# taz.de -- Afghanistan-Konferenz in China: Pekings Vorstoß Richtung Kabul | |
> Peking will beim Thema Afghanistan diplomatische Initiative übernehmen. | |
> Dabei geht es um gute Beziehungen, aber auch um den Zugang zu Rohstoffen. | |
Bild: Afghanistan-Kkonferenz in Tunxi: Außenminister von China, Pakistan und A… | |
BERLIN taz | Die chinesische Regierung hat am Mittwoch und Donnerstag | |
Gastgeber für eine Serie von Treffen zum Thema Afghanistan gespielt. Das | |
ist Teil ihrer mittelfristigen Strategie, die USA dabei abzulösen, wer beim | |
Thema Afghanistan die diplomatische Initiative hat, und den Schwerpunkt | |
dafür in die Region zu verlagern. Zudem geht es um Zugang zu Afghanistans | |
Rohstoffen. Ein verbreitetes Bonmot lautet, Peking habe keine Außen-, | |
sondern nur eine Wirtschaftspolitik, und für das einheimische Wachstum | |
müsse man eben externe Rohstoffquellen erschließen. | |
In der Stadt Tunxi in der zwischen Shanghai und Wuhan gelegenen Provinz | |
Anhui traf der Außenminister Chinas, Wang Yi, am Mittwoch zunächst die | |
Außenminister von Pakistan und den afghanischen Taliban. Dabei regte Wang | |
an, dass [1][die drei Länder ihren „trilateralen Kooperationsmechanismus“] | |
wiederbeleben sollten, der während der Gespräche zwischen Washington und | |
den Taliban 2020/21 ins Stocken geraten war. | |
Nach Pekings Vorstellung geht es um drei Themen: Erstens sollen | |
„vertrauensvolle Beziehungen“ vor allem zwischen Pakistan und Afghanistan | |
wiederhergestellt werden, die unter der vorherigen US-gestützten Regierung | |
in Kabul wegen Islamabads Unterstützung für die Taliban gelitten hatten. | |
Zweitens bot Peking an, Afghanistan an den chinesisch-pakistanischen | |
Wirtschaftskorridor anzuschließen, der Teil von Pekings eurasischer | |
[2][Road-and-Belt-Strategie] ist. Nach dem Ende des Krieges in Afghanistan | |
könnte es dort erstmals seit fast 45 Jahren hinreichend sicher sein, | |
Rohstoffe zu erschließen. | |
China hatte sich bereits 2008 in Kabul [3][Konzessionen zur Ausbeutung der | |
Kupfervorkommen von Ainak] bei Kabul gesichert, mit die größten der Erde, | |
sowie für kleinere Öl- und Gasfelder, konnte aber kriegsbedingt nicht | |
einmal eine grundlegende Infrastruktur entwickeln. Taliban-Bergbauminister | |
Schahabuddin Dilawar, der ebenfalls in Tunxi ist, hatte zwar jüngst | |
verkündet, ihm wären „erfahrenere US-Unternehmen“ lieber, aber dem stehen | |
Washingtons Sanktionen gegen die Taliban entgegen. | |
Drittens geht es um Sicherheitskooperation und gemeinsame | |
Terrorismusbekämpfung. Das betrifft vor allem den „Islamischen Staat“, der | |
in Afghanistan und Pakistan aktiv ist und die Rohstoffprojekte gefährden | |
könnte. | |
## „Strategische Partnerschaft“ zwischen China und Russland | |
Das Dreiertreffen bildete den Auftakt für die dritte Auflage ebenfalls von | |
Peking initiierter „Außenministertreffen der Nachbarstaaten Afghanistans“, | |
an denen neben China, Pakistan und Afghanistan auch Usbekistan, | |
Turkmenistan und Tadschikistan sowie Iran teilnehmen. Die Außenminister | |
Katars und Indonesiens waren als Gäste geladen. Beide Länder unterstützen | |
Afghanistan humanitär und waren zentral in frühere Friedensbemühungen | |
eingebunden. Die Außenminister der Länder sprachen sich dafür aus, dass | |
„die von den USA geführten westlichen Länder das Eigentum des afghanischen | |
Volkes zurückgeben“. Ein Großteil der in den USA liegenden afghanischen | |
Staatsgelder ist noch eingefroren. | |
Zunächst aber hatte Außenminister Wang am Mittwoch in Tunxi seinen | |
russischen Amtskollegen Sergei Lawrow empfangen, um ihre „[4][strategische | |
Partnerschaft]“ sowie die außenpolitische Kooperation zu festigen. Moskau | |
nutzte die Treffen für weitere antiwestliche Nadelstiche. Zum einen | |
verkündete Lawrow, Russland habe jetzt einen an die Botschaft in Moskau | |
entsandten Talibandiplomaten akkreditiert. Das untergräbt den bisherigen | |
internationalen Konsens, die Talibanregierung nicht anzuerkennen. | |
Zum anderen zitierten russische Medien Lawrow, dass für Russland „die | |
Präsenz jeglicher US- und Nato-Infrastruktur in Afghanistans Nachbarländern | |
inakzeptabel“ sei – ein Signal an die mittelasiatischen Republiken, die | |
dies während des Afghanistankriegs zeitweise erlaubt hatten. Weder Wang | |
noch Lawrow äußerten sich zu den Menschenrechtsverletzungen und dem | |
[5][Bildungsverbot der Taliban für ältere Mädchen]. | |
Die Tunxi-Treffen überschatteten am Donnerstag eine online veranstaltete | |
[6][UNO-Geberkonferenz für Afghanistan], bei der es um ein | |
4,4-Milliarden-Dollarpaket zur Unterstützung des Bildungs- und | |
Gesundheitssystem gehen sollte. Nach der Taliban-Entscheidung, entgegen | |
früheren Versprechungen höhere Mädchenschulen nicht wieder zu eröffnen, | |
dürfte die Bereitschaft vieler Geberländer gesunken sein, dazu beizutragen. | |
Die Weltbank stoppte ein dafür vorgesehenes 600-Millionen-Teilpaket. Wie | |
viel Geld die UNO akquirieren konnte, stand bei Redaktionsschluss noch | |
nicht fest. | |
31 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://economictimes.indiatimes.com/news/defence/china-looks-to-step-up-co… | |
[2] https://www.beltroad-initiative.com/info/ | |
[3] https://thediplomat.com/2017/01/the-story-behind-chinas-long-stalled-mine-i… | |
[4] /Sanktionen-gegen-Russland/!5839785 | |
[5] /Bildungsmisere-in-Afghanistan/!5840287 | |
[6] https://media.un.org/en/asset/k1p/k1puubpv5u | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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