| # taz.de -- Mega-Schiffsstau vor Schanghai: Folgen ab Mitte Juni spürbar | |
| > Vor dem Hafen vor Schanghai stauen sich hunderte von Schiffen. Viele | |
| > Waren werden Empfänger mit großer Verspätung erreichen. | |
| Bild: 15. 04. 2022, China, Schanghai: Blick auf Container und Kräne im Yangsha… | |
| Berlin taz | Handy, Kameras und andere Elektronikartikel könnten in | |
| Deutschland bald nicht mehr so leicht zu bekommen sein, ein neues Fahrrad | |
| ebenfalls – die Auswirkungen eines gigantischen Schiffsstaus vor dem Hafen | |
| in [1][Schanghai] werden voraussichtlich ab Mitte Juni bei uns zu spüren | |
| sein. Davon geht der Handelsforscher Vincent Stamer vom Kieler Institut für | |
| Weltwirtschaft aus. | |
| Wegen der strikten Coronamaßnahmen in China stauen sich vor dem Hafen von | |
| Schanghai seit Ende März Schätzungen zufolge mehr als 500 Frachter und | |
| Containerschiffe, denn auch Hafenarbeiter sind von dem Lockdown betroffen. | |
| Weltweit sind rund 9.000 Containerschiffe im Einsatz. Der Hafen in | |
| Schanghai ist gemessen am Containerumschlag der größte der Welt. | |
| Ein Schiff braucht nach Stamers Angaben von Schanghai bis zum Hamburger | |
| Hafen 30 bis 40 Tage. Bis Waren an ihren Zielort gelangen, vergeht weitere | |
| Zeit. In den ersten Tagen nach dem Lockdown war der Hafen in Schanghai in | |
| großen Teilen noch arbeitsfähig. „Seit Woche drei sehen wir Einbrüche“, | |
| sagt Stamer. Die Zahl der Exporte ist um rund ein Drittel zurückgegangen – | |
| das heißt allerdings auch, dass rund zwei Drittel der Waren noch | |
| transportiert werden. Je länger der Lockdown dauert, desto schwieriger wird | |
| die Lage aber. | |
| Der Hafen von Schanghai ist für die deutsche Wirtschaft ein wichtiger | |
| Knotenpunkt. „Rund ein Drittel des deutschen Seeverkehrs läuft darüber“, | |
| sagt Stamer. Das entspricht etwa einem Fünftel des gesamten Handelsvolumens | |
| zwischen China und Deutschland. Der Stau wird nach Stamers Erwartungen auf | |
| alle Warengruppen Auswirkungen haben. Besonders betroffen seien | |
| Elektronikartikel wie Handys oder Kameras. | |
| ## Auf ausbleibende Lieferungen vorbereitet | |
| Einzelne Unternehmen werden unter Lieferkettenunterbrechungen leiden und | |
| müssen mit kurzfristigen Produktionsunterbrechungen rechnen, erwartet | |
| Stamer. Welche das sind, ist unklar – denn noch werden ja zwei Drittel der | |
| Container in Schanghai umgeschlagen. Aufgrund der langen Lieferwege können | |
| sich Unternehmen auch auf mögliche Ausfälle einstellen. Durch frühere | |
| Lieferkettenunterbrechungen haben viele bereits Erfahrungen gesammelt, wie | |
| sie damit umgehen können. | |
| Das gilt etwa für den [2][Autobauer VW], der nach eigenen Angaben außerhalb | |
| seiner Produktionsstätten in China bislang keine Auswirkungen des | |
| Schiffsstaus spürt. „Blockaden in den Lieferketten passieren regelmäßig, | |
| die Konzernlogistik von Volkswagen muss immer wieder auf ganz | |
| unterschiedliche Herausforderungen reagieren und sicherstellen, dass die | |
| Lieferketten nicht abreißen: Vulkanausbrüche, Tsunamis, Erdbeben, | |
| Überschwemmungen oder eine Reaktorkatastrophe wie in Fukushima“, sagt ein | |
| VW-Sprecher. | |
| ## Böse Überraschungen | |
| Manche Firma wird möglicherweise überrascht sein, dass Zulieferungen | |
| ausbleiben. „Unternehmen haben nicht die völlige Transparenz über ihre | |
| Lieferketten“, sagt Handelsforscher Stamer. Sie können indirekt von dem | |
| Stau betroffen sein, etwa weil ihre Zulieferer wichtige Teile nicht | |
| erhalten und deshalb in vielen Monaten zugesagte Ware nicht ankommt. | |
| Zu den Branchen, die wahrscheinlich von dem Stau vor Schanghai betroffen | |
| ist, gehört die Fahrradindustrie. „Nach wie vor kommen viele Teile aus | |
| Asien“, sagt Anke Schäffner vom Zweirad-Industrie-Verband. Die Branche | |
| erlebt seit zwei Jahren eine enorm hohe Nachfrage und [3][einen massiven | |
| Anstieg der Verkaufszahlen]. Lieferprobleme durch Lockdowns hemmen das | |
| Wachstum, außerdem sind die Transportkosten enorm gestiegen. Etliche | |
| Unternehmen reagieren darauf, indem sie die Produktion zurück nach Europa | |
| holen, etwa nach Bulgarien oder Rumänien. | |
| 3 May 2022 | |
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| [1] /Ausgangssperre-in-Shanghai/!5847191 | |
| [2] /Zu-wenig-Klimaschutz-bei-VW/!5813567 | |
| [3] /Boom-der-Fahrradwirtschaft/!5746815 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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