# taz.de -- IWF-Weltbank-Frühjahrstagung: Das Multi-Krisentreffen | |
> Krieg und Pandemie – in solchen Krise braucht internationale | |
> Zusammenarbeit. Doch diese fehlt beim Treffen von IWF und Weltbank. | |
Bild: Der Ukraine-Krieg verschärft Ernährungskrise in armen Ländern: im Jeme… | |
Basel taz | „Inmitten der Düsternis von Krieg, Inflation, Energiekrise und | |
zunehmender Verschuldung gibt es auf der diesjährigen Frühjahrstagung viel | |
zu besprechen“, [1][schreibt der britische Thinktank Omfif] im Hinblick auf | |
die Frühjahrstagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds IWF, | |
die am Montag in Washington begonnen hat. | |
IWF-Chefin Kristalina Georgieva beschwört deshalb den Geist der | |
Bretton-Woods-Konferenz, auf der die beiden Institutionen begründet wurden: | |
Die aktuelle Lage erinnere sie „an Bretton Woods im Jahr 1944, als im | |
Schatten des Krieges die führenden Politiker zusammenkamen, um eine bessere | |
Welt zu schaffen. Es war ein Moment von beispiellosem Mut und | |
Zusammenarbeit.“ Und genau das sei auch heute wieder nötig. | |
In der aktuellen Multikrise lassen sich drei Phasen unterscheiden: Erst kam | |
die Pandemie, die viele Länder in den Staatsbankrott getrieben hat oder die | |
kurz davor stehen. [2][Die Weltbank schätzt, dass die Schulden der | |
Entwicklungsländer mittlerweile auf einem 50-Jahre-Hoch sind.] Die zweite | |
Phase war dann die Antwort der Industriestaaten auf die Coronakrise, die | |
negative Auswirkungen auf die ärmeren Länder hatte. | |
Weltbank-Chef David Malpass sagte: „Die außerordentlichen geld- und | |
fiskalpolitischen Maßnahmen, die die fortgeschrittenen Volkswirtschaften | |
zur Ankurbelung ihrer Nachfrage ergriffen haben, kombiniert mit | |
unterbrochenen Lieferketten, haben den Preisanstieg angeheizt und die | |
Ungleichheit weltweit verschärft.“ Erst Corona und dann Inflation. | |
## Jeder Zehnte stürzt bis Ende 2022 in absolute Armut | |
Die dritte Phase ist schließlich der russische Angriffskrieg gegen die | |
Ukraine. Dieser habe negative Konsequenzen für den Großteil der Welt und | |
nicht nur für die direkt betroffenen Staaten, sagt Georgieva: „Die | |
Auswirkungen des Krieges werden in diesem Jahr zu einer Herabstufung der | |
Prognosen für 143 Volkswirtschaften beitragen, die 86 Prozent der | |
weltweiten Wirtschaftsleistung ausmachen.“ Hinter dieser Zahl verbirgt sich | |
nicht weniger als eine humanitäre Katastrophe: Die Entwicklungsorganisation | |
Oxfam schätzt, dass die steigenden Lebensmittelpreise dieses Jahr 263 | |
Millionen Menschen zusätzlich in absolute Armut stürzen. Bis Ende des | |
Jahres werden dann 860 Millionen Menschen mit weniger als 1,90 US- Dollar | |
pro Tag auskommen müssen – jeder zehnte Mensch. | |
Hinzu kommt, dass viele Länder derzeit Maßnahmen ergreifen, die die | |
Hungerkrise noch verschlimmern. Malpasse beklagt: „Innerhalb weniger Wochen | |
ist die Zahl der Länder, die Ausfuhrbeschränkungen für Lebensmittel | |
verhängen, um ein Viertel auf 35 gestiegen.“ Noch sei das Problem aber | |
nicht so groß wie in der Lebensmittelpreiskrise von 2008 bis 2011, die zur | |
Entstehung des Arabischen Frühlings beigetragen hat. Der Trend zu | |
Exportkontrollen für Lebensmittel müsse sofort gestoppt werden, fordert | |
Malpasse: „Die meisten Handelshemmnisse schützen die Privilegierten auf | |
Kosten des Rests der Gesellschaft und verschärfen die Ungleichheit.“ | |
## Abnehmender Willen zu Kooperation | |
Georgieva beklagt noch ein zusätzliches Problem: den abnehmenden Willen zu | |
multilateraler Kooperation. „In einer Welt, in der ein Krieg in Europa | |
Hunger in Afrika verursacht, in der eine Pandemie innerhalb von Tagen um | |
den Globus kreisen kann, in der Emissionen irgendwo überall einen Anstieg | |
des Meeresspiegels bedeuten, kann die Bedrohung unseres kollektiven | |
Wohlstands durch einen Zusammenbruch der globalen Zusammenarbeit gar nicht | |
hoch genug eingeschätzt werden.“ | |
Doch genau diese Zusammenarbeit droht zum Opfer des Krieges in der Ukraine | |
und der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China zu werden. | |
Georgieva mahnt deshalb: „Das einzige wirksame Mittel gegen diese Risiken | |
ist die internationale Zusammenarbeit. Und sie ist unsere Pflicht.“ Bei der | |
Frühjahrstagung gibt es also tatsächlich viel zu besprechen. | |
18 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.omfif.org/2022/04/gloomy-outlook-for-the-imf-spring-meetings/ | |
[2] /Energie--und-Lebensmittelpreise/!5848235 | |
## AUTOREN | |
Christoph Müller | |
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