# taz.de -- Angriff auf die Ukraine: Der Krieg hat nur Verlierer | |
> Der Angriff Russlands gegen die Ukraine führt zu einem wirtschaftlichen | |
> Desaster. Das gilt auch für Nachbarstaaten, warnt die Weltbank. | |
Bild: Die Ukraine und Russland sind wichtige Weizenlieferanten. Durch den Krieg… | |
BERLIN taz | Der [1][Krieg Russlands gegen die Ukraine] bringt nicht nur | |
unermessliches menschliches Leid, er verursacht auch ein enormes | |
wirtschaftliches Desaster. Das Bruttoinlandsprodukt der Ukraine wird nach | |
Prognosen der Weltbank in diesem Jahr um 45,1 Prozent und damit fast um die | |
Hälfte einbrechen. „Die Ukraine braucht sofort massive finanzielle | |
Unterstützung, da sie darum kämpft, ihre Wirtschaft am Laufen zu halten“, | |
forderte Anna Bjerde, Vizepräsidentin der Weltbank für die Region Europa | |
und Zentralasien. | |
Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der UN. [2][In einem Bericht über | |
die ökonomischen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs] hat sie die | |
volkswirtschaftlichen Folgen für 21 Staaten in der Region untersucht. Zwar | |
hängt die weitere Entwicklung vom Fortgang des Krieges ab, aber die | |
Prognosen geben einen Eindruck über den enormen Schaden, den Russland | |
bereits angerichtet hat. | |
Dem Bericht zufolge werden neben der Ukraine und Russland die | |
Volkswirtschaften von Weißrussland, der Kirgisischen Republik, von | |
Moldawien und von Tadschikistan in diesem Jahr voraussichtlich in eine | |
Rezession fallen. Die Wachstumsprognosen der übrigen Länder haben die | |
Ökonom:innen der Weltbank nach unten korrigiert. Das | |
Bruttoinlandsprodukt mancher Staaten wie Bulgarien wird kaum noch wachsen. | |
Bei ihren Prognosen gehen die Ökonom:innen davon aus, dass der Krieg | |
noch einige Monate anhält, aber nicht von einer Eskalation. Sollte es dazu | |
kommen, werden die Folgen noch dramatischer. | |
Für die Wirtschaft der Ukraine sind die russischen Angriffe verheerend. | |
Weil große Teile der Infrastruktur zerstört wurden, ist in vielen Bereichen | |
eine wirtschaftliche Aktivität nicht mehr möglich. Öffentliche und private | |
Investitionen sind kollabiert, Millionen Menschen haben ihr Einkommen und | |
ihre Existenzgrundlage verloren. Der Handel steht weitgehend still, Exporte | |
über die Häfen im Schwarzen Meer sind nicht mehr möglich und die für das | |
Land wichtige Landwirtschaft ist in großen Teilen zum Erliegen gekommen. | |
Aufgrund der enormen Schäden geht die Weltbank davon aus, dass die | |
ukrainische Wirtschaft über Jahre unter den Kriegsfolgen leiden wird. | |
## Folgen der Sanktionen | |
Auch Aggressor Russland machen die wirtschaftlichen Folgen seines Angriffs | |
zu schaffen. Hier zeigen sich die Folgen der umfangreichen Sanktionen | |
vieler Staaten gegen Russland. Das Bruttoinlandsprodukt wird nach jetzigem | |
Stand – also ohne ein Energieembargo – voraussichtlich um 11,2 Prozent | |
einbrechen. Exporte außerhalb des Energiesektors werden stark sinken, | |
erwartet die Weltbank. Finanzielle Transaktionen sind wegen der Swift- und | |
Devisenbeschränkungen kaum noch möglich. Die Ökonom:innen gehen von | |
einer hohen Inflation aus sowie von einer Kreditklemme und einem erhöhten | |
Risiko von Bankpleiten. | |
Der Krieg beeinträchtigt die Nahrungsmittelversorgung in der Region. In | |
Zentralasien entfallen 40 Prozent der Weizenimporte auf die Ukraine und | |
Russland. Etliche Länder sind direkt von einem Einbruch der russischen | |
Wirtschaft betroffen. In einigen zentralasiatischen Volkswirtschaften | |
machen Überweisungen von in Russland arbeitenden Angehörigen 30 Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts aus, etwa in der Kirgisischen Republik oder | |
Tadschikistan. Die kirgisische Wirtschaft wird voraussichtlich um 5 | |
Prozent schrumpfen, vor allem weil der private Konsum einbrechen wird. Hohe | |
Lebensmittelpreise, weniger Beschäftigungsmöglichkeiten und nachlassender | |
wirtschaftlicher Austausch werden zu einer Zunahme der Armut führen, | |
prognostiziert die Weltbank. „Der Krieg in der Ukraine und die Pandemie | |
haben einmal mehr gezeigt, dass Krisen weitreichende wirtschaftliche | |
Schäden verursachen und Jahre des Pro-Kopf-Einkommens und der | |
Entwicklungsgewinne zurückwerfen können“, sagte Asli Demirgüç-Kunt, | |
Chefökonomin der Weltbank für Europa und Zentralasien. | |
## Unterstützung der Aufnahmeländer | |
Neben Produktionseinbrüchen und den Folgen der Sanktionen stellen [3][die | |
aus der Ukraine fliehenden Menschen] Nachbarländer vor enorme | |
wirtschaftliche Herausforderungen. Das wird nach Einschätzung der Weltbank | |
zu den dauerhaftesten Folgen gehören. Die Unterstützung der Aufnahmeländer | |
und der Geflohenen werde deshalb entscheidend sein für die Abfederung der | |
wirtschaftlichen Folgen. | |
Die Weltbank hat seit Beginn des russischen Angriffs 925 Millionen | |
US-Dollar für die Ukraine mobilisiert. Das Geld trägt nach ihren Angaben | |
dazu bei, Löhne für Pflegekräfte, Renten und Sozialprogramme für Bedürftige | |
zu finanzieren. Diese Hilfe ist Teil eines Pakets mit drei Milliarden Euro, | |
das die Weltbank für die Ukraine für die kommenden Monate vorbereitet. | |
Außerdem prüft die Weltbank, wie Geflohene aus der Ukraine in | |
Aufnahmeländern unterstützt werden können. Bei einer internationalen | |
Geberkonferenz sind nach Angaben der EU außerdem 9,1 Milliarden Euro von | |
Ländern, Unternehmen und Privatpersonen für Hilfen zusammengekommen. | |
Außerdem hat die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) | |
ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro angekündigt. | |
11 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5848445 | |
[2] https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/37268/9781464818… | |
[3] /Gefluechtete-aus-Ukraine-mit-Behinderung/!5843376 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
## TAGS | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Weltbank | |
Volkswirtschaft | |
Krise | |
Russland | |
IWF | |
Ukraine-Krise | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Weltbank | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
IWF-Weltbank-Frühjahrstagung: Das Multi-Krisentreffen | |
Krieg und Pandemie – in solchen Krise braucht internationale | |
Zusammenarbeit. Doch diese fehlt beim Treffen von IWF und Weltbank. | |
Slawistik an der Universität: Mehr als nur Russisch | |
Die deutsche Slawistik ist auf Russland fixiert. Damit reproduziert sie ein | |
Narrativ, das die Vielfalt der slawischen Sprachen und Kulturen | |
unterdrückt. | |
Osteuropa-Expertin zu Russlandpolitik: „Russland ist nicht unser Nachbar“ | |
Lange war das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ein gutes. | |
Franziska Davies erklärt, warum die Interessen von Ostmitteleuropa | |
vergessen wurden. | |
Zerstörungen in der Ukraine: Russland muss dafür bezahlen | |
Der Kreml muss für den Wiederaufbau in der Ukraine zur Kasse gebeten | |
werden. Ein Frieden ohne Reparationen ist schwer vorstellbar. | |
Weizenkrise und Ukraine-Krieg: Hunger als Waffe | |
Mit seinem Angriffskrieg hat Putin nicht nur die Ernährungslage in der | |
Ukraine verschlechtert, sondern auf der ganzen Welt. |