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# taz.de -- US-Importstopp für russisches Öl: Krise an der Tanke
> US-Amerikaner:innen zahlen derzeit Rekord-Spritpreise. Doch zumindest
> sind die USA längst nicht so abhängig von russischer Energie wie die EU.
Bild: Ölförderung bei El Reno: Die USA verzichten auf Lieferungen aus Russland
New York taz | „Es ist verrückt“, sagt der hochgewachsene Mann und steckt
eilig seine Kreditkarte in den Schlitz an der Tanksäule im Brooklyner
Stadtteil Bushwick. Er zeigt mit dem Finger auf die Preisanzeige pro
Gallone. „Gestern waren es 4,19 Dollar, heute sind es 4,41“, erklärt er und
schüttelt den Kopf. „Was soll ich machen, ich muss zur Arbeit – und die
Züge und U-Bahnen sind mir zu unsicher.“
Mit 4,41 US-Dollar pro Gallone ist das Normalbenzin hier an der Tankstelle
in Bushwick noch teurer als der landesweite Durchschnitt in den USA. 4,17
US-Dollar zahlten die US-Amerikaner:innen laut dem Automobilclub AAA am
Dienstag für eine Gallone, also umgerechnet rund einen Euro pro Liter. Für
deutsche Verhältnisse spottbillig – doch absoluter Rekord in den
Vereinigten Staaten, wo die meisten Menschen viel stärker auf ihr Auto
angewiesen sind.
Expert:innen gehen davon aus, dass die Spritkosten noch steigen werden:
US-Präsident Joe Biden hat wegen des russischen Angriffskrieg gegen die
Ukraine am Dienstag [1][per Verfügung ein Importverbot für Öl aus Russland
erlassen]. Der Importstopp ziele auf eine „Hauptschlagader der russischen
Wirtschaft“, sagte Biden bei einem kurzfristig angekündigten Auftritt im
Weißen Haus in Washington. Er betonte, der Schritt sei mit den europäischen
Verbündeten abgesprochen und werde in den USA parteiübergreifend
unterstützt.
„Wir treiben dieses Verbot voran – wissend, dass viele unserer europäischen
Verbündeten und Partner sich uns womöglich nicht anschließen können“, so
der Präsident. Auch die USA würden einen Preis für die Freiheit zahlen, er
werde aber alles dafür, um Familien und Unternehmen vor höheren Kosten und
Versorgungsproblemen zu schützen.
## USA sind nicht ansatzweise so abhängig wie die EU
Nach Angaben eines hochrangigen Regierungsvertreters blockiert der
Importstopp alle neuen Käufe von russischem Erdöl, Flüssigerdgas und Kohle,
für alte Verträge gebe es eine Übergangsfrist von 45 Tagen. Für
US-Bürger:innen sowie Unternehmen sei es überdies nun verboten, in den
russischen Energiesektor zu investieren oder sich an entsprechenden
ausländischen Investitionen zu beteiligen.
Die USA sind längst nicht so abhängig von russischen Energiequellen wie
europäische Länder. Den Löwenanteil an Importen von Rohöl und
Erdölprodukten trägt Kanada bei – nach Angaben der
US-Energieinformationsbehörde (EIA) mehr als die Hälfte. Russland steht
demnach an dritter Stelle nach Mexiko mit nur knapp acht Prozent Einfuhren.
„Es ist eine ziemlich unbedeutende Menge“, [2][sagte Patrick De Haan,
Energieanalyst beim Unternehmen GasBuddy], das unter anderem eine
Benzin-Sparapp anbietet. Die vorherigen Sanktionen hätten den Import aus
Russland schon vorher verlangsamt, viele Firmen bereits auf Lieferverträge
verzichtet. Bidens Importverbot sei also „nicht unbedingt ein Schock für
den Markt“, so De Haan. Die Benzinpreise würden zwar weiter ansteigen,
jedoch in einem langsameren Tempo – es sei denn, die EU würde ebenfalls ein
Importverbot auflegen: „Das wäre eine Explosion.“
Bisher wollen die EU-Staaten Russland in diesem Bereich keine Sanktionen
auferlegen, da sie viel abhängiger sind: Der Anteil der Importe aus
Russland liegt in der gesamten EU bei rund 40 Prozent bei Erdgas und knapp
30 Prozent bei Erdöl. [3][Großbritanniens Wirtschaftsminister Kwasi
Kwarteng hingegen kündigte auf Twitter an, die Öl-Einfuhren aus Russland
bis Ende 2022 auslaufen zu lassen.]
## Kritik an Pipeline-Baustopp
Republikaner:innen kritisieren den US-Präsidenten seit dem Angriff
Russlands auf die Ukraine wieder verstärkt dafür, [4][sofort nach
Amtsantritt die Baugenehmigung für die hochumstrittene Ölpipeline Keystone
XL widerrufen zu haben]. Diese hätte ein bestehendes Pipeline-System
erweitert, um mehr Öl aus den Ölsandvorkommen im Westen Kanadas in die USA
zu bringen; die Pläne waren von Umweltaktivist:innen heftig
kritisiert worden. Der Präsident müsse „die Keystone Pipeline öffnen,
wieder mit den Bohrungen auf Bundesland beginnen und amerikanische
Energieunabhängigkeit entfesseln“, [5][schrieb etwa die texanische
Kongressabgeordnete Beth van Duyne auf Twitter].
Energiespezialist De Haan sieht das nicht als Lösung – schon allein, weil
die von der Corona-Pandemie ausgelösten Probleme in den Lieferketten noch
nicht beseitigt seien. „Ich habe mit Ölproduzenten und Arbeitern auf
Ölfeldern gesprochen“, sagt er. „Viele Ölproduzenten sagten: Selbst wenn
Keystone morgen fertig wäre, hätten sie nicht die Leute, das Equipment,
viele Dinge, die sie bräuchten, um die Ölproduktion hochzufahren.“
9 Mar 2022
## LINKS
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5839686
[2] https://www.facebook.com/gasbuddy/videos/504040131317810
[3] https://twitter.com/KwasiKwarteng/status/1501229850454937600
[4] /Bidens-Politik-nach-Amtsantritt/!5742160
[5] https://twitter.com/RepBethVanDuyne/status/1500852155007311875
## AUTOREN
Eva Oer
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