# taz.de -- Energie und Krieg: Putin-Boykott zum Selbermachen | |
> Der Wunsch, auf Gas aus Russland zu verzichten, wächst. Manches können | |
> Verbraucher dazu selbst beitragen, für anderes braucht es den Staat. | |
Bild: Wärmepumpe im Keller, Solarzellen auf dem Dach: So dürften viele Gebäu… | |
BERLIN taz | Es ist die zentrale Einnahmequelle Russlands, und trotz Krieg | |
und Sanktionen sprudelt sie wie eh und je: Der Export von Gas und Öl ist | |
von den Sanktionen ausgenommen, und auch Präsident Wladimir Putin hat | |
bisher darauf verzichtet, die Energielieferungen als Reaktion auf die | |
Sanktionen zu drosseln. Doch weil unklar ist, wie lange das so bleibt, | |
wächst der Druck, den Gasverbrauch möglichst schnell zu reduzieren. | |
„Energiesparen wird zur Frage der nationalen Sicherheit“, meint etwa | |
Christian Noll, Geschäftsführer des Verbands Deneff, dem viele Unternehmen | |
der Effizienzbranche angehören. | |
Vom Staat fordert die Deneff darum nun ein „historisches Energiesparpaket“, | |
um Wohnungseigentümer, Gewerbe und Industrie kurzfristig bei | |
Effizienzmaßnahmen zu unterstützen. Doch auch Verbraucher*innen sollten | |
selbst aktiv werden und ihren Energieverbrauch reduzieren, appelliert Noll. | |
Denn: „Damit finanzieren wir alle den Krieg in der Ukraine mit.“ | |
Gleichzeitig hilft das Energiesparen auch gegen die massiv steigenden | |
Energiekosten. | |
Zu den Vorschlägen der Deneff zum privaten Putin-Boykott von | |
Verbraucher*innen gehört die Verringerung der Raumtemperatur, die | |
Entlüftung und Optimierung von Heizkörpern und die Umstellung auf kurzes | |
Stoßlüften. Deutlich mehr Einfluss auf den Energieverbrauch haben aber die | |
Eigentümer der Wohnungen. Manche Maßnahmen zur Verringerung des Heizbedarfs | |
seien noch vor Beginn der nächsten Heizperiode machbar, etwa das Einblasen | |
einer Dämmschicht in die Zwischenräume von doppelschichtigen Außenwänden | |
oder der Austausch alter Fenster. | |
Doch auch der komplette Austausch einer Gasheizung gegen eine | |
[1][Wärmepumpe], die Wärme aus Strom und Energie aus Boden, Wasser oder | |
Außenluft produziert, ist noch vor dem Winter möglich, meint Henning | |
Schulz, Sprecher des Wärmepumpen-Herstellers Stiebel Eltron. Doch dafür sei | |
schnelles Handeln nötig: Bevor ein Auftrag erteilt werden könne, müsse | |
zunächst die staatliche Förderung beantragt werden, die beim Austausch | |
einer Gasheizung bis zu 40 Prozent der Kosten ausmache, sagte Schulz der | |
taz. „Und auch die Lieferzeiten können derzeit mehrere Wochen betragen.“ | |
Der eigentliche Einbau dauere dagegen nur wenige Tage, und eine | |
Fußbodenheizung sei, anders als häufig angenommen, nicht erforderlich. | |
„Wärmepumpen arbeiten heute auch in vielen Altbauten effizient“, so Schulz. | |
Das bestätigt Marek Miara vom Fraunhofer Institut für Solare | |
Energiesysteme: Dass Wärmepumpen eine Fußbodenheizung benötigen, „ist nicht | |
nur physikalisch falsch, sondern wird auch von Tausenden mit Heizkörpern | |
realisierten Wärmepumpensystemen widerlegt“, [2][berichtet er.] | |
Den Berechnungen des Instituts zufolge war eine Wärmepumpe im Betrieb schon | |
bei den bisherigen Gas- und Strompreisen in den meisten Fällen günstiger | |
als eine Gasheizung; die stark gestiegenen Gaspreise und die Abschaffung | |
der EEG-Umlage beim Strompreis dürfte die Wirtschaftlichkeit weiter | |
steigern. Noch günstiger wird eine Wärmepumpe, wenn der benötigte Strom | |
teilweise mit Solarzellen auf dem eigenen Dach erzeugt wird. | |
## Wachsendes Interesse an Wärmepumpen | |
Und tatsächlich scheinen der Krieg in der Ukraine und die Aussicht auf | |
deutlich höhere Gaspreise die Nachfrage nach Wärmepumpen zu erhöhen. An den | |
Lieferzahlen sei das zwar nach so kurzer Zeit noch nicht abzulesen, sagt | |
Stiebel-Eltron-Sprecher Schulz. „Aber ich erlebe im privaten Umfeld, dass | |
das Interesse schlagartig gestiegen ist.“ | |
Doch nur darauf vertrauen, dass Haus- und Wohnungsbesitzer ihre Gasheizung | |
aus eigenem Antrieb austauschen, dürfe die Politik nicht, meint die | |
Deutsche Umwelthilfe. Erforderlich sei eine verpflichtende Sanierung | |
besonders uneffizienter Gebäude und ein schnelles Verbot für neue fossile | |
Heizungen – allein im letzten Jahr wurden in Deutschland noch 600.000 neue | |
Gasheizungen eingebaut. Daneben seien für Sanierungen 25 Milliarden Euro | |
Fördergelder pro Jahr erforderlich. | |
Dass große Fortschritte bei der Wärmeerzeugung möglich sind, zeigt auch | |
eine [3][Studie des Wuppertal Instituts] im Auftrag von Greenpeace: Demnach | |
könne Deutschland schon im Jahr 2035 komplett auf Gas und Öl zum Heizen | |
verzichten. Dafür müsse die Regierung aber noch dieses Jahr die politischen | |
Weichen stellen, fordert die Umweltorganisation. | |
4 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Experte-ueber-klimataugliche-Waermepumpen/!5789960 | |
[2] https://blog.innovation4e.de/2021/05/20/wie-schaffen-wir-mehr-waermepumpen-… | |
[3] https://presseportal.greenpeace.de/documents/48489 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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