| # taz.de -- Interner Polizeikritiker über Mobbing und Racial Profiling: „Ich… | |
| > Seit 24 Jahren ist Oliver von Dobrowolski Polizist. Bundesweit bekannt | |
| > ist er als kritische Stimme, kaum einer wird in der Behörde so | |
| > angefeindet. | |
| Bild: Versteht sich als Good Cop, der die Polizei verbessern möchte: Oliver vo… | |
| taz: Herr von Dobrowolski, Sie verstehen sich als Antifaschist und links. | |
| Wie reagieren Sie als Polizist, wenn Ihnen bei einer antifaschistischen | |
| Demo jemand mit ACAB-Shirt gegenüber steht, also der Chiffre für „All Cops | |
| Are Bastards“? | |
| Oliver von Dobrowolski: Meinungsfreiheit! Ich muss es tolerieren, auch wenn | |
| es geschmacklich nicht einwandfrei ist. Gerichtsurteile zeigen, dass die | |
| Chiffre ohne konkreten Bezug nicht strafbewehrt ist. Klar, selbst tragen | |
| würde ich so ein T-Shirt in meiner Freizeit nicht – damit würde ich mir | |
| noch weiter mein Grab schaufeln. | |
| Sie sind seit 24 Jahren bei der Polizei. Bevor Sie Schutzpolizist wurden, | |
| waren Sie lange bei der Kripo. Wie tief ist Ihr Grab denn schon? | |
| Ich bin schon immer als eine kritische Stimme bei Ungerechtigkeiten | |
| aufgefallen, bei eklatanten Mängeln in der Hierarchie oder Dingen, die bei | |
| der Polizei aus dem Ruder laufen. Eine richtige politische Agenda habe ich | |
| aber erst seit gut zehn Jahren. Der Ärger ging 2014 mit meinem ersten | |
| Interview für die Berufsvereinigung PolizeiGrün los… | |
| … Sie waren erst Vorstandsbeisitzer und dann Vorsitzender dieser | |
| bundesweiten Vereinigung. | |
| Bei der Polizeipressestelle gab es einen großen Aufschrei, obwohl ich | |
| eigentlich nichts Schlimmes gesagt habe. Schlagartig war ich überregional | |
| bekannt. | |
| Ihr Twitter-Profil, auf dem Sie gerne zugespitzt Polizeiskandale | |
| kommentieren, hat den Bekanntheitsgrad auch gefördert. | |
| Für manche bin ich inzwischen der linke Vorzeigebulle. Bei den Kollegen bin | |
| ich eher klassisch der [1][Nestbeschmutzer, Verräter und das | |
| Kameradenschwein]. Das ist normal geworden für mich. | |
| Das heißt, das Mobbing fasst Sie nicht mehr so an? | |
| Doch, wenn es im nahen Umfeld ist. Pauschale Urteile von Kollegen, die mich | |
| nicht persönlich kennen, sind mir relativ egal. | |
| Gibt es noch Kollegen, die mit Ihnen arbeiten wollen, oder werden Sie eher | |
| geschnitten? | |
| Ach Quatsch. Für meine direkten Kollegen bin ich der Olli. Die meisten | |
| sagen, der ist trotz seines Aktivismus top, mit dem kann ich gut arbeiten, | |
| mit dem würde ich im Einsatz keine Angst haben. Im Übrigen hat es gegen | |
| mich nie ein Disziplinarverfahren oder sich türmende Beschwerden gegeben – | |
| meine Personalakte ist blütenweiß. | |
| Hat Sie niemals ein Vorgesetzter zur Rede gestellt? | |
| Doch, es gab schon Gespräche bei höheren Vorgesetzten, etwa beim LKA-Chef. | |
| Der hat schon versucht, mir den Kopf zu waschen. | |
| Um was ging es? | |
| Meine „Meinungsmache“ und Kritik am unrühmlichen Hamburger Polizeiführer | |
| Hartmut Dudde beim G20-Gipfel ginge gar nicht, sagte er. Ich war dort | |
| selbst im Einsatz. | |
| Der Polizeieinsatz beim G20-Gipfel im Sommer 2017 in Hamburg war ziemlich | |
| schiefgegangen. | |
| Im Jahr drauf hatte ich am 1. April einen [2][Aprilscherz auf Twitter | |
| gemacht über Dudde]. | |
| Sie schrieben, Dudde würde Polizeipräsident in Berlin, das hätten Sie aus | |
| „sicherer Quelle“ erfahren. Der Posten war damals wirklich vakant. | |
| Es gab Ärger, auch, weil sogar Journalisten drauf reingefallen sind. Ende | |
| Mai bin ich zum LKA-Chef zitiert worden. Zu der Zeit war ich im Internet | |
| mal wieder sehr unter Feuer: Leute haben mir Todeswünsche geschickt. | |
| Kollegen sagten mir, ich sollte mir mit meiner Waffe in den Kopf schießen. | |
| Ich dachte, der LKA-Chef will mich gegen den Shitstorm in Schutz nehmen und | |
| mir Sicherheit geben. | |
| War aber nicht so? | |
| Er baute noch eine Drohkulisse auf: Man beobachte mich, und wenn irgendwann | |
| mal eine Äußerung komme, die vorwerfbar sei, werde man mir die Beine | |
| weghauen. Das hat er wortwörtlich so gesagt. Ich habe mir danach | |
| Gesprächsnotizen gemacht. | |
| Wie haben Sie reagiert? | |
| Ich war völlig platt. Am Ende habe ich nur noch erwidert: Sagen Sie mir | |
| bitte trotzdem: Gegen was habe ich verstoßen? Er konnte nichts sagen. | |
| Sie lassen sich den Mund nicht verbieten. Was treibt Sie an? | |
| Ich mache das nicht aus Eigennutz. Es gibt glücklicherweise viele Kollegen, | |
| die ähnlich denken wie ich, aber Angst haben, sich ins Rampenlicht zu | |
| stellen. Eben weil Feuer und Gespräche mit Vorgesetzten drohen, wenn man | |
| medial als Gegenbild fungiert für all jene Polizisten, die Hakenkreuze | |
| verschicken. | |
| Wie groß ist der rechtsextreme Bodensatz in der Polizeibehörde? | |
| Ich bin der Überzeugung, dass die allermeisten Polizisten keine Nazis sind. | |
| Prozentzahlen mag ich nicht nennen, weil ich auch geschockt bin durch die | |
| [3][Entwicklung der vergangenen zwei, drei Jahre von all den Nazi-Chats]. | |
| Die Mehrheit ist rechtsstaatlich unterwegs und hat eher Sympathien für | |
| moderatere Stimmen als für Leute wie Rainer Wendt oder [4][Bodo Pfalzgraf] | |
| von der rechtspopulistischen Deutschen Polizeigewerkschaft zum Beispiel. | |
| Ich denke, dass die Mehrheit mehr Anstand im Herzen trägt, aber weil es | |
| schwere Zeiten sind, keinen Bock hat, sich zu äußern. Deswegen sage ich ja | |
| auch immer: Ihr müsst lauter werden! | |
| Also machen Sie das für Ihre Kollegen? | |
| Der Point of no Return ist bei mir schon durch. Natürlich könnte ich jetzt | |
| alle Accounts löschen und mich nicht mehr äußern. Aber ich mache dadurch | |
| auch nichts besser. Ich komme dann ja nicht in den Schoß der | |
| „Polizeifamilie“ zurück und man streicht mir über den Kopf und sagt: Alles | |
| wieder gut, du kannst jetzt wieder Karriere machen. Auf gut Deutsch: Ich | |
| habe halt verschissen. Ich mache einfach weiter in dem festen Glauben, | |
| dass ich was Gutes tue. Und ich mache das ja auch nicht, weil ich die | |
| Polizei scheiße finde, sondern weil ich den Job sehr wichtig finde. | |
| Waren Sie auch schon als Kind und Jugendlicher so ein Rebell? | |
| Überhaupt nicht. Ich komme aus einer bürgerlichen, mittelständischen | |
| Familie, altes Westberlin … | |
| … Bezirk Zehlendorf … | |
| … richtig. Vater Handwerksmeister, Mutter Verwaltungsangestellte, | |
| bieder-konservativ vom Umfeld her. Ich wurde zwar nicht superautoritär | |
| erzogen, aber es war klar, dass der Staat, und die Polizei erst recht, | |
| respektiert werden muss. Alles dagegen zählte nicht. Und deswegen kam auch | |
| ganz automatisch so eine kritische politische Willensbildung, als ich auf | |
| dem Gymnasium war. Eher links der Mitte, das hat mich angesprochen. Als | |
| damals die USA interveniert haben in Irak und Kuwait, war ich auch auf | |
| Antikriegsdemonstrationen, das war selbstverständlich für mich. | |
| Hatten Sie in Ihrer Jugend unangenehme Erlebnisse mit der Polizei? | |
| Oh ja! Da war ich hier in Zehlendorf mal mit dem Rad unterwegs, da war ich | |
| 13 oder so. Ich wollte über eine Kreuzung fahren, und dann gab es so einen | |
| klassischen Linksabbieger-Fehler von einem Autofahrer. Der hätte mich tot | |
| gefahren, ich musste voll in meine Bremsen gehen. Und dann stand ich so | |
| halb auf der Kreuzung. Da kam so ein Wachtmeister Wichtig an, der sah mich, | |
| sah den Kontext aber nicht. Er hat mich dann an den Rand geholt und übel | |
| ausgemeckert: „Wie heißt du? Ich schreibe mir das jetzt auf. Ich gehe zu | |
| deinen Eltern und zeig denen mal Fotos von toten Kindern im Verkehr, damit | |
| sie dir mal den Kopf waschen.“ Das war sehr unangenehm, zumal ich ja im | |
| Recht war. Ich habe quasi mein eigenes Leben gerettet, indem ich eine | |
| Gefahrenbremsung gemacht habe, und der Depp macht mich an. | |
| Haben Sie sich gewehrt? | |
| Piepsig und klein, wie ich war, habe ich nur „ja, ja“ gesagt. Der ist | |
| natürlich nie zu meinen Eltern gekommen, der hat sich nur aufgespielt. | |
| Unterbewusst hat mich das schon ein bisschen geprägt, gerade auch mit der | |
| aufkommenden Politisierung in der Schule, dass sich – ich nenne das jetzt | |
| mal vorsichtig – eine kritische Haltung zur Polizei entwickelt hat. | |
| Also, Polizei war eigentlich überhaupt nicht Ihr Berufswunsch? | |
| Richtig. Erst im zweiten oder dritten beruflichen Anlauf habe ich mich für | |
| die Polizei entschieden. Das hatte allerdings auch noch andere Gründe. | |
| Damals galt ja noch die Wehrpflicht. Weil ich Kriegsdienstverweigerer war, | |
| dachte ich, die lachen mich aus, wenn ich mich da bewerbe. Dann habe ich es | |
| aber doch probiert, weil ich mittlerweile der Überzeugung war, die Polizei | |
| ist etwas Gutes, und es hat mich auch gereizt, kriminalistische Fälle zu | |
| lösen. | |
| Den Schritt vom Kriegsdienstverweigerer zum Polizisten mit Schießtraining | |
| müssen Sie uns erklären. | |
| Ich habe immer gesagt, ich möchte nicht mit einer Waffe als Teil einer | |
| Armee irgendwohin rennen und für eine Regierung, die meint, es ist eine | |
| kluge Entscheidung, da rumzuschießen. Aber innere Sicherheit, das ist ein | |
| ganz anderes Terrain. Diese Differenzierung habe ich schon vorgenommen. Ich | |
| war früher sogar, weil mein Vater es war, im Schützenverein und habe auch | |
| Sportschießen gemacht. Ich hatte also keine komplette Aversion gegen | |
| Waffen. | |
| Seit 2019 gehören Sie einer [5][120-köpfigen Brennpunkt- und | |
| Präsenzeinheit] an, die an sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten wie | |
| dem Görlitzer Park und dem Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg im Einsatz | |
| ist. Der „Görli“ ist berüchtigt für Racial Profiling, gerade durch Ihre | |
| Brennpunkteinheit. Was ist das Problem? | |
| Das Hauptproblem ist das Konstrukt von gefährlichen Orten in der | |
| Polizeigesetzgebung: kriminalitätsbelastete Orte in Berlin oder | |
| Gefahrengebiete, wie es mal in Hamburg hieß, wo die Polizei pauschal mehr | |
| in Freiheitsrechte eingreifen darf. Man kann in diesen Bereichen | |
| verdachtsunabhängig kontrollieren, Durchsuchungen und | |
| Identitätsfeststellungen durchführen. Manche machen daraus eine | |
| Legitimation für anlasslose Überprüfungen, aber das ist falsch. Diese | |
| Regelungen sind ein Einfallstor für Racial Profiling, ähnlich wie | |
| Kontrollen in der Bahn durch die Bundespolizei, wo häufig nur Menschen mit | |
| schwarzer Haut oder arabischem Aussehen kontrolliert werden. | |
| Fakt ist nun mal, dass viele Dealer im Görli schwarz sind. Wie gehen Sie | |
| vor, um sich nicht dem Vorwurf von [6][Racial Profiling] auszusetzen? | |
| Ich gehe damit bewusster um. Für mich ist das Verhalten der Person wichtig. | |
| Das muss mir durch meine erworbene kriminalistische Erfahrung im Laufe der | |
| Jahre ein Signal geben, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wenn eine | |
| Überprüfung erfolgsversprechend ist, mache ich das. Wenn ein ziviler | |
| Kollege etwa beobachtet hat, dass jemand gehandelt hat. Aber wenn da nur | |
| jemand verweilt, dann gehe ich da nicht rein. Das Kottbusser Tor und der | |
| Görli sind halt auch Treffpunkte für Communities. Dort sind auch viele | |
| Menschen, die einfach nur abhängen und chillen. | |
| Und Ihre Kollegen sagen: „Der ist schwarz, den kontrollieren wir mal“? | |
| Es gibt in meinem unmittelbaren Umfeld viele, die da differenziert denken. | |
| Ich hoffe, da auch einen Beitrag geleistet zu haben. Allgemein gesprochen | |
| gehen Polizist*innen da aber weniger differenziert ran und halten dann | |
| einen schwarzen Menschen, der irgendwo rumsteht, für einen Dealer und | |
| überziehen ihn mit Maßnahmen. Das passiert oft. Viele Menschen, die | |
| aussehen wie Wolfgang Meier und vielleicht auch ein Messer oder Drogen | |
| dabei haben, können dort spazieren gehen, ohne behelligt zu werden. Einen | |
| Kollegen, der das Grundproblem nicht versteht, kann ich aber schwer | |
| argumentativ überzeugen, wenn er am Ende 30 Tütchen Cannabis gefunden hat. | |
| Der wird sagen: Bist du bescheuert? Ich habe doch hier einen Dealer | |
| klargemacht. | |
| Süchtige bräuchten eigentlich eine gesundheitliche Behandlung. Menschen, | |
| die hier dealen, weil sie aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keine | |
| Arbeitserlaubnis haben, würden vielleicht lieber auf anständige Art Geld | |
| verdienen. Wie fühlt es sich als sich links verstehender Mensch an, solche | |
| Personen aktiv zu kriminalisieren? | |
| Das ist ein gesellschaftliches Problem. Die Polizei wurschtelt da drin rum, | |
| obwohl sie eigentlich nicht der zuständige Player ist. Andere staatliche | |
| Stellen müssten aktiver sein. Das gilt auch für häusliche Gewalt oder | |
| psychisch kranke Menschen, wo die Polizei subsidiär handeln muss und häufig | |
| schlecht handelt. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Als ich mich für diese | |
| Einheit beworben habe, wusste ich, was mich erwartet. Mittlerweile bin ich | |
| mir sicher, dass es auch eine Chance ist. Ich gehe anders ran als manch ein | |
| Kollege und beschere damit Menschen ein korrektes polizeiliches Auftreten. | |
| Und ich denke auch, dass es eine Strahlwirkung hat. Ich bin ja auch | |
| Teamführer und habe eine Vorbildfunktion für jüngere Kolleginnen und | |
| Kollegen. | |
| Was genau machen Sie anders? | |
| Ich versuche, Situationen mit Worten zu lösen. Immer wieder. Also | |
| Kommunikation. Das merken die Kollegen auch. Natürlich juckt es auch | |
| einige: Kann ich den umhauen? Das ist auch so eine Art Befriedigung oder | |
| Erfolgserlebnis. Aber danach ist es ja nicht vorbei: Die sind dann mehrere | |
| Stunden beschäftigt mit dem Schreiben von Vorgängen und Protokollen. Ich | |
| investiere statt zehn Sekunden Umhauen lieber zehn Minuten Reden, weil ich | |
| danach aus der Situation herausgehen kann, ein gutes Gefühl habe und | |
| vielleicht sogar was erreicht habe. | |
| Kommt das auch an bei Ihrem Gegenüber? | |
| Ja, ich erlebe immer wieder, dass sich Menschen nach Kontrollen bedanken. | |
| Einmal sagte ein Schwarzer Mensch zu mir: Thank you, Mister, you treated me | |
| as a human being. Kannte er nicht. Einerseits ist das ein Gänsehautmoment, | |
| andererseits schockiert es mich. Er hatte zuvor unzählige Platzverweise | |
| bekommen und wurde offenbar immer schlechter behandelt. Es kostet mich doch | |
| keine Mühe, ihn korrekt zu behandeln. | |
| Welche Begriffe sind für Sie denn ein No‑go? | |
| Wenn ich Menschen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen abfällig | |
| anspreche. Da gibt es ja die verschiedensten Worte: das N-Wort, das Z-Wort, | |
| das K-Wort. Oder, wenn ich Andersdenkende bezeichne als Gutmenschen, | |
| Zecken, Schmarotzer und Parasiten. Das kommt im Kollegenkreis durchaus | |
| vor. Und dagegen gehe ich dann auch vor. | |
| Wie sieht das aus? | |
| Erst mal versuche ich mit der Person zu reden. Wenn das nicht fruchtet, | |
| thematisiere ich es beim Vorgesetzten. Das ist natürlich immer schwierig, | |
| wenn der Vorgesetzte selbst so drauf ist und solche Sprüche raushaut. Das | |
| kommt leider auch vor. Das ist auch ein Kernproblem, gerade Vorgesetzte | |
| haben eine unfassbar wichtige Vorbildfunktion. | |
| Gutmensch ist schon eine Kategorie, wo Sie intervenieren? | |
| Ja, Gutmensch ist abfällig. Ich würde mich auch nie selbst als Gutmensch | |
| bezeichnen. | |
| Good Cop wäre besser? | |
| Ja, so würde ich gern wahrgenommen werden. | |
| Es gibt Kollegen, die sagen, Sie hätten einen Geltungsdrang und seien ein | |
| Selbstdarsteller. | |
| Die Leute denken, ich wäre irgendwie ein Medienstar – das ist doch Unsinn. | |
| Ich bin eigentlich eher bescheiden. Ich habe durch das, was ich tue, | |
| eigentlich nur Nachteile. Der Preis, den ich für meine Bekanntheit und | |
| Kritik bezahle, ist meine Karriere. Ich werde ständig ausgegrenzt und | |
| angefeindet. Das schafft auch Unruhe in meiner Familie. Meine Frau ist | |
| auch in der Polizei und wird manchmal in Sippenhaft genommen. Ich reagiere | |
| teilweise psychosomatisch, kann kaum schlafen – ich leide seelisch und | |
| physisch. | |
| Und jetzt haben Sie auch noch ein Buch geschrieben mit dem Titel: „Ich | |
| kämpfe für eine bessere Polizei“. Ist das die finale Abrechnung? | |
| Das Wort Abrechnung kommt ein einziges Mal vor, und zwar in der Einleitung, | |
| wo ich explizit sage: Das soll keine Abrechnung sein! Ich habe in diesem | |
| Buch einen Problemaufriss in der deutschen Polizei vorgenommen und ich habe | |
| Lösungsansätze vorgeschlagen. Um es ein bisschen lesenswerter zu machen, | |
| habe ich es garniert mit Anekdoten und autobiografischen Geschehnissen. | |
| Und, das schreibe ich auch: Ich habe das getan, weil ich mit wirklich sehr | |
| viel Engagement und Liebe in diesem Beruf tätig bin und eigentlich nichts | |
| anderes möchte, als die Polizei zu verbessern. | |
| Wird es wieder Ärger geben? | |
| Kann sein, dass ich nicht nur Applaus erhalte. Den Geist, aus dem heraus | |
| eine kritische Polizei erwachsen könnte, sehe ich in Berlin nicht so stark, | |
| wie man es eigentlich erwarten würde. | |
| 19 Feb 2022 | |
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