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# taz.de -- Energieversorgung in der EU: Raus aus Russlands Klauen
> Mit Flüssiggas und erneuerbaren Energien will die EU unabhängiger von
> russischen Importen werden. Doch wie das genau passieren soll, ist noch
> unklar.
Bild: Brunsbüttel ist als Standort für ein neues LNG-Terminal (Liquefied Natu…
Brüssel taz | Die EU will unabhängiger von fossilen Brennstoffen aus
Russland werden und die Nachfrage nach russischem Gas bis zum Jahresende um
zwei Drittel reduzieren. Dies kündigte die EU-Kommission am Dienstag in
Straßburg an. Die europäische Energieversorgung solle günstiger, sicherer
und nachhaltiger werden, versprach die Brüsseler Behörde vor dem
Hintergrund bedrohlich steigender Preise.
Bisher ist die EU auf Energie aus Russland angewiesen. So kommen EU-weit 45
Prozent der Gasimporte, 45 Prozent der Kohle und 25 Prozent des Öls aus dem
Land, das Krieg gegen die Ukraine führt. Einige Länder wie Ungarn,
Bulgarien oder die Slowakei sind sogar fast vollständig auf Russland
angewiesen. Auch [1][Deutschland] kann mit einer Quote von 55 Prozent
schwer auf russisches Gas verzichten.
Doch nun droht eine harte Entwöhnungskur. Die EU-Kommission begründet den
Bruch mit Russland vor allem mit dem Krieg in der Ukraine. „Wir können
nicht von einem Versorger abhängen, der uns bedroht“, sagte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Russlands Invasion in der
Ukraine hat die Versorgungssicherheit verschlechtert“, meint die
Energiekommissarin Kadri Simson.
Allerdings wurden seit Kriegsbeginn keine Engpässe gemeldet, im Gegenteil:
Der russische Anbieter Gazprom hat die Gaslieferungen nach Europa sogar
ausgeweitet. Auch die extrem hohen Preise bei Öl und Gas sind nicht nur dem
Krieg anzulasten. So stieg der Gaspreis am Montag um unglaubliche 60
Prozent, nachdem US-Außenminister Tony Blinken ein Ölembargo gegen
Russland angedeutet hatte. Auch die westlichen Sanktionen treiben die
Preise in die Höhe. Dagegen kann die EU-Kommission nicht viel tun.
Unklar ist auch, wie die Brüsseler Behörde die Energielieferungen aus
Russland ersetzen will. Sie nennt zwar ein Ziel: zwei Drittel weniger bis
zum Jahresende. Zudem will man Mitgliedsstaaten verpflichten, ihre
Gasspeicher bis zum 1. Oktober zu mindestens 90 Prozent zu befüllen. Wie
das gehen soll, bleibt offen. Mehrere Förderländer, darunter Aserbaidschan
und Katar, haben zwar zugesagt, ihre Öl- und Gaslieferungen nach Europa zu
erhöhen.
Die größte Hoffnung ist die USA
Die Lieferungen aus Russland können sie jedoch nicht vollständig ersetzen.
Die größte Hoffnung ruht daher auf den USA, die mehr Flüssiggas liefern
wollen. Dabei handelt es sich jedoch um klimaschädliches Frackinggas. Von
der Leyen sieht darin kein Problem. Gemeinsam mit Klimakommissar Frans
Timmermans setzt sie auf Flüssiggas und erneuerbare Energien. „Lasst uns
die Erneuerbaren mit Lichtgeschwindigkeit ausbauen“, fordert Timmermans. Er
plant einen „Pakt für erneuerbare Energien“, um den Ausbau von
Solarenergie, Wind- und Wasserkraft anzukurbeln. Auch Genehmigungsverfahren
sollen verkürzt werden.
Dennoch droht der European Green Deal in den Hintergrund zu rücken. Er baut
auf den Gaslieferungen aus Russland auf, die als „Brücke“ zu klimaneutralen
Energien gedacht waren. Nun muss die EU ihre Strategie neu ausrichten. Eine
erste Gelegenheit dazu bietet ein Sondergipfel am Donnerstag in Versailles,
zu dem Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geladen hat. Die 27
Mitgliedstaaten wollten die „Abhängigkeit von russischen Gas-, Öl- und
Kohleimporten beenden“, heißt es in einem Entwurf für das Gipfeltreffen.
Allerdings ist umstritten, ob dies schnell oder schrittweise geschehen
soll. Zudem sind die Mitgliedsstaaten uneinig über konkrete Maßnahmen gegen
die hohen Energiepreise. Frankreich und Spanien hatten schon im Oktober
gefordert, den europäischen Energiemarkt neu zu regeln, um die Spekulation
einzudämmen und extreme Ausschläge zu verhindern. Die EU-Kommission war
bisher dagegen, nun lässt sie erstmals Bereitschaft für Markteingriffe
erkennen. Deutschland und andere EU-Länder standen bisher jedoch auf der
Bremse. In Versailles droht also Streit.
Röttgen hält Embargo für machbar
Währenddessen wird in Deutschland debattiert, ob der Import von Öl und Gas
komplett gestoppt werden sollte. CDU-Politiker und Außenpolitikexperte
Norbert Röttgen sprach sich für ein solches [2][Embargo] aus. Es sei zwar
eine harte und weitreichende Entscheidung, jedoch eine, die er für
notwendig und machbar hält. So sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk:
„Annähernd eine Milliarde Dollar spülen wir ihm täglich in die Kriegskasse,
dadurch, dass das weitergeht, und dadurch, dass die Banken, die das
finanzieren, nicht von Swift ausgeschlossen worden sind.“
Röttgen betonte, dass die Gasspeicher in Deutschland bis zum Winter
ausreichen würden. Deutlich zurückhaltender äußerte sich Kanzler Olaf
Scholz. Er sagte am Montag, dass die Energie- und Stromversorgung Europas
momentan nicht anders gesichert werden könnte. Auch Wirtschaftsminister
Robert Habeck warnt vor einem kompletten Embargo: „Wir reden dann über eine
schwere Wirtschaftskrise in Deutschland und damit in Europa“, sagte er am
Dienstag gegenüber ntv. Das könnte schlimmstenfalls dazu führen, dass man
die eigens verhängten Sanktionen nicht mehr stemmen kann.
8 Mar 2022
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## AUTOREN
Eric Bonse
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