun eilig neue Plätze schaffen. Berlin etwa hat am früheren [2][Flughafen | |
Tegel] ein neues Ankunftszentrum geschaffen. Tausende sind dort täglich | |
abgefertigt, teils auch auf andere Bundesländer verteilt worden. | |
Die Zahl der täglich Ankommenden ist in den vergangenen Tagen gesunken. | |
Doch auch am Mittwoch waren es immer noch 4.000 Menschen, die die | |
Bundesrepublik erreichten. Einige der Vertriebenen sind in den letzten | |
Tagen in die Ukraine zurückgekehrt. | |
Die meisten der jetzt Heimatlosen sind Frauen. Viele bringen ihre Kinder | |
mit, oft sogar ihre Haustiere. Ukrainische Männer im wehrfähigen Alter | |
hingegen dürfen die Ukraine derzeit nicht verlassen. Und so sind es vor | |
allem ältere Männer oder solche, die als Studierende, zur Arbeit oder als | |
Geflüchtete in der Ukraine waren, die jetzt Deutschland erreichen. | |
So verschieden diese Menschen sind: Sie alle eint, dass sie vor einem | |
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg fliehen. Hier kommen einige von ihnen zu | |
Wort. Dinah Riese | |
## Mohammad, der nicht weiß, wie er weiter studieren soll | |
„Wir sind nicht allein hier“, sagt Mohammad Elsayed. „Hier“, damit mein… | |
eines der ältesten Hausprojekte Berlins, wo er und ein Freund vorübergehend | |
Unterschlupf gefunden haben, nachdem sie Anfang März vor dem Krieg in der | |
Ukraine geflohen sind. | |
„Not losing our path“ – „Wir verlieren unseren Weg nicht“, steht in w… | |
Schrift auf dem schwarzen T-Shirt von Elsayed. Ironie der Geschichte, dass | |
dieser Satz so gar nicht zu dem passt, was der junge Ägypter seit seiner | |
Flucht aus der Ukraine erlebt hat. Sein Blick schweift über die | |
Dachterrasse des Altbaus mit Garten im Innenhof im Berliner Stadtteil | |
Moabit. | |
Sechs Jahre hat Elsayed in der Ukraine gelebt, in der rund 300.000 | |
Einwohner zählenden Stadt Poltava westlich von [3][Charkiw] gelegen. „Ich | |
wollte schon immer Arzt werden“, sagt der 25-Jährige. Doch in seiner Heimat | |
Ägypten waren die Zulassungshürden für ein Medizinstudium für ihn nicht zu | |
schaffen. So landete er in der Ukraine, inzwischen steht er kurz vor dem | |
Abschluss. „Mir fehlen nur drei Monate“, sagt der junge Mann mit den | |
schwarzen Haaren und dem akkurat getrimmten Vollbart mit einem bitteren Ton | |
in der Stimme. Denn in der Ukraine tobt ein grausamer Krieg – und Elsayed | |
sitzt in Berlin ohne eine Vorstellung davon, ob und wann er zurückkehren | |
und sein Studium beenden kann. Und ohne eine Idee, ob er erst einmal in | |
Deutschland wird bleiben können. Auch deswegen möchte er nicht, dass sein | |
echter Name oder sein Foto veröffentlicht wird. | |
Eigentlich hat die Bundesregierung klargestellt, dass allen aus der Ukraine | |
fliehenden Menschen geholfen werde, unabhängig von ihrer Nationalität. In | |
der Realität aber müssen Geflüchtete ohne eine ukrainische | |
Staatsbürgerschaft zusätzliche Hürden überwinden. Die Ukraine zu verlassen, | |
sei schwierig gewesen, sagt Elsayed. Die Züge waren überfüllt. Er und seine | |
Freund*innen schmierten eine Schaffnerin, 100 Dollar pro Person, um | |
überhaupt einsteigen zu dürfen. Sie passierten die Grenze zur Slowakei, | |
fuhren weiter in Richtung Deutschland. | |
Dort angekommen zog sie ein Bundespolizist aus dem Zug, sie wurden | |
fotografiert, mussten ihre Fingerabdrücke abgeben, warten. In Berlin muss | |
Elsayed seinen Pass abgeben und ist danach wochenlang lang nur mit Kopien | |
unterwegs, bis er den Ausweis endlich wieder ausgehändigt bekommt. | |
Eigentlich hätte die Behörde ihn nie einbehalten dürfen, denn alle aus der | |
Ukraine Fliehenden dürfen sich bis zum 23. Mai ohne einen Aufenthaltstitel | |
in Deutschland aufhalten und bewegen. | |
Nach diesem Datum aber wird es für Menschen wie Elsayed knifflig. | |
Nicht-Ukrainer*innen wie er sollen laut Bundesinnenministerium dann Schutz | |
in Deutschland bekommen, wenn sie „nicht sicher und dauerhaft in ihr | |
Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können“. Elsayed | |
müsste also beweisen, dass er nicht nach Ägypten zurückkehren kann. Dass er | |
dort sein Medizinstudium nicht weiterführen kann, dass die Jahre des | |
Studiums verloren wären, dürfte als Argument nicht genügen. | |
Elsayed hat noch eine andere Möglichkeit: Er ist mit einer Ukrainerin | |
verheiratet. Seine Frau allerdings ist noch immer in der Heimat, will ihre | |
Familie nicht zurücklassen. Ob und wann sie nachkommt, ist unklar – doch | |
damit Elsayed bleiben kann, müsste sie einen Aufenthaltstitel bekommen. | |
„Ich hoffe, ich kann hier in Berlin bleiben, in Sicherheit, bis ich in der | |
Ukraine meinen Abschluss machen kann“, sagt Elsayed dennoch. „Oder mein | |
Studium hier zu Ende bringen.“ Dinah Riese, Berlin | |
## Valentina, die überlegt, länger in Sachsen zu bleiben | |
Sie wissen, dass es ihnen in diesem ausgebauten alten Fachwerkhaus im | |
Dresdner Vorort Langebrück viel besser geht als tausenden anderen | |
Ukraine-Flüchtlingen in den Sammelunterkünften. „Wir haben Glück gehabt“, | |
sagen unisono die 63-jährige Valentina, die 51-jährige Aljona und ihre | |
Schwiegertochter Anna mit der sechsjährigen Milena. Bei der Geigerin | |
Cornelia Pfeil wohnen sie sogar in Einzelzimmern und genießen den großen | |
Garten. Gegenüber lädt die Dresdner Heide zum Wandern ein, im Zoo waren sie | |
auch schon, und bei Streichquartettproben genießen sie ein Hauskonzert. In | |
Langebrück, einem wohlsituierter Villenvorort, hat sich ein privates | |
Hilfsnetzwerk gebildet. Es geht um Unterkünfte, um ehrenamtlichen | |
Deutschunterricht, um erste Hilfe generell. | |
Man trifft einfache, aber herzlich warme und lebenskluge Frauen. Die beiden | |
Älteren dominieren. Als Verkäuferinnen haben sie gearbeitet, in einem | |
„Magasin“ und auf dem Markt von Tscherniwzi, eher als Czernowitz bekannt, | |
der Bukowina-Hauptstadt in der Westukraine nahe der rumänischen und | |
moldauischen Grenze. Gewohnt haben sie in großen Mietshäusern. Schon am | |
ersten Tag des russischen Überfalls sei der Flughafen bombardiert worden. | |
Als die Sirenen heulten, meinten die Männer sofort, es sei besser für die | |
Frauen zu fliehen. | |
„Auch ohne Mobilmachung wären die Männer wahrscheinlich freiwillig zur | |
Verteidigung geblieben“, meint Aljona. In Polen arbeitende Ukrainer seien | |
deshalb in die Heimat und zur Armee zurückgekehrt. | |
Formiert sich erst jetzt aus unterschiedlichen Ethnien eine wahrhaft | |
ukrainische Nation? „Ja, das Unglück eint uns!“ Bis zuletzt hatte keine der | |
Frauen mit einer Invasion gerechnet. Über die Jahre seit der Krim-Annexion | |
2014 habe man sich an die russischen Militärkonzentrationen an der Grenze | |
irgendwie gewöhnt, aber nie einen Angriff erwartet. | |
„Wir haben miteinander gelebt, sogar untereinander geheiratet“, seufzt | |
Valentina, als sie nach dem Bruderkrieg gefragt wird. Es gebe auch andere | |
Russen als die Aggressoren. Sie würden aber unter Putins Einfluss | |
„zombiert“, wie man in der Ukraine sagt. Gemeint ist eine Art Gehirnwäsche | |
im Geist des wiedererstarkten russischen Nationalismus´ und Imperialismus. | |
Fast schon peinlich wirkt das Lob der Frauen für die deutschen Gastgeber. | |
Am Morgen des 5.März hat Cornelia Pfeil die ihr unbekannten Frauen am | |
Dresdner Hauptbahnhof abgeholt, nachdem sie über Netzwerke von ihrer | |
Ankunft gehört hatte. Involviert war dabei auch der Mode-Laden | |
„[4][tranquillo]“, der Hilfs- und Bustransporte organisiert. Valentina | |
sagt, sie seien spürbar in ein stabiles Land gekommen, die Menschen seien | |
freundlich, „ihre Augen leuchten“. Geld bestimme hier nicht alles wie in | |
ihrer teils korrupten Heimat. | |
In die will vor allem Aljona wieder zurückkehren, Valentina eigentlich | |
auch. Aber sie sei halt schon älter, und wenn der Krieg noch lange dauere, | |
könne sie sich auch ein dauerhaftes Leben in Sachsen vorstellen. Als das | |
Gespräch auf die täglichen Telefonate mit der verbliebenen Familie kommt, | |
fließen Tränen, besonders bei Valentina, die schon bei dem Wort „Krieg“ | |
Angstzustände bekommt. „Wir haben doch diplomatische Kanäle, um Probleme zu | |
lösen, warum Panzer?“, fragt sie. | |
Valentina hilft in Haus und Garten, will sich mit Arbeit bedanken und etwas | |
Geld beisteuern. Gleich werden sie und Cornelia in eine Gärtnerei fahren, | |
wo sie stundenweise arbeiten könnte. Tränen fließen auch bei Aljona, als | |
sie von ihrem Bruder spricht. Als Militärarzt versuche der, in Mariupol zu | |
helfen, aber seit drei Wochen habe sie ihn nicht mehr erreicht. Michael | |
Bartsch, Dresden | |
## Marianna, für die ein Steuerberater die Rettung war | |
Als die Familie den zweiten Tag in der Ukraine an der Grenze zu Polen | |
stand, kam die E-Mail: Die Münchner [5][Steuerberatungsgesellschaft WTS] | |
organisiere für sie eine Unterkunft. Sie sollten kommen. „Das war für uns | |
in unserem Unglück ein großes Glück“, erzählt Marianna Kazatska. Die | |
35-Jährige ist Juristin und Steuerberaterin in Kiew, ihr Mann leitet die | |
Firma mit 40 Angestellten. Und diese ist der ukrainische Partner der | |
international arbeitenden WTS. | |
Nun hatten sie endlich ein Ziel, und mit nur kleinen Pausen sind sie in | |
zwei Autos von der ukrainisch-polnischen Grenze in die bayerische | |
Landeshauptstadt gefahren: Marianna Kazatska, ihre Mutter, die elf und | |
sieben Jahre alten Töchter und der neun Monate alte Sohn. Außerdem | |
Mariannas Freundin und Arbeitskollegin Marina samt ihrer 16-Jährigen | |
Tochter. Am 6. März sind sie in München angekommen. | |
Kazatska sitzt in einem Café am Münchner Marienplatz mit Blick über die | |
Altstadt. „Es ist wunderschön“, sagt sie, „aber ich kann es jetzt nicht | |
genießen.“ Sie erzählt: „Als wir da waren bei WTS, hat Georg alles | |
organisiert.“ Sie ist mit der Mutter und den Kindern bei einer allein | |
lebenden Frau im Münchner Umland untergekommen – eine Freundin der | |
Gastgeberin arbeitet auch bei WTS. Die Ukrainerinnen haben eine eigene | |
Wohnung in dem Haus. Marina wiederum wohnt mit Tochter in Neuburg an der | |
Donau bei alten Freunden von Georg. | |
Dieser Georg heißt mit vollem Namen [6][Georg Fahrenschon] und ist ein | |
nicht unbekannter Mann. Er war bayerischer Finanzminister, danach stand er | |
an der Spitze des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes in Berlin. Wegen | |
einer Steueraffäre verlor er diesen Posten. Jetzt ist er bei WTS und sagt: | |
„Ich setze mich nicht wegen meines Namens für die Ukrainerinnen ein.“ | |
Die Kazatskas sind erst einmal auf die Gemeinde zur Anmeldung gegangen und | |
um Hilfen zu beantragen. Die Elfjährige wurde in einem Münchner Gymnasium | |
aufgenommen, als begeisterter Klavierspielerin wurde ihr ein gebrauchtes | |
E-Piano organisiert. Die Siebenjährige geht auf die Grundschule am Ort. Und | |
Kazatskas Mutter betreut den Säugling, wenn es etwas zu erledigen gibt. | |
Marianna Kazatska richtet sich darauf ein, dass sie im besten Fall Ende des | |
Jahres in die Ukraine zurückkehren kann. Bis dahin sollte eine Art von | |
Normalität in der Familie einkehren. „Die Kinder strengen sich an, sie | |
machen es gut. Aber ich sehe, dass sie Heimweh haben.“ Sie weiß, dass es | |
ihr und der Familie jetzt in München so gut geht, wie es eben gehen kann. | |
Ihre Steuerberatungsfirma in Kiew ist geschlossen. Der Ehemann wird in der | |
Nähe der Hauptstadt von der Armee eingesetzt, in der Reserve hinter der | |
Front. „Er kann nicht schießen, hatte noch nie ein Gewehr in der Hand“, | |
sagt sie. „Und er würde auch nicht schießen.“ | |
Schließlich gibt es in der zerrissenen Familie noch Marianna Kazatskas | |
Vater. Der kümmert sich im Osten des Landes um seine großen Felder. „Mein | |
Vater wird nie weggehen“, sagt Kazatska. „Niemand liebt sein Land so sehr | |
wie ukrainische Bauern.“ Er sät aus und düngt, auch im Krieg. Zu seiner | |
Tochter sagte er am Telefon: „Überall auf der Welt kann es gefährlich | |
sein.“ Patrick Guyton, München | |
## Anna, die mit Tochter bei bei einem Studentenpaar wohnt | |
Neulich hat Anna Bekannte getroffen. Mitten in Karlsruhe, ganz zufällig. | |
Künstler aus Kiew, die sie von ihrer Arbeit am „[7][National Oleksandr | |
Dovzhenko Film Centre]“ kennt. Hier in Karlsruhe haben sie ein Stipendium | |
beim Zentrum Kultur und Medien erhalten. Peter Weibl, Medienkünstler der | |
dortige Direktor, ist in Odessa geboren, er hat nach Beginn des Kriegs | |
schnell ein Programm für ukrainische Künstler aufgelegt. Es sei seltsam | |
gewesen, plötzlich bekannte Gesichter zu sehen, fast 2.000 Kilometer von | |
Kiew entfernt, sagt Anna. | |
Sie würde auch gern im [8][Zentrum Kultur und Medien] arbeiten, das moderne | |
Haus erinnert sie in ihr altes Leben als Kuratorin und Filmarchivarin in | |
Kiew. Stattdessen hilft sie gerade mit ihren Englischkenntnissen als | |
Übersetzerin in der Registrierungsstelle im Rathaus aus. Maria, ihre | |
Tochter, geht schon in ein Gymnasium mit russischem Sprachzug. Wäre nicht | |
alles so schrecklich in der Ukraine, könnte man sagen, Anna, Maria und ihr | |
Hund Pepi sind ganz gut angekommen, in einer neuen Wirklichkeit, von der | |
sie nicht wissen, wie lange sie dauern wird. | |
Anna und ihre Familie kamen am 11. März, also vor gut einem Monat in | |
Deutschland an. „Viele sagen, wir seien mutig gewesen, weil wir so lange in | |
Kiew geblieben sind“, sagt Anna, „dabei waren wir wahrscheinlich einfach | |
nur ein bisschen doof“. Sie und ihr Mann Wolodomir hätten lange nicht | |
glauben können, dass es wirklich Krieg gibt, selbst als Freunde schon die | |
Koffer gepackt hatten. | |
Erst als Granaten im der Stadt einschlugen, seien sie zu den | |
Schwiegereltern nach Obukhov, 40 Kilometer südlich von Kiew gezogen. Doch | |
bald wurde klar, dass es auch dort gefährlich werden könnte. | |
Schließlich entschied sich Anna und ihre Familie einen Bus nach Frankfurt | |
am Main zu nehmen. Ihren Mann musste sie in Lviv zurücklassen. Wegen seiner | |
schlechten Augen ist er zwar untauglich für die Armee, das Land darf er | |
aber trotzdem nicht verlassen. Aber immerhin, sagt Anna, in Lviv sei er | |
halbwegs sicher. Anders als Annas Eltern. Sie sind in Kiew geblieben. Jeden | |
morgen, wenn sie früh mit dem Hund geht, ruft sie ängstlich an, und fragt | |
wie es geht. | |
Jetzt also Karlsruhe. Eigentlich ein guter Ort, nicht zu groß und nicht zu | |
klein. Annas Tochter hat schon in einer Theatergruppe Anschluss gefunden. | |
Sie haben Unterschlupf bei einem Studentenpaar gefunden, das in ihrer | |
Zweizimmerwohnung das Schlafzimmer für sie geräumt hat. Ihre Kontaktdaten | |
hatte Anna schon während der Busfahrt über das Online-Portal „[9][Ukraine | |
Take Shelter]“ gefunden. | |
Ein Leben in der Zweizimmerwohnung mit vier Personen und Hund ist kein | |
Dauerzustand, klar. Dabei seien die beiden wirklich sehr gastfreundlich. | |
Sie könne bleiben, so lange sie wolle. Was sind auch die Alternativen? Für | |
600 Euro staatlichem Mietzuschuss gibt es kaum eine Wohnung im teuren | |
Südwesten. | |
„Keine Ahnung wie es weitergeht“, sagt Anna, ob, wann und unter welchen | |
Bedingungen sie zurück kann, wann sie ihren Mann und die Eltern wieder | |
sieht. An einem Wochenende fand ein Solidaritätskonzert in Karlsruhe statt. | |
Eigentlich war alles schön und hoffnungsvoll, viele Einheimische waren da, | |
es wurde gespendet, viele Fähnchen in gelbblau. Eigentlich hätte es davor | |
viele Anlässe zum weinen gegeben, sagt Anna, aber genau in diesem Moment | |
war es soweit. Benno Stieber, Karlsruhe | |
14 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine | |
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[3] /Millionen-Metropole-Charkiw/!5839527 | |
[4] https://www.tranquillo-shop.de/?gclid=CjwKCAjw6dmSBhBkEiwA_W-EoNQkTR2KAy0bR… | |
[5] https://wts.com/de-de | |
[6] https://wts.com/de-de/experten/georg-fahrenschon | |
[7] https://uaculture.org/organisations/the-oleksandr-dovzhenko-national-center… | |
[8] https://zkm.de/de | |
[9] https://www.ukrainetakeshelter.com/ | |
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