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# taz.de -- Mindestens drei neue Flüssiggasterminals: Habeck setzt auf LNG
> Wegen der hohen Abhängigkeit von russischem Gas sollen mindestens drei
> der umstrittenen Terminals für Flüssiggas gebaut werden.
Bild: Noch gibt es für Flüssiggastanker in Deutschland keine Terminals
Hamburg taz | Die Diskussion über den Bau von Terminals für Flüssiggas
(LNG) an der norddeutschen Küste hat sich über Jahre hingeschleppt – jetzt
kann es gar nicht schnell genug gehen. Angesichts des Drucks durch den
Ukrainekrieg arbeitet die Bundesregierung daran, 2022 und 2023 mehrere
schwimmende LNG-Terminals in Deutschland in Betrieb zu nehmen. Die
Energiekonzerne RWE und Uniper hätten sich im Auftrag der Bundesregierung
eine Option auf drei schwimmende LNG-Terminals gesichert. Zudem soll der
Aufbau von Terminals, etwa in Brunsbüttel, vorangetrieben werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor bei einem Ortstermin
in Brunsbüttel an der Elbmündung bereits gefordert, beim Bau solcher
Terminals müsse die deutsche „Schlafmützigkeit“ und „Bräsigkeit“ abg…
werden. Und weil auch das nicht reicht, prüft Niedersachsen eine
schwimmende Anlage zum Speichern und Regasifizieren (Floating Storage and
Regasification Unit – FSRU) im Tiefwasserhafen Wilhelmshaven festzumachen.
Sie könnte womöglich schon im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Das wäre ein
Rekord, gemessen an den deutschen Planungs- und Genehmigungszeiten.
Habeck sieht sich unter Druck, weil 55 Prozent des in Deutschland
verbrauchten Erdgases aus Russland stammt und er sich nicht ausmalen will,
was passieren würde, wenn Russland den Hahn zudreht. Also hat er sich
[1][aufgemacht, die Bezugsquellen zu diversifizieren], wozu auch Liquefied
Natural Gas gehört, das in Tankern aus Übersee herbeigeschifft wird.
Für einen grünen Minister ist das ein großer Schritt, denn [2][LNG hat
einen schlechten Ruf]. Ein beträchtlicher Teil seines Energieinhalts geht
beim Verflüssigen, also Herunterkühlen, verloren. Es besteht die Gefahr,
dass mit dem umweltschädlichen Fracking-Verfahren gewonnenes Gas aus den
USA importiert wird. Dazu kommt, dass es sich um einen fossilen Brennstoff
handelt, der Kohlendioxid (CO2) und das weitaus klimaschädlichere Methan
freisetzt. Die Deutsche Umwelthilfe sieht die Gefahr, dass mit einem
LNG-Terminal auf Jahre hinaus eine klimaschädliche Infrastruktur geschaffen
würde.
Wirtschaftminister Habeck und auch seine Kollegen in den betroffenen
Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holsten legen daher großen Wert darauf,
die Anlagen so auszulegen, dass sie auf Wasserststoff und dessen Derivate
wie Ammoniak umgestellt werden können. Eine Umrüstung auf Ammoniak sei
„grundsätzlich realisierbar“, teilt [3][das Bundeswirtschaftsministerium
mit].
Der Charme eines schwimmenden Terminals läge auch darin, dass sich
Deutschland damit nicht festlegen würde. So ein Terminal könnte gemietet
werden, bis etwa ein Wasserstoff-Terminal steht. [4][FSRUs – Schiffe, die
LNG speichern und regasifizieren können – bilden einen wachsenden Markt].
Ihre Kapazität kann mit Anlagen an Land mithalten.
Obwohl mit einem FSRU ein fertiger Terminal angeschwommen käme, müsste er
dem Sprecher des Energieministeriums, Christian Budde, zufolge ein
Planfeststellungsverfahren mit wasser- und immissionsschutzrechtlicher
Prüfung durchlaufen. Für eine Anlage an Land rechnet das
Bundeswirtschaftsministerium mit einer reinen Bauzeit von 3 bis 3,5 Jahren.
Eine schwimmende Anlage könne binnen zwei Jahren in Betrieb gehen.
Niedersachsens Energieminister Olaf Lies (SPD) plädierte dafür, wo immer
möglich planerische Abkürzungen zu nehmen. „Im Zweifel müssen wir hier vom
Rechtsmittel der Genehmigungsfiktionen Gebrauch machen“, teilte der
Minister mit. Das heißt: Wenn eine zuständige Behörde nicht innerhalb einer
bestimmten Frist über eine Genehmigung entscheidet, gilt diese als erteilt.
Laut Lies gibt es drei Projekte von Unternehmen, die den Import über
Terminals in der Stadt organisieren wollen. Würden alle drei realisiert,
könnten sie die Hälfte des Gases, das bisher aus Russland kommt, ersetzen.
Für den schleswig-holsteinischen Standort Brunsbüttel haben sich die
bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, die staatlich-niederländische
Gasunie und RWE darauf verständigt, gemeinsam ein LNG-Terminal mit einer
Kapazität von 8 Milliarden Kubikmetern zu bauen. Über die KfW will sich der
Bund zu 50 Prozent daran beteiligen. Im Land, wo am 8. Mai gewählt wird,
[5][bringt das die mitregierenden Grünen in Schwierigkeiten]. Ein
Landesparteitag hat sich gegen ein LNG-Terminal ausgesprochen.
Finanzministerin und Spitzenkandidatin Monika Heinold und
Energiewende-Staatssekretär Tobias Goldschmidt versuchen, die Basis mit
einem [6][Positionspapier] umzustimmen.
„Vor dem Ukrainekrieg habe ich die energiewirtschaftliche Bedeutung eines
LNG-Terminals nicht mehr gesehen“, räumt Goldschmidt ein, der gern die
Nachfolge von Jan-Philipp Albrecht als Minister antreten würde. In der
aktuellen Krise wäre es jedoch eine Versicherung gegen Putin, allerdings
nur für eine Übergangszeit. „Mittelfristig muss es rasch zu einem
Importterminal für grüne Kraftstoffe werden“, sagt Goldschmidt.
27 Mar 2022
## LINKS
[1] /Robert-Habeck-zu-Besuch-in-Katar/!5842662
[2] /Umweltverbaende-gegen-LNG-in-Brunsbuettel/!5840899
[3] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/03/20220305-kredit…
[4] https://www.oxfordenergy.org/wpcms/wp-content/uploads/2017/07/The-Outlook-f…
[5] /LNG-Terminal-in-Brunsbuettel/!5833943
[6] https://sh-gruene.de/wp-content/uploads/2022/03/Zeitenwende-in-der-Energiep…
## AUTOREN
Gernot Knödler
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